Magisches Spiel
achtete darauf, einen sanften Tonfall zu wählen, denn er erkannte, dass sie sich wirklich fürchtete.
»Nicht nur ein Fährtenleser, Kaden«, verbesserte sie ihn. »Ein Fährtenleser der Spitzenklasse. Ich habe an jedem dieser Schauplätze zahllose Fußabdrücke hinterlassen. Wenn er sich an die Tatorte begibt, wird er mich dort finden.«
»Es wird eine schwache Spur sein, wahrscheinlich noch schwächer als die, die er zurückgelassen hat. Er wird dich
jedenfalls ebenso wenig identifizieren können, wie wir ihn identifizieren können.«
Der Puppenspieler war enorm neugierig auf sie gewesen, und er hatte sie allzu deutlich als seinesgleichen erkannt. Das würde ihn erst recht faszinieren, und das war das Letzte, was Kaden wollte.
»Lass uns für heute Abend Schluss machen, Kleines. Wir müssen eine Rettungsaktion planen.« Er musste ihre Aufmerksamkeit ablenken, weil er Zeit brauchte, um sich Gedanken darüber zu machen, wie er sie am besten beschützen konnte.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss dir Einzelheiten in die Hand geben, bevor ich wieder ganz zurückkehre.«
Ihre Reaktion löste die Anspannung in seinen Eingeweiden. Diesmal war es offenbar nicht ganz so schlimm gewesen. Die Übungen, die sie zwischendurch gemacht hatte, schienen zu helfen, selbst wenn es nur dann und wann ein paar Minuten gewesen waren. Auch wurde die Verbindung zwischen ihnen von Mal zu Mal stärker, und sie wandte sich ihm immer öfter zu, ohne es bewusst wahrzunehmen. Das erlaubte es ihm, ihre Barrieren zu stärken, während sie den Spuren nachging. Somit war sie etwas besser gegen die nachteiligen Auswirkungen geschützt, die sowohl der Mörder als auch die Opfer auf ihr schutzloses Gehirn hatten.
Tansy holte tief Atem und kämpfte gegen die Furcht an, die sie zu ersticken drohte. Nie würde sie diesen beängstigenden Moment vergessen, als der Puppenspieler seinen Kopf umgedreht und direkt in ihr Inneres hineingeblickt hatte. Kaden machte sich keine Vorstellung davon, wozu ein Fährtenleser der Spitzenklasse in der Lage war. Sie war nicht in Hochform. Sie war ausgebrannt
und hatte ihre Fähigkeiten teilweise eingebüßt, doch den Puppenspieler amüsierten die Stimmen der Mörder. Die Opfer ignorierte er. Sie bedeuteten ihm nichts und waren ihm nur lästig.
»Tansy?« Kaden riss sie aus ihren Überlegungen. »Du hast für heute Abend genug getan. Weder die Kriminalbeamten, die an diesen Fällen arbeiten, noch die Sondereinheiten des FBI – niemand hat einen Hinweis auf diesen Mann gefunden. Das ist ein gewaltiger Durchbruch.«
»Wir wissen, dass er existiert, aber wir haben noch keine Ahnung, wer er ist oder wo er sich in das Bild einfügt. Lass mich alles nochmal rekapitulieren. Schlange genießt es, anderen Schmerzen zuzufügen. Er war in Vietnam, aber nicht während des Krieges. Ich habe den Eindruck von Tunneln in einem Zuckerrohrfeld gewonnen.« Sie erschauerte. »Er hat Bauern grässliche Dinge angetan. Einem Mann und seinem Sohn. Er hat sich sehr lebhaft an die Einzelheiten erinnert.«
»Tu das nicht«, sagte Kaden. Die Einzelheiten hatten sich ihr ebenso lebhaft eingeprägt. Jeder Schnitt, jede sadistische Folter, die sich Schlange, infam wie er war, hatte einfallen lassen – Tansy hatte all das jetzt in ihrem Kopf. Kaden versuchte bereits, die Erinnerungen hinter die Tür in ihrem Innern zu stoßen und Tansy vor ihrer eigenen Hartnäckigkeit zu bewahren, die sie immer wieder dazu brachte, teuflische Mörder zu verfolgen, obwohl es ihr so viel abverlangte.
Tansy unternahm sichtliche Anstrengungen, sich auf ihn zu konzentrieren, um zu verhindern, dass die Stimmen sie zermürbten. »Die Kamera ist ihm wirklich wichtig, aber er macht sich Sorgen, sie könnte gefunden werden. Er ist weit weg von ihr und muss noch einmal
zurückkehren, um sie wieder an sich zu bringen.« Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie versuchte, den Einzelheiten schärfere Konturen zu geben. »Sag den Männern deines Teams, sie sollen über Kopfhöhe danach suchen. Er hat die Kamera so getarnt, dass sie wie ein altes Maschinenteil aussieht und leicht übersehen werden kann. Er hat lange Zeit daran gearbeitet. Falls ihr sie findet, sollte ich mir ein klares Bild von ihm machen können; vielleicht lässt sich sogar eine Art Personenbeschreibung daraus entnehmen.«
Seine Finger packten fester zu. »Das ist sehr gut, Kleines. Löse dich jetzt davon, damit wir etwas gegen die Kopfschmerzen tun können, bevor sie einsetzen.« Sie keimten
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