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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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ihn mehr oder weniger über den Haufen.
    Er hielt mich mit beiden Armen an den Schultern fest und lachte. »Hey, du hast es aber eilig.«
    »Eigentlich nicht«, sagte ich, die Nase an seiner Brust.
    Ich muss schon zugeben, dass er wirklich gut roch. So nach Schwimmbad im Sommer mit einem Hauch Chlor in der Luft. Und nach Sonnencreme. Aber gegen Toms Zahnlücke und Augen kam er trotzdem nicht an. Ich trat einen Schritt zurück.
    »Oder eigentlich doch«, sagte ich dann.
    »Wie bitte?«
    »Eigentlich habe ich es doch eilig. Also, sorry fürs Umrennen und Tschau!«, sagte ich und flitzte davon.
    »Luna«, rief er mir hinterher, »warte doch mal kurz. Ich wollte dich was fragen…!«
    Weiß ich doch, dachte ich, nein danke, kein Bedarf, ich steh nicht so auf eure Musik, nix für ungut.
    Ich tat so, als ob ich nichts gehört hätte, und rannte zurück ins Schulgebäude.
    Die nächsten Stunden zogen sich endlos dahin. Ich hielt die Colaflasche die ganze Zeit umklammert wie einen Rettungsring. Nach der letzten Stunde nickte mir die Landkarte zu, gab mir das Aufgabenblatt und deutete auf einen Platz direkt gegenüber vom Pult. Ich sah aus dem Fenster. Suse übte so was wie Purzelbäume auf dem Rasen vor der Schule. Marli stand daneben. Es roch nach Leberkäse, den die Landkarte gerade in einem Brötchen verspeiste.
    Ich fing mit der Lösung der dritten Aufgabe an, indem ich in einem irren Tempo aufs Papier kritzelte, was ich stundenlang auswendig gelernt hatte, so mit Rhythmus und Takt, als würde ich vor mich hin rappen.
    Z geteilt durch zwei minus drei.
Z minus zwei minus drei Z geteilt
durch drei Z minus zwei ist gleich minus Z…
    Die Landkarte sah mich ab und zu prüfend an, weil ich so rumzappelte und teilweise auch vor mich hin flüsterte. Aber sie sagte zum Glück nichts. Die anderen beiden Lösungen schrieb ich gewissenhaft vom Flaschenetikett ab. So ließ es sich leben. Zum ersten Mal würde ich eine Eins in Mathe bekommen, sofern ich mich bei der dritten Aufgabe nicht verrappt hatte. Und das war ein tolles Gefühl. Ich fand auch, dass ich es verdient hatte. Ist schon eine Leistung, so einen genialen Spickzettel herzustellen und sich eine Lösung im Rapvers zu merken. Als die Zeit rum war, reichte ich der Landkarte den Test.
    »Vielen Dank, Frau Landauer«, sagte ich und strahlte sie an. Ich fühlte mich gerade so unglaublich gut. »Ich glaube, es ist ganz hervorragend gelaufen.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Ach ja? Nun, das freut mich, Luna.«
    »Und mich erst. Dann können wir ja endlich nach Hause gehen.«
    Gemeinsam verließen wir das Klassenzimmer und trabten Richtung Ausgang. Die Landkarte trug heute einen grünen Rock, eine blaue Bluse, ein rotes Halstuch, braune Sandalen und gelbe Socken. Letztlich sehr mutig. Aber eigentlich nur grässlich.
    Als wir ins Freie traten, knüllte sie das Papier zusammen, in das ihr Leberkäsebrötchen eingewickelt gewesen war, und zielte auf den Mülleimer. Natürlich warf sie daneben. Und dann – keine Ahnung, was mich da ritt – schleuderte ich die Colaflasche in kunstvoll hohem Bogen von mir und traf haargenau. Mittenrein. »Strike!« Beinahe hätte ich der verdutzten Landkarte ein High Five gegeben. Konnte mich zum Glück noch zusammenreißen, aber in diesem Moment fühlte ich mich einfach unbesiegbar. Als ob ich die Chefin der Zukunft wäre. Das hielt aber nicht lange an. Sofort fragte ich mich, ob ich noch alle Tassen im Schrank hatte: Wieso nur hatte ich die Flasche nicht in meinen Rucksack gepackt und mich so unauffällig wie möglich verdrückt? Ich fühlte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich und der Schweiß aus allen Poren brach. Was ist, wenn jemand den Spickzettel auf der Flasche fand? Rausholen konnte ich sie jetzt schlecht, die Landkarte war in der Zwischenzeit abgetaucht, auf der Suche nach ihrem Leberkäsepapier, und ließ es, als sie es gefunden hatte, in den Papierkorb fallen. Dann beugte sie sich vor und kam mit rotem Gesicht und meiner Flasche in der Hand wieder hoch.
    »Luna, also wirklich«, sagte sie. »Was ist das?«
    »Äh, eine Flasche?«, fragte ich.
    »Und was steht da drauf?«
    »Äh… Cola?«, hauchte ich.
    »Nein, Luna. Pfand steht drauf. Aber so, wie du mich anguckst, hast du wohl noch nie davon gehört.«
    Wie ich guckte, wollte ich mir jetzt gar nicht vorstellen. Ich stolperte nach vorn, riss ihr die Flasche aus der Hand und rannte los wie beim Staffellauf. Eins-a-Übergabe, unser Sportlehrer hätte seine wahre Freude daran gehabt. Das

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