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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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weiß, dass Sie alle unter hohem Druck arbeiten«, fuhr sie fort, »aber ich möchte Sie bitten, sich die Zeit zu nehmen, um einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen zu bekommen. Zu diesem Zweck werde ich Ihnen eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse der letzten achtundvierzig Stunden geben.« Sie gab ein Zeichen, und das Licht im Raum erlosch. Die Projektionswand über ihrem Kopf erstrahlte in grellem Weiß, gefolgt von einem kurzen Knacken, als die Lautsprecher eingeschaltet wurden. Dann begann der Film. Es war eine Zusammenfassung von Fernsehreportagen, Standbildern – unterlegt mit den Stimmen von Radiokommentatoren –, Auszügen aus Tageszeitungen, Internetmeldungen, das ganze Programm. Filme wechselten sich mit Standbildern ab und Augenzeugenberichte mit den Kommentaren bekannter Fernsehjournalisten. Zusammengestellt hatte diese Mischung William Langley, ehemals leitender Redakteur bei der BBC , jetzt Medienexperte der CERN . Helène blickte anerkennend zu ihm herüber. Er hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. In ihrer geballten Wucht brandeten die Bilder über die Anwesenden herein wie ein Tsunami. Helène war sich der Wirkung der Bilder durchaus bewusst. Das war genau der Grund gewesen, warum sie Langley und nicht irgendeinen Amateur mit der Sache beauftragt hatte. Als der Film endete und das Licht wieder anging, herrschte atemlose Stille. Man hätte eine Stecknadel fallen hören, so leise war es. Helène hatte mit dieser Reaktion gerechnet, nein, sie hatte sie
erwartet
.
    Nach einer rhetorischen Pause fuhr sie fort: »Ich glaube, auch dem Letzten unter ihnen dürfte der Ernst der Lage inzwischen klar geworden sein. Ich möchte Sie alle bitten, Ihre eigene Forschung vor diesem Hintergrund neu zu bewerten. Wie wichtig ist das, woran Sie gerade arbeiten? Könnte es sein, dass Sie anderen Untersuchungen den Vorzug geben sollten? Wie steht es mit dem Austausch von Informationen? Wir können uns momentan keine neuen Studien über Strahlungskoeffizienten oder Halbwertszeiten leisten. Wir brauchen Antworten. Mehr noch, wie brauchen einen
Notfallplan


35
    H elène hatte ihren Appell gerade beendet, als sich die Tür öffnete und ein völlig abgehetzt wirkender junger Mann den Raum betrat. Es war Colin Filmore, der Assistent von Elias Weizmann. Unter seinen Armen klemmten Dokumentenrollen und Aktenordner. In seinen Händen trug er eine Tasche, in der sich offenbar noch mehr Unterlagen befanden. Er hatte seinen Platz noch nicht ganz erreicht, da gab es ein Poltern, das die Anwesenden mit einem Schlag aus ihrer Lethargie erlöste. Einer der Ordner war zu Boden gefallen. Filmore tauchte ab, um ihn aufzuheben, was nur zur Folge hatte, dass jetzt auch die Dokumentenrollen zu Boden fielen. Verhaltenes Gelächter drang durch die Reihen. »Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung«, schallte es von irgendwo unter den Tischen. »Ich habe mich wirklich bemüht, pünktlich zu sein, aber unsere letzte Messung duldete keinen Aufschub.« Helène sah seinen hochroten Kopf wieder auftauchen, ein entschuldigendes Lächeln im Gesicht. Mit beiden Händen schaufelte er seine Akten auf den Tisch, dann tauchte er wieder ab.
    Sie verdrehte die Augen.
    »Der Induktor für die Gammastrahlen war gerade voll aufgeladen«, schnaufte Colin, nachdem er sein Chaos endlich unter Kontrolle bekommen hatte. »Sie wissen ja, wie lange so etwas braucht. Wir konnten unmöglich abbrechen.« Er nestelte an seiner schlecht gebundenen Krawatte herum, während er sich an seinen Platz setzte. »So, jetzt bin ich da. Habe ich irgendetwas Wichtiges verpasst?« Sein Lächeln hätte einen Eisberg zum Schmelzen bringen können.
    »Kaum«, sagte Helène ungerührt. »Wenn Sie dann so weit wären, Mr.Filmore, würden wir jetzt gern fortfahren.« Sie wandte sich nach links. »Harry, beginnen wir bei Ihnen. Da die Kugeln lange Zeit als Vermächtnis einer untergegangenen Zivilisation betrachtet wurden, wäre es vielleicht das Beste, wenn Sie uns, als Sprecher der archäologischen Abteilung, auf den neuesten Stand brächten. Was wissen wir über die Kugeln?«
    Harold Wynham, ein übergewichtiger Mann mit Nickelbrille und Halbglatze, erhob sich mühsam aus seinem Stuhl und trat nach vorn. Er genoss es sichtlich, der Erste zu sein, der sich vor seinen Kollegen profilieren durfte. Auf sein Zeichen hin wurde es im Saal wieder dunkel. Eine Weltkarte erschien auf der Projektionswand, auf der an die hundert rote Punkte markiert waren. »Was Sie hier

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