Magisches Erbe
geschliffener Stein in einer zierlichen Goldfassung.
»Granat?«, fragte ich.
»Sehr gut«, sagte sie und nahm die Kette auf. Jeder Teil von ihr schien im Kerzenlicht des Raumes zu glitzern.
»Sie ist wunderschön«, sagte ich.
Sie hielt sie mir hin. »Sie ist für Sie.«
Ich trat unbehaglich zurück. »Für … mich? Ich … ich meine, vielen Dank, aber ein solches Geschenk kann ich nicht annehmen.«
»Es ist kein Geschenk«, entgegnete sie. »Es ist eine Notwendigkeit. Eine, die Ihnen vielleicht das Leben retten wird. Nehmen Sie sie und legen Sie sie an.«
Ich weigerte mich, die Kette zu berühren. »Sie ist magisch, nicht wahr?«
»Ja«, sagte sie. »Und sehen Sie mich nicht so an. Sie unterscheidet sich nicht von den Zaubern, die Sie für sich selbst gemacht haben.«
»Nur dass alles, was Sie machen …« Ich schluckte, als ich in die Tiefen dieses blutroten Juwels starrte. »Die Kette wird wesentlich mächtiger sein als alles, was ich erschaffen kann.«
»Genau das ist der Punkt. Also.« Sie stieß mir die Kette so dicht vors Gesicht, dass sie mich damit beinahe getroffen hätte.
Ich wappnete mich und nahm sie ihr ab. Nichts geschah. Kein Rauch, keine Funken. Kein brennender Schmerz. Als ich ihren erwartungsvollen Blick sah, legte ich mir die Kette um den Hals und rückte den Granat neben mein Kreuz.
Sie seufzte, ihre Erleichterung war fast mit Händen zu greifen. »Genau wie ich gehofft hatte.«
»Was?«, fragte ich. Obwohl ich nichts Besonderes daran verspürte, fühlte sich der Granat an meinem Hals schwer an.
»Er maskiert Ihre magische Fähigkeit«, erklärte sie. »Niemand, der Ihnen begegnet, sollte erkennen können, dass Sie eine Magiebenutzerin sind.«
»Ich bin keine Magiebenutzerin«, erinnerte ich sie scharf. »Ich bin Alchemistin.«
Der Anflug eines Lächelns spielte um ihre Lippen. »Natürlich sind Sie das – aber eine Alchemistin, die Magie benutzt. Und für eine besonders mächtige Person wäre das auch klar zu erkennen. Magie hinterlässt ein Mal in Ihrem Blut, das Ihren ganzen Körper durchdringt.«
»Was?« Ich hätte nicht schockierter sein können, wenn sie mir mitgeteilt hätte, dass ich mich soeben mit einer tödlichen Krankheit infiziert hatte. »Das haben Sie mir noch nie gesagt!«
»Es war auch nicht wichtig«, sagte sie mit einem kleinen Achselzucken. »Bis jetzt. Ich brauche Sie aber unsichtbar. Nehmen Sie diese Kette also nicht ab. Niemals.«
Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Ma’am, ich verstehe nicht.«
»Alles wird mit der Zeit offenbart werden …«
»Nein«, unterbrach ich sie. In diesem Moment hätte ich auch mit Stanton oder einem der zahllosen anderen Leute sprechen können, die mich mein Leben lang benutzt und häppchenweise mit Informationen gefüttert hatten. »Es wird jetzt offenbart werden. Wenn Sie mich in etwas Gefährliches hineingezogen haben, dann müssen Sie mich da entweder wieder rausholen oder mir sagen, wie ich mich selbst daraus befreien kann.«
Ms Terwilliger sah mich ein paar stille Sekunden lang an. Eine graue getigerte Katze rieb sich an meinen Beinen und ruinierte den Ernst des Augenblicks. »Sie haben recht«, gab sie schließlich zu. »Ich schulde Ihnen eine Erklärung. Nehmen Sie Platz.«
Ich setzte mich auf einen der Hocker am Tisch, und sie ließ sich mir gegenüber nieder. Dann verschränkte sie die Hände vor sich und schien nur mit Mühe ihre Gedanken sammeln zu können. Ich musste mich zwingen, geduldig und ruhig zu bleiben. Anderenfalls hätte mich die Panik, die seit der Wüste an mir genagt hatte, vollständig verzehrt.
»Sie erinnern sich doch an diese Frau, die Sie auf dem Foto gesehen haben?«, fragte sie schließlich.
»Ihre Schwester.«
Ms Terwilliger nickte. »Veronica. Sie ist zehn Jahre älter als ich, sieht aber erst halb so alt aus, wie Sie zweifellos erkennen konnten. Also, es ist nicht schwierig, eine Illusion zu schaffen. Wenn ich jung und schön wirken wollte, könnte ich das – die Betonung liegt auf wirken. Aber Veronica? Sie hat es geschafft, ihren Körper jung und kräftig zu machen. Es ist eine fortgeschrittene, heimtückische Art der Magie. Man kann sich dem Alter nicht widersetzen, ohne Opfer zu bringen.« Sie runzelte die Stirn, und mein Herz schlug. Jugend zu schaffen brachte all meine alchemistischen Empfindlichkeiten in Aufruhr. Es war fast so schlimm wie die Unsterblichkeit der Strigoi, vielleicht sogar noch schlimmer, wenn sie von einem Menschen sprach, der es tat. Diese Art von
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