Magisches Erbe
nichts mehr anhaben können.«
»Ich lasse sie nicht versiegeln«, wiederholte ich. »Und ich fahre auch nicht nach Mexiko.« Ich deutete auf meinen Laptop. »Seht euch an, was ich durchziehen konnte! Wenn ich bleibe, wo ich bin, kann ich noch mehr herausfinden. Ich kann herausfinden, was die Alchemisten und die Krieger sonst noch zusammen treiben.« Ich kann herausfinden, ob Jill in Gefahr ist. »Wenn ich mich aber dauerhaft brandmarken lasse und zu einer Ausgestoßenen werde, dann macht das all diese Möglichkeiten für mich zunichte. Danach gibt es kein Zurück mehr.«
Ich glaube, dass Marcus fast immer seinen Willen bekam, und diese neue Entwicklung brachte ihn völlig aus dem Gleichgewicht. Wade griff das Argument auf. »Es gibt jetzt schon kein Zurück mehr. Du hinterlässt eine Spur von Brotkrumen. Sieh dir an, was du getan hast. Du hast bereits Erkundigungen über Marcus eingeholt. Selbst wenn du dich nicht eng mit den Moroi angefreundet hast, wissen die Alchemisten trotzdem, dass du viel Zeit mit ihnen verbringst. Und eines Tages könnte jemand feststellen, dass du da warst, als die Daten gestohlen wurden.«
»Niemand weiß, dass sie gestohlen wurden«, entgegnete ich prompt.
»Du hoffst jedenfalls, dass es niemand weiß«, korrigierte mich Wade. »Diese kleinen Dinge reichen aus, um die Alarmglocken läuten zu lassen. Mach weiter, und du wirst es noch schlimmer machen. Irgendwann werden sie dich bemerken, und dann wird alles vorbei sein.«
Marcus hatte sich von seinem anfänglichen Schreck erholt. »Genau. Hör zu, wenn du bleiben willst, wo du bist, bis wir nach Mexiko fahren, dann ist das in Ordnung. Mach deinen Frieden damit oder sonst was. Danach musst du fliehen. Wir werden weiter von außen arbeiten.«
»Ihr könnt machen, was ihr wollt.« Ich packte meinen Laptop ein. »Ich werde von innen arbeiten.«
Marcus hielt mich am Arm fest. »Du wirst damit scheitern, Sydney!«, sagte er streng. »Sie werden dich schnappen.«
Ich riss mich los. »Ich werde aufpassen.«
»Jeder macht Fehler«, schaltete sich Sabrina ein, die längere Zeit geschwiegen hatte.
»Das Risiko gehe ich ein.« Ich warf mir die Tasche über die Schulter. »Es sei denn, ihr wollt mich mit Gewalt aufhalten?«
Niemand antwortete. »Dann geh ich jetzt. Ich habe keine Angst vor den Alchemisten. Ich danke euch für alles, was ihr getan habt. Ich weiß es wirklich zu schätzen.«
»Ich danke dir«, sagte Marcus schließlich. Er sah Wade an und schüttelte den Kopf, als der protestieren wollte. »Dafür, dass du die Daten besorgt hast. Ich habe ehrlich nicht geglaubt, dass du es durchziehen kannst. Ich dachte, dass du mit leeren Händen zurückkehren würdest, aber ich hätte deine Tätowierung trotzdem gebrochen. Du hast dir echt Mühe gegeben. Und du hast gerade bewiesen, was ich schon früher gedacht habe: Du bist bemerkenswert. Wir könnten dich wirklich gebrauchen.«
»Na, du weißt ja, wie du mich erreichen kannst.«
»Und du weißt, wie du uns erreichen kannst«, entgegnete er. »Wir werden die ganze Woche hier sein, falls du deine Meinung doch noch änderst.«
Ich öffnete die Tür. »Das werde ich nicht. Ich laufe nicht weg.«
Als ich ins Auto stieg, rief mir Amelia einen Abschiedsgruß zu; ihr war nicht bewusst, dass ich mich gerade ihrem geliebten Anführer widersetzt hatte. Während meiner Rückfahrt zur Amberwood war ich erstaunt, wie frei ich mich fühlte – und das hatte nichts mit der Tätowierung zu tun. Es war das Wissen, dass ich mich allen widersetzt hatte – den Alchemisten, den Kriegern, den tollkühnen Gesellen. Ich wollte niemandem Rechenschaft ablegen müssen, egal aus welchem Grund. Ich war mein eigener Herr, in der Lage, eigenständig zu handeln. Viel Erfahrung hatte ich darin allerdings nicht.
Und ich stand im Begriff, etwas Drastisches zu tun. Ich hatte es Marcus und der Gang nicht erzählt, weil ich befürchtet hatte, dass sie mich wirklich aufhalten würden. Als ich zurück an der Amberwood war, ging ich sofort auf mein Zimmer und wählte Stantons Nummer. Sie antwortete beim ersten Klingeln, was ich als göttliches Zeichen nahm, dass ich das Richtige tat.
»Ms Sage, das ist jetzt unerwartet. Hat Ihnen der Gottesdienst gefallen?«
»Ja«, sagte ich. »Er war sehr erhellend. Aber das ist nicht der Grund meines Anrufs. Wir haben einen Notfall. Die Krieger des Lichtes suchen nach Jill.« Ich hatte nicht vor, Zeit zu verschwenden.
»Warum um alles in der Welt sollten sie das tun?« Sie klang
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