Magisches Erbe
mal raus aus diesem Gewühl.« Sonya nahm einen tiefen Atemzug von der frischen, kalten Luft. »Ich sollte wahrscheinlich bald zurückgehen. Wir werden gleich den Brautstrauß werfen. Sie werden Ihre Chance doch nicht verpassen, oder?« Das ging an mich.
Ich lachte spöttisch. »Ich denke, ich werde das wohl lieber auslassen. Ich habe heute Abend schon genug Anlass zu Spekulationen gegeben.«
»Ah, ja. Ihr berüchtigter Tanz.« Sonya schaute zwischen uns hin und her, und etwas von ihrer früheren Verwirrung kehrte zurück. »Sie beide sehen sehr gut zusammen aus.« Sekundenlang herrschte peinliches Schweigen, dann räusperte sie sich. »Na ja, ich gehe jetzt mal wieder rein ins Warme. Ich hoffe, Sie werden Ihre Meinung noch ändern, Sydney.«
Sie verschwand durch die Servicetür, und ich widerstand dem Drang, mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen. »Sie weiß, dass wir lügen. Sie kann es spüren.«
Geistbenutzer waren äußerst geschickt darin, subtile Hinweise von anderen Leuten zu lesen, und Sonya war darin sogar eine der besten.
»Wahrscheinlich«, stimmte Adrian mir zu. »Aber sie wird wohl kaum erraten, dass wir draußen auf einem Feld Magie gewirkt haben.«
Mir kam ein schrecklicher Gedanke. »Oh Gott. Sie denkt jetzt wahrscheinlich, dass wir – du weißt schon – so romantische, äh, Sachen gemacht haben …«
Das amüsierte Adrian viel mehr, als es sollte. »Siehst du, du fängst schon wieder damit an. Das ist das Erste, was dir einfällt.« Er schüttelte melodramatisch den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass du immer wieder mir vorwirfst, ich sei der Besessene.«
»Ich bin überhaupt nicht besessen!«, rief ich aus. »Ich weise nur auf eine offensichtliche Schlussfolgerung hin.«
»Für dich vielleicht. Aber in einem Punkt hat sie recht: Wir müssen wieder rein.« Besorgt berührte er sein Haar. »Ich glaube, mein Gel ist eingefroren.«
Ich gab ihm die Flasche zurück und öffnete die Tür. Kurz bevor ich eintrat, zögerte ich kurz und drehte mich zu ihm um. »Adrian? Danke für deine Hilfe.«
»Wozu hat man Freunde?« Er hielt mir die Tür auf, um mich vorgehen zu lassen.
»Ja, aber du hast dir heute Abend ein Bein ausgerissen für etwas, das gar nichts mit dir zu tun hat. Ich bin dir dafür sehr dankbar. Du hättest mir nicht zu helfen brauchen. Du hast nicht die gleichen Gründe wie ich, dich mit den Alchemisten zu beschäftigen.«
Da ich nicht wusste, was ich sonst noch sagen sollte, nickte ich ihm zum Dank nur zu und ging hinein. Als wir in die Wärme und den Lärm der Menge eintauchten, meinte ich ihn noch sagen zu hören: »Ich habe andere Gründe.«
Kapitel 5
Kurz danach brach ich mit den Alchemisten auf und erwartete nicht, Adrian in nächster Zeit zu sehen. Er blieb mit den anderen Moroi noch einige Tage in Pennsylvania, daher bestand keine Möglichkeit eines weiteren gemeinsamen Fluges. Meine Rückreise nach Kalifornien verlief ruhig und ereignislos, obwohl meine Gedanken von all den Entwicklungen der letzten Tage wie irrsinnig rasten. Ich war vollauf mit Ms Terwilligers kryptischer Warnung und meiner neuen Spur zu Marcus beschäftigt.
Eine SMS von Eddie begrüßte mich, als ich in Palm Springs am Flughafen ein Taxi rief: Wir essen im Marquee’s. Bist du dabei? Kurz darauf kam eine Folgenachricht. Du kannst uns zurückfahren. Ich wies den Fahrer an, mich in einen Vorort am anderen Ende der Stadt zu bringen, anstatt nach Amberwood in Vista Azul. Ich hatte Hunger, da im Flugzeug in der Touristenklasse kein Abendessen serviert worden war, und außerdem wollte ich mein Auto wiederhaben.
Als ich in dem Restaurant eintraf, saßen Eddie und Angeline auf der einen Seite eines Tisches und Jill auf der anderen. Ich wusste sofort, warum sie beschlossen hatten, so weit entfernt von unserer Schule zu essen. Außerhalb der Schule konnten Eddie und Angeline als Paar auftreten. In der Amberwood dachten alle, wir seien verwandt. Eddie, Jill und ich hatten uns als Geschwister ausgegeben, während Angeline unsere Cousine war. Eddie und Angeline waren erst seit kurzer Zeit zusammen, daher hatten sie ihre Beziehung vor unseren Klassenkameraden verbergen müssen, um keinen Verdacht zu erregen. Wir schienen ohnehin schon genug Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.
Angeline schmiegte sich in Eddies Arm. Selbst er sah so aus, als ginge es ihm gut, was schön zu sehen war. Er nahm seine Verantwortung so ernst und war oft so angespannt, dass es schien, als würde nicht viel fehlen, und er würde
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