Magisches Erbe
sich zu ihm und positionierte sich beschützend neben ihm. »Ich bleibe lieber stehen«, erklärte ich. Auf keinen Fall würde ich mich freiwillig in diesen Dreck setzen. Nachdem ich mich mit Marcus über den Boden gewälzt hatte, würde ich wohl in Desinfektionsmittel baden müssen.
Er zuckte die Achseln. »Wie du willst. Du möchtest Antworten? Dann gib du mir zuerst welche. Warum machst du bei den Alchemisten unbezahlte Überstunden, um mich zu suchen?«
Verhört zu werden gefiel mir gar nicht, aber welchen Sinn hatte es, hier zu sein, wenn ich nicht in einen Dialog treten würde?
»Clarence hat mir von dir erzählt«, sagte ich schließlich. »Er hat mir dein Foto gezeigt, und ich habe gesehen, dass du die Lilie übertätowiert hast. Ich wusste nicht einmal, dass das möglich ist.« Die Tätowierung verblasste nie.
»Clarence Donahue?« Marcus wirkte ehrlich erfreut. »Er ist ein guter Kerl. Du bist vermutlich mit ihm befreundet, wenn du in Palm Springs lebst, oder?«
Ich wollte schon sagen, dass wir keine Freunde waren, aber dann dachte ich noch mal darüber nach. Was waren wir denn sonst?
»Das hier zu bekommen ist nicht leicht«, fügte Marcus hinzu und tippte auf die blaue Tätowierung. »Du wirst eine Menge Arbeit leisten müssen, wenn du es auch machen willst.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Jetzt mal langsam, ich habe nie gesagt, dass ich das will. Und warum um alles in der Welt sollte ich es überhaupt tun?«
»Weil es dich befreien wird«, antwortete er schlicht. »Sie verhindert, dass du über vampirische Angelegenheiten sprichst, nicht wahr? Du glaubst doch wohl nicht, dass das alles ist, was die Tätowierung bewirkt, oder? Denk mal nach. Was hindert sie wohl daran, auch in anderen Bereichen Kontrolle auszuüben?«
Mir blieb nichts anderes übrig, als jede Erwartung an dieses Gespräch aufzugeben, weil jedes Thema verrückter war als das vorherige. »Ich habe noch nie von etwas Derartigem gehört. Ich habe auch noch nie etwas Derartiges gefühlt. Abgesehen davon, dass es Vampirinformationen schützt, habe ich die Kontrolle.«
Er nickte. »Möglicherweise. Die ursprüngliche Tätowierung enthält zunächst nur den Redezwang. Sie fangen erst an, den Auffrischungen andere Komponenten hinzuzufügen, wenn jemand Anlass zur Sorge gibt. Manchmal kann man dagegen ankämpfen, und wenn man das tut … na, dann heißt es eben: ab in die Umerziehung.«
Bei seinen Worten überlief mich ein Frösteln, und ich legte mir eine Hand an die Wange, als ich mich wieder an die Versammlung erinnerte, in der man mir den Auftrag für Palm Springs erteilt hatte. »Ich habe vor Kurzem eine Auffrischung erhalten … aber das war Routine.« Routine. Normal. Nichts von dem, was er da andeutete.
»Vielleicht.« Er legte den Kopf schräg und warf mir einen weiteren durchdringenden Blick zu. »Hast du davor jemals etwas Böses getan, Kindchen?«
Wie einem Dhampir-Flüchtling zu helfen? »Kommt drauf an, wie du böse definierst.«
Beide lachten. Marcus’ Lachen war laut und fröhlich und sogar ziemlich ansteckend – aber die Situation war viel zu ernst, um in dieses Lachen einzustimmen.
»Sie könnten deine Gruppenloyalität dabei gestärkt haben«, sagte er immer noch kichernd. »Aber es war entweder nicht besonders stark, oder du hast dagegen angekämpft – sonst wärst du nicht hier.« Er sah Sabrina an. »Was meinst du?«
Sabrina musterte mich mit kritischem Blick. Mir fiel immer noch schwer, ihre Rolle in der ganzen Sache zu glauben. »Ich denke, sie wäre eine gute Ergänzung. Und da sie immer noch bei ihnen ist, könnte sie uns bei dieser … anderen Angelegenheit helfen.«
»Das denke ich auch«, sagte er.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Ich mochte es nicht, wenn man über mich sprach, als sei ich nicht da. »Eine gute Ergänzung von was?«
»Von unserer Gruppe.« An Sabrina gewandt fügte er hinzu: »Wir müssen ihr wirklich mal einen Namen geben.« Sie schnaubte, und er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Wir sind gemischt. Einige sind ehemalige Krieger oder Doppelagenten, so wie Sabrina. Andere sind ehemalige Alchemisten.«
»Und was tut ihr?« Ich machte eine ausholende Armbewegung. »Das sieht nicht gerade wie eine Hightech-Operationsbasis für ein geheimes Team aus.«
»Sieh dich doch an. Hübsch und witzig«, sagte er und wirkte erfreut. »Wir tun, was du tust – oder was du tun willst. Wir mögen die Moroi. Wir wollen ihnen helfen – zu unseren eigenen Bedingungen.
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