Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert
fragte meine Mutter überrascht.
»Ja, ähm.« Er räusperte sich. »Eine Patientin von mir. Sie… braucht dringend ein Rezept. Ich gehe schnell in die Praxis und dann komme ich wieder zurück. Okay?«
»Du bist zu gut zu deinen Patienten«, sagte meine Mutter. »Es ist doch Wochenende und Familientag.«
»Ich weiß, tut mir leid.« Mein Vater zog sich an, gab meiner Mutter und Laila einen Kuss auf die Stirn, verabschiedete sich und ging auf den Ausgang zu.
Ich drehte mich zu Tom auf dem Handtuch um und begann, ihm was Witziges vorzurappen, leise zwar, aber laut genug, dass Mama sich die Finger in die Ohren stopfte und Suse sich noch weiter von mir weglegte, weil sie ja ihr spannendes Buch lesen musste. Laila schien zu gefallen, was ich da machte, denn sie gluckste fröhlich im Takt und Opa wippte mit dem Fuß. Tom strich mir immer wieder meine inzwischen trockenen Haare aus dem Gesicht und lächelte mich die ganze Zeit total süß an. Als es uns zu warm in der Sonne wurde, es war immerhin fast Mittag, läuteten wir die zweite Schwimmrunde ein. Ich ließ mich trotz Papas schwer misslungenem Kopfsprung hinreißen, mit Tom gemeinsam (Hand in Hand!) vom Fünf-Meter-Brett zu springen. Hatte zwar Angst, dass Bauchklatschen angeboren sein könnte, aber es ging alles gut.
Ich schwamm noch etwas keuchend zum Beckenrand. Tom folgte mir, lehnte sich an den Rand, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Ich konnte ihn ungestört betrachten, das schwarze Haar, das ihm jetzt fast bis auf die Nase hing, seine wunderschönen, weichen Lippen. Als ob er meinen Blick spürte, begann er, leicht zu lächeln, und zeigte dabei seine Zahnlücke. Ich schwamm halb um ihn herum, schlang die Arme um seinen Hals, wickelte die Beine um seinen Bauch und legte mein nasses Gesicht auf seine Schulter. Unsere Körper waren kalt vom Wasser. Ich spürte sein Herz schlagen, dann drehte er den Kopf und küsste mich auf die Schläfe.
Und wie aus dem Nichts tunkte er mich blitzartig unter Wasser. Als ich kreischend wieder hochkam und mich auf ihn stürzte, fühlte ich mich einen Moment lang wieder ganz normal, ohne Zauberringe, ohne Freundinnenstress und Zukunftskummer. Ich vergaß alles und es gab nur die Sonne und das kalte Wasser und das Kreischen und Schreien um uns herum und uns.
Notiz an mich selbst: Meinem Vater unbemerkt einen neuen SMS-Ton aufspielen.
14. Kapitel
Papa sahen wir erst zu Hause wieder. Offenbar war der Patientenbesuch doch komplizierter verlaufen als gedacht. Er sah ganz schön blass aus. Nach dem Abendessen schenkte meine Mutter zwei Gläser von Tante Jennys selbst gemachter Zitronenlimonade ein und fragte, ob ich mich mit ihr noch in den Garten setzen würde. Eine richtige Frage war das natürlich nicht, denn übersetzt hieß das: »Luna, wir müssen reden.«
Ich seufzte, ich wusste ja genau, was jetzt kommen würde. »Luna?«
»Hm?«
»Du und Suse…«
»Mama, bei uns kommt schon alles wieder in Ordnung.«
»Den Eindruck habe ich nicht, Luna. Und es gibt nichts Wichtigeres als eine gute Freundin. Das kannst du mir glauben.«
»Weiß ich doch. Wir haben nur im Moment… jede so viel anderes zu tun. Wir raufen uns schon wieder zusammen, ganz sicher!« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, küsste sie auf die Wange und flitzte dann durch die Küchentür ins Haus, bevor sie noch mehr sagen konnte.
Als ich in unser Zimmer stürmte, stolperte ich über Mau, die es sich schon wieder direkt hinter der Tür auf dem Boden bequem gemacht hatte. Sie jaulte erschrocken auf, fegte quer durchs Zimmer und versteckte sich unter meinem Schrank. Suse war noch im Badezimmer, was ja immer lange dauerte. Ich hockte mich auf den Bettrand und dachte nach. Natürlich konnte ich den Ring fragen, wann Suse und ich uns wieder versöhnen würden. Aber mal ehrlich, was würde mir das bringen? Ich wusste ja, dass das nur eine Phase war, und abgesehen davon: Hatte diese Zukunftsseherei nicht alles viel komplizierter als einfacher gemacht? Als ich herausfinden wollte, was aus Tom und mir wird, tauchte plötzlich Opa nicht mehr auf. Mein Vater war anscheinend sauer auf mich, weil ich seiner Meinung nach den Bauchklatscher heraufbeschworen hatte. Und dass ausgerechnet Marli auf meinem achtzehnten Geburtstag rumtanzte… rumtanzen wird. Die Zukunft sollte mal schön bleiben, wo sie war. Und ich würde hier bleiben. Luna im Hier und Jetzt. Ich setzte meinen Kopfhörer auf, hörte Musik und kritzelte auf meinem Schreibblock herum, den Text
Weitere Kostenlose Bücher