Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert
werde? Dann brauche ich ihn mir nicht mehr einfallen zu lassen. Spitzenidee, oder?«
Irgendwo in der Nähe brummte ein Rasenmäher, die Schaukel im Nachbargarten quietschte. Ein sanfter Wind strich durch die Baumkronen und ließ die Blätter rauschen. »Das ist unlogisch«, sagte Suse. »Wenn du jetzt nichts schreibst, dann kannst du es in der Zukunft auch nicht rappen. Das heißt, im schlimmsten Fall stotterst du dir in der Zukunft was zurecht, weil du jetzt nichts geschrieben hast, und…«
»Okay, okay, mir schwirrt der Kopf. Was für ein Mist!«
»Andererseits ist an der ganzen Sache sowieso nichts logisch. Denn du kannst ja zum Beispiel das, was du in der Zukunft gesehen hast, offenbar verändern. Immerhin gab es keinen Höschen-Horror. Also steht die Zukunft noch nicht fest, oder?«
Mir schwirrte jetzt noch mehr der Kopf. Woher sollte ich das wissen? Auf DVD schau ich mir immer diese coolen alten Filme an. Planet der Affen und Terminator und Zurück in die Zukunft und so weiter. Und jedes Mal hab ich einen Knoten im Hirn, wenn ich genauer darüber nachdenke. Manchmal ist in den Filmen nichts veränderbar. Manchmal ist alles veränderbar. Und manchmal sind nicht die Ereignisse, nur die Umstände veränderbar. Und nie, wirklich nie, reicht die Logik (zumindest meine) aus, um alles zu erklären.
»Und deswegen, Cousinchen, könntest du jetzt eigentlich mal nachsehen, was in der Geschichtsarbeit nächste Woche drankommt, okay?«
Ich nickte, stellte den Becher weg, wischte mir die klebrigen Hände an meine Shorts ab und öffnete das Kästchen. Bei der Gelegenheit konnte ich mir gleich auch noch die Matheaufgaben für morgen besorgen.
»Hey, Luna«, sagte Suse sanft. »Vorhin, als ich reinkam, da warst du so traurig. Warum?«
»Ich weiß auch nicht«, sagte ich leise. »Ist grad alles etwas viel: erst Tom, der mich eigentlich anrufen wollte, dann dieser verflixte Ring…« …und dann noch Marli, wegen der du mich links liegen lässt. Aber das verkniff ich mir.
Suse schleuderte die Stiefel von den Füßen, zog die Strümpfe aus und ließ alles hinunter ins Gras plumpsen. »Ah, so ist es schon viel besser. Irre heiß heute.« Dann rutschte sie neben mich auf die Matratze und legte einen Arm um meine Schulter. »Lass uns nachsehen, was bei dir und Tom noch passiert. Das mit der Geschichtsarbeit kann warten.«
»Und was genau?«
Suse nahm den blauen Ring heraus und reichte ihn mir. »Frag, wann ihr endlich eindeutig zusammenkommt.«
»Okay.« Mein Herz führte mal wieder seinen Stepptanz auf, denn auf einmal war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich die Antwort überhaupt wissen wollte. Als ich den Ring übergestreift hatte, sagte ich laut und deutlich: »Ich möchte wissen, wann Tom und ich eindeutig zusammenkommen werden.«
Schon machte ich mich auf eine Menge Bodengeruckel gefasst, doch nichts geschah. Mir wurde nicht einmal schwindlig oder übel wie sonst.
»Was ist?«, fragte Suse.
»Es klappt nicht.«
Suse dachte angestrengt nach. »Kann es sein«, meinte sie dann, »dass man ganz exakt fragen muss? Mit genauer Zeitangabe und so weiter?«
»Du meinst, ich kann keine allgemeinen Fragen über die Zukunft stellen?«
»Schätzungsweise.«
»Warte, das haben wir gleich.« Ich kniff die Augen fest zusammen. »Ich möchte wissen, ob die Klimakatastrophe bald stattfindet.«
Nichts.
»Wird es einen Impfstoff gegen AIDS geben?« Ich wartete. Überhaupt nichts. »Den Superkontinent Amasia wenigstens?« Nach ein paar Sekunden zuckte ich die Achseln. »Ich glaube, du hast recht«, sagte ich zu Suse. »Die Frage muss wohl viel konkreter sein und vor allem auch mit mir zu tun haben.«
»Hm.« Suse kniff die Augen fest zusammen. »Okay, frag einfach nach deinem, sagen wir mal, achtzehnten Geburtstag, okay? Dann werden wir ja sehen, ob Tom dabei ist.«
Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mich derart alt sehen wollte, denn das könnte eine böse Überraschung werden. Vielleicht war ich bis dahin rund wie ein Kürbis, weil ich in den nächsten Jahren nur noch in die Breite statt in die Höhe wachsen würde. »Na gut.« Ich holte tief Luft. »Ich möchte wissen, wie mein achtzehnter Geburtstag wird!« Und los ging’s.
Musik dröhnte. Lautes Gelächter. Verwirrt blickte ich mich um. Sah aus wie eine Art Keller, oder besser: ein Loch mit wirklich schlechter Luft. Düstere Beleuchtung und ohrenbetäubende Musik, die ich nicht kannte, Bässe wummerten, Licht und tanzende und zuckende Körper um mich herum.
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