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Magisches Erbe

Magisches Erbe

Titel: Magisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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anderen Reihen, diesem Beispiel zu folgen. Stanton, Ian und ich tauschten verwirrte Blicke. Dann verstand ich.
    »Die Königin«, flüsterte ich. »Die Königin kommt.«
    Ich konnte Stanton ansehen, dass sie darauf nicht vorbereitet gewesen war. Sie hatte einen Sekundenbruchteil lang Zeit, um zu entscheiden, wie man sich in dieser Situation protokollgerecht verhalten und wie sie unseren Status als »zivilisierte« Gäste aufrechterhalten sollte.
    »Wir knien nicht nieder«, flüsterte sie zurück. »Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    Dies war berechtigt, da wir der Moroi-Königin keine Gefolgschaft schuldeten. Ich war mir trotzdem unangenehm darüber bewusst, eine der wenigen Personen im Raum zu sein, die nicht kniete. Eine Sekunde später erklärte eine volltönende Stimme: »Ihre Königliche Hoheit, Königin Vasilisa, die Erste ihres Namens.«
    Selbst Ian schnappte bei ihrem Eintreten bewundernd nach Luft. Vasilisa – oder Lissa, Adrian und Rose bestanden stets darauf, dass ich sie so nannte – war ein Bild ätherischer Schönheit. Schwer zu glauben, dass sie so alt war wie ich. Sie trat mit einer königlichen Haltung auf, die alterslos schien. Ihr hochgewachsener, schlanker Körper war selbst unter Moroi anmutig, und ihr platinblondes Haar fiel wie ein jenseitiger Schleier um ihr bleiches Gesicht. Sie trug ihr sehr modernes, lavendelfarbenes Cocktailkleid so, als sei es ein prächtiges viktorianisches Ballkleid. Ein schwarzhaariger Mann mit durchdringenden blauen Augen ging an ihrer Seite. Ihr Freund, Christian Ozera, war immer leicht zu erkennen, er stellte einen dunklen Kontrast her, der mit ihrer Helligkeit perfekt harmonierte.
    Sobald das königliche Paar in der ersten Reihe Platz genommen hatte – und sehr überrascht zu sein schien, Abe dort vorzufinden –, kehrte jeder an seinen eigenen Platz zurück. Ein unsichtbarer Cellist begann zu spielen, und alle entspannten sich mit einem kollektiven Atemzug, als wir in das angenehme Ritual einer Hochzeit verfielen.
    »Toll, nicht?«, murmelte mir Ian ins Ohr. »Wie zerbrechlich ihr Thron ist. Ein Ausrutscher, und sie würden im Chaos versinken.«
    Es stimmte, und das war der Grund, warum Jills Sicherheit so wichtig war. Ein altes Moroi-Gesetz besagte nämlich, dass ein Monarch mindestens ein lebendes Familienmitglied besitzen musste, um den Thron einzunehmen. Jill war die Einzige, die in Lissas Linie noch übrig war. Diejenigen, die Lissa wegen ihres Alters und ihrer Überzeugungen ablehnten, hatten begriffen, dass es einfacher sein würde, Jill zu töten als gleich eine Königin. Viele waren gegen das Gesetz und versuchten, es zu ändern. In der Zwischenzeit würden die politischen Konsequenzen von Jills Ermordung gewaltig sein. Die Alchemisten, deren Aufgabe es war, dafür zu sorgen, dass die Moroi-Welt verborgen und beschützt blieb, mussten verhindern, dass ihre Gesellschaft im Chaos versank. Und auf einer etwas persönlicheren Ebene musste ich Jills Tod verhindern, denn so unwahrscheinlich es auch erscheinen mochte, aber in der kurzen Zeit, die wir ein Zimmer geteilt hatten, war sie mir ans Herz gewachsen.
    Ich löste mich von diesen finsteren Gedanken und konzentrierte mich auf die nächste Phase der Hochzeit. Brautjungfern in dunkelgrünen Satinkleidern führten die Prozession an, und ich fragte mich, ob Abe wohl versucht hatte, seinen Anzug auf sie abzustimmen. Falls ja, war er jedenfalls gescheitert.
    Und dort entdeckte ich das erste freundliche Gesicht, abgesehen von Adrian. Rose Hathaway. Es war keine Überraschung, dass sie eine Brautjungfer war, da sie die Verantwortung dafür trug, dass das glückliche Paar zusammengekommen war. Sie hatte die dunklen Haare und Augen ihres Vaters geerbt und war der einzige Dhampir unter den Brautjungfern. Ich brauchte die überraschten Blicke einiger der Gäste gar nicht zu sehen, um zu wissen, dass das ziemlich unorthodox war. Falls Rose es bemerkte oder es ihr etwas ausmachte, ließ sie es sich nicht anmerken. Stolz ging sie weiter, den Kopf hocherhoben, das Gesicht strahlend vor Glück. Mit diesem menschenähnlichen Dhampir-Äußeren war sie kleiner als ihre Moroi-Gefährten und hatte einen athletischeren Körperbau als die schlanken, schmalbrüstigen Moroi.
    Rose besaß einen Körper, der unter Menschen als normal und sehr gesund galt. Doch wenn ich mich mit den Moroi verglich, fühlte ich mich fett. Ich wusste, dass es lächerlich war – vor allem, da ich eine kleinere Größe trug als Rose –, aber es war ein

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