Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert
über alles reden. Du weißt doch, ich hab dich sehr lieb.«
Als er begann, mir über den Kopf zu streicheln, schlang ich die Arme um seinen Bauch. Vielleicht würde ja mit Suse und mir und Opa noch alles gut werden.
Notiz an mich selbst: Ist es lebensbedrohlich, wenn sich das eigene Herz anfühlt, als würde es vor Glück und Kummer gleichzeitig platzen?
13. Kapitel
Es war schon spät, als ich in unser Zimmer schlich. Suse sägte bereits gleichmäßig. Ich kroch unter die Bettdecke, starrte in die Dunkelheit und konnte mal wieder nicht einschlafen.
Ich fragte mich, ob es einen Grund gab, warum ich in die Zukunft sehen konnte und Suse in die Vergangenheit. Was für einen Sinn hatte das Ganze überhaupt? Es war ja nett, wenn Suse beispielsweise im Nachhinein herausfand, dass Greg es gewesen war, der ihr Skateboard zu Schrott gefahren hatte. Es war auch klasse, gute Noten zu bekommen und zu wissen, was Kristen am nächsten Tag anziehen würde, aber mir war natürlich klar, dass es im Leben um mehr geht.
Beispielsweise hatte ich den Ring vor ein paar Tagen gefragt, ob ich einmal eine berühmte Sängerin werden würde, aber da kam nichts. Dann fragte ich, was ich denn stattdessen beruflich machen würde, und darauf bekam ich natürlich auch keine Antwort – zu ungenau. Also stellte ich die Frage ganz konkret, rechnete nach, in welchem Jahr ich dreißig sein würde und nahm dann ein Datum dazu. Als Antwort sah ich mich in einem großen Raum voller Menschen stehen, an einem Pult mit Mikrofon. Ich hatte eine eigenartige Frisur und die Klamotten, die ich trug, hauten mich auch nicht gerade vom Hocker. Aber wie die Zuschauer mich ansahen, so ganz konzentriert und neugierig, das war schon toll. Und meine Stimme klang sehr selbstsicher – Respekt! Ich hörte mir selbst eine Weile zu, bis ich feststellte, dass ich einen Vortrag mit dem Thema »Die Thymusdrüse aktivieren« hielt.
Thymusdrüse, wie bitte, was? Höchstwahrscheinlich macht sich der Ring ja ab und zu über einen lustig. Besser gesagt über mich.
Als ich jetzt so in meinem Bett lag und die Bilder betrachtete, die das Mondlicht auf die Decke malte, beschloss ich, das Schmuckkästchen hervorzukramen. Ich zog es unter meinem Bett hervor. Der Mond schien hell genug durchs Fenster, sodass ich kein Licht machen musste. Eine Weile betrachtete ich nachdenklich das dunkelrote Holz, die goldenen Ornamente und das schwere Eisenschloss. Und dieses Kästchen hatte Ururoma Elsa uns vermacht? Die ganze Sache mit ihrem Verschwinden war mir immer noch ein Rätsel. Sobald Suse und ich das Kriegsbeil begraben hatten, würden wir der Sache auf den Grund gehen müssen.
Ich klappte den Deckel zurück und schnappte nach Luft. Es war nur noch mein Ring drin! Suse hatte ihren Ring herausgenommen? Wann? Und vor allem, warum? Mit hämmerndem Herzen lehnte ich mich zurück ins Kissen und schaute zu ihr hinüber. Stellte Suse etwa ihrem Ring schon die ganze Zeit irgendwelche Fragen, ohne dass ich davon etwas mitbekam?
Am Ende sogar mit Marli zusammen? Nein. Nein, das konnte doch nicht sein. Das durfte sie nicht!
Ich nahm den Brief aus dem Umschlag und entfaltete ihn. Im Mondlicht las ich ihn noch einmal sehr, sehr gründlich. Ihm entströmte wieder ein ganz leichter Veilchenduft. Ich verstand noch immer nicht viel mehr als beim ersten Lesen. Das mit den Moiren hatte mich auch nicht weitergebracht und dieser Dreierbund ergab nach wie vor keinen Sinn. Wie kam sie nur auf drei?
Aber auch wenn ich kein Wort verstand, hatte ich urplötzlich das Gefühl, dass es sich um einen Hilferuf handelte. Sie wurde von dem Bann von dieser Atropos irgendwo festgehalten und diese drei Ringe konnten sie retten. Aber wie sollte das gehen? Elsa war doch schon ewig tot, und angenommen, sie wäre NICHT tot, dann müsste sie inzwischen über 110 Jahre alt sein. Ja, so was gab es, erschien mir aber unwahrscheinlich. Ich seufzte. Ohne Suse konnte ich dieses Rätsel unmöglich lösen. Suse war viel klüger als ich, sie hatte ein phänomenales Gedächtnis und – nicht zu vergessen – sie konnte in die Vergangenheit sehen. Und nur dort würden wir die Antworten finden, da war ich mir sicher.
Zu blöd, dass wir zurzeit nicht miteinander sprachen. »Tut mir leid, Ururoma«, flüsterte ich. »Da wirst du noch eine Weile warten müssen. Womit auch immer. Aber auf ein paar Wochen mehr oder weniger kommt’s in deinem Fall bestimmt nicht an.«
Da wurde der Veilchenduft auf einmal ganz intensiv. Das gibt’s doch
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