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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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kommen würde, wo ich sie doch JETZT brauchte? Es war zum Verrücktwerden.
    Nach der Schule zog Suse meist mit Marli ab, um Freerunning zu üben. Wenn wir zufällig gleichzeitig in unserem Zimmer waren, kümmerte sich jede um ihren Kram und tat so, als ob die andere durchsichtig wäre. Abends beim Essen konnte ich sehen, dass meine Eltern, Tante Jenny und Opa sich darüber wunderten, wie wir miteinander umgingen. Besser gesagt darüber, dass wir gar nicht miteinander umgingen. Ich bat Suse ja nicht einmal, mir das Brot zu reichen oder das Salz. Nichts. Aber wahrscheinlich hatten sie beschlossen, erst einmal abzuwarten, wie sich die ganze Sache zwischen uns entwickelte, bevor sie sich einmischten. Bestimmt dachten sie, dass es sich um einen harmlosen Streit zwischen pubertierenden Teenagern handelte. Insgeheim hoffte ich das auch. Ganz ehrlich, ich wollte die ganze Zeit nur, dass alles wieder so wurde wie früher, aber ich wusste nicht, wie ich das anstellen sollte. Außerdem war ich viel zu stolz, um den ersten Schritt zu machen.
    Opa ging fast jeden Abend aus, ob jeweils mit derselben Frau oder immer mit einer anderen wusste ich nicht. Meine Eltern hatten alle Hände voll in der Praxis zu tun und Tante Jenny hatte wahrscheinlich Liebeskummer, zumindest war sie jeden Abend zu Hause und hörte stundenlang tibetische Gesänge. Das macht sie oft so, aber zum Glück nie lange. Höchstens ein paar Tage, dann kommt sie aus ihrem Zimmer, sieht aus wie frisch aus dem Urlaub und lacht genauso viel wie immer. Bis zum nächsten Mal.
    Sie war es auch, die am Freitag beim Abendessen vorschlug, dass wir alle zusammen am nächsten Tag ins Freibad gehen sollten. Für einen unserer berühmt-berüchtigten Familientage, der mindestens einmal im Sommer fällig ist. »Wer weiß, wie lange das gute Wetter noch hält?«, meinte sie. »Außerdem waren wir schon lange nicht mehr alle zusammen schwimmen.«
    »Ich mache Nudelsalat«, sagte Opa. »Und du kannst Tom fragen, ob er mitkommt!« Er zwinkerte mir zu.
    Damit war die Sache geritzt, denn seinem Nudelsalat kann niemand widerstehen, selbst Greg nicht, der auch bei tollstem Wetter am liebsten in seinem Zimmer hockt und nicht einmal das Fenster aufmacht. Und wenn Tom mitkam, würde es wenigstens nicht ein reiner Familientag sein, denn wir waren eigentlich mittlerweile alle zu alt, um noch mit Mama, Papa und der ganzen Sippe ins Schwimmbad zu gehen. Seltsam, dass Eltern so was nie in den Sinn kommt.
    Ich schlenderte ein wenig ums Haus und besuchte meinen Vater, der am Abend noch mal in die Praxis gegangen war. Offenbar gab es gerade einen schweren Fall unter seinen Patienten. Ich klopfte an die Scheibe und er winkte mich rein. Seufzend ließ ich mich auf den Stuhl plumpsen, auf dem sonst die Patienten sitzen.
    »Na, Luna? Hast du was auf dem Herzen?«
    »Ich? Nö. Wieso?«
    Er lehnte sich zurück. »Weil du sonst nie in die Praxis kommst.« Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Ich habe dich in letzter Zeit öfter mit Tom gesehen. Als ich meine erste Freundin hatte, war ich etwas älter als du. Ach, die erste Liebe, wunderschön.«
    Schon wieder dieser Unsinn von wegen ERSTER Liebe. »Kann ich nicht gerade behaupten«, murrte ich.
    »Aber hör mal. Du bringst die ganze Zeit gute Noten mit nach Hause und bist verliebt und…«
    »Ich finde im Moment alles ziemlich kompliziert.«
    »Was denn genau?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich. Alles eben.«
    Er nickte. »Suse und du. Irgendwas ist anders zwischen euch, stimmt’s?«
    Wenn das sogar ihm auffiel, musste es wirklich schlimm sein. Aber deswegen war ich nicht hier. »Du bist doch Arzt«, sagte ich. »Woran kann man erkennen, ob jemand bald stirbt?«
    Er wurde ganz blass. »Wie kommst du denn darauf, Luna?«
    »Nur so… allgemein.« Ich rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum. »Nun sag schon, gibt es da irgendwelche untrüglichen Anzeichen?« Nach wie vor ging mir die Sache mit Opa nicht aus dem Kopf.
    Er begann, an seinem Handy herumzuspielen, das vor ihm auf dem Tisch lag. »Nein, Luna, solche Anzeichen gibt es nicht. Zum Glück kann niemand in die Zukunft sehen.«
    Mann, wenn du wüsstest, dachte ich.
    Er stand auf, ging um den Schreibtisch herum und zog mich auf die Füße. »Du jedenfalls hast noch ganz, ganz viele Jahre vor dir, keine Sorge. Wie kommst du nur auf solche Ideen?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Er räusperte sich. »Luna, egal, was du auf dem Herzen hast, du kannst immer zu mir kommen. Wir können

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