Magisches Erbe
könnte eine Verschwendung sein. Vielleicht stehe ich gar nicht unter Gruppenloyalitätszwang.«
»Aber du weißt das auch nicht genau«, konterte er. »Und in das erste Tattoo wird immer ein wenig Loyalität gegeben. Ich meine, wahrscheinlich nicht genug, um dich zu einem Sklavenroboter zu machen, aber trotzdem. Würdest du dich nicht besser fühlen, wenn du wüsstest, dass alles weg ist?«
Ich konnte den Blick nicht von der Nadel wenden. »Werde ich mich irgendwie anders fühlen?«
»Nein. Obwohl du jemanden auf der Straße ansprechen und ihm von Vampiren erzählen könntest.« Ich wusste nicht, ob er Witze machte oder nicht. »Dann würde man dich einfach in eine psychiatrische Anstalt stecken.«
War ich dazu bereit? Würde ich wirklich den nächsten Schritt tun, um einer von Marcus’ tollkühnen Gesellen zu werden? Ich hatte seinen Test bestanden – womit er recht gehabt hatte. Diese Gruppe war ohne jeden Zweifel nicht nutzlos. Sie hatten die Alchemisten und die Krieger im Auge. Außerdem schienen sie das Beste für die Moroi zu wollen.
Die Moroi – oder genauer gesagt, Jill. Ich hatte Sabrinas beiläufige Bemerkung nicht vergessen, dass sich die Krieger für ein verschwundenes Mädchen interessierten. Wer sonst außer Jill konnte damit gemeint sein? Und hatte dieser Hawthorne Zugang zu ihrem Aufenthaltsort? Hatte er ihn an Master Jameson weitergegeben? Und würde diese Information ihre Umgebung in Gefahr bringen, zum Beispiel Adrian?
Das waren Fragen, auf die ich keine Antwort hatte, aber ich musste sie finden.
»Okay«, sagte ich. »Tu es.«
Marcus verschwendete keine Zeit. Ich denke, er hatte Angst, ich könnte es mir anders überlegen – was vielleicht keine unbegründete Furcht war. Ich setzte mich auf einen der Stühle und legte den Kopf zur Seite, sodass er Zugang zu meiner Wange hatte. Wade hielt mir sanft den Kopf. »Nur um sicherzugehen, dass du stillhältst«, sagte er entschuldigend.
Bevor Marcus begann, fragte ich: »Wo hast du das gelernt?«
Sein Gesicht war angesichts der Aufgabe, die vor ihm lag, ernst geworden, aber meine Frage ließ ihn wieder lächeln. »Streng genommen tätowiere ich dich nicht, falls du dir darüber Sorgen machst«, antwortete er. Ich machte mir um eine Menge Dinge Sorgen. »Es sind nur ein paar kleine Injektionen, wie bei einer Auffrischung.«
»Was ist mit dem eigentlichen Prozess? Wie hast du davon erfahren?« Das war vermutlich eine Frage, die ich hätte stellen sollen, bevor ich mich auf diesen Stuhl gesetzt hatte. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dies so bald zu tun – oder so plötzlich.
»Ein befreundeter Moroi hat darüber theoretisiert. Ich habe mich freiwillig als Versuchskaninchen gemeldet, und es hat funktioniert.« Er schaltete wieder in den Geschäftsmodus um und hielt die Nadel hoch. »Bereit?«
Ich holte tief Luft und hatte das Gefühl, am Rand eines Abgrunds zu stehen.
Zeit zu springen.
»Nur zu.«
Es tat ungefähr so weh wie eine Auffrischung, nur eine Reihe kleiner Stiche auf der Haut. Unangenehm, aber eigentlich nicht schmerzhaft. In Wirklichkeit war es keine lange Prozedur, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Die ganze Zeit über fragte ich mich: Was machst du da? Was machst du? Schließlich trat Marcus zurück und betrachtete mich mit glänzenden Augen. Sabrina und Wade lächelten ebenfalls.
»Bitte schön«, sagte Marcus. »Willkommen in der Truppe, Sydney.«
Ich nahm meinen Taschenspiegel aus der Handtasche, um die Tätowierung zu betrachten. Meine Haut war von den Nadelstichen gerötet, aber wenn diese Prozedur weiter wie eine Auffrischung blieb, würde diese Reizung bald verblassen. Ansonsten wirkte die Lilie unverändert.
Ich fühlte mich auch innerlich nicht besonders verändert. Ich wollte nicht die Alchemisten-Einrichtung stürmen und Gerechtigkeit verlangen oder irgendetwas in der Art. Am besten wäre es wohl, auf seine Herausforderung einzugehen und einem Außenseiter von Vampiren zu erzählen, um zu sehen, ob sich meine Tätowierung tatsächlich verändert hatte. Aber danach war mir auch nicht.
»War es das?«, fragte ich.
»Das war es«, bestätigte Marcus. »Sobald wir sie versiegelt haben, wirst du dir keine Sorgen mehr zu machen brauchen, dass …«
»Ich lasse sie nicht versiegeln.«
Alles Lächeln um mich herum verschwand.
Marcus wirkte verwirrt, als habe er sich vielleicht verhört. »Du musst aber. Wir fahren nächstes Wochenende nach Mexiko. Sobald das erledigt ist, werden dir die Alchemisten
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