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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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waren.
    »Wie unschwer zu erkennen ist, haben sich eine ganze Reihe neuer aktiver Zentren gebildet«, führte Michelle ihren Gedanken weiter. »Wenn Sie um die betreffenden Punkte einen Kreis ziehen und die Schnittstellen vergleichen, werden Sie feststellen, dass die neuen Punkte keineswegs zufällig entstehen. Dort wo sich die Kreise schneiden, entstehen zwei neue Punkte und immer so fort. Wir haben es mit einer exponentiellen Zunahme von Erdbeben zu tun. Dies ist ein System sich selbst verstärkender Schwingungen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es sich zum Kollaps emporgeschaukelt hat.«
    Direktor Steenwell, der grauhaarige, hagere Vizedirektor, griff nach seinem Füllfederhalter und ließ ihn zwischen seinen Fingern kreisen. »Wie lange wird es dauern, bis das geschieht?«
    »Etwa sechs bis acht Wochen.«
    »Mein Gott.« Steenwell hörte schlagartig mit seinen Fingerübungen auf. »Sechs bis acht
Wochen?
Aber das ist eine absolute Katastrophe. Wie sollen wir in so kurzer Zeit einen Notfallplan entwickeln? Wir wissen ja noch nicht mal, wie viele Kugeln es tatsächlich gibt und wo sie sich befinden, geschweige denn, wie wir den Prozess aufhalten sollen.«
    »Da muss ich Ihnen leider widersprechen«, fuhr Michelle dazwischen. »Wir wissen exakt, wie viele Kugeln es sind, und wir wissen auch in etwa, wo sie sich befinden.«
    »So?« Der hagere Mann beugte sich vor, als wollte er gleich über den Tisch springen.
    »Allerdings. Geben Sie bitte acht.« Es erschien wieder das Bild, das Harry Wynham ihnen während seines Vortrags gezeigt hatte. »Das sind die dreißig Fundorte, rings um den Pazifik gelegen und hübsch rot markiert«, sagte Michelle, und man konnte die Erregung in ihrer Stimme hören. »Jetzt passen Sie bitte auf, was passiert, wenn ich die Karte mit den Epizentren derjenigen Beben darüberlege, die wir gemessen haben, kurz nachdem sich die Marianenkugel aktiviert hat. Wir bezeichnen sie als Beben der Phase eins.«
    Es folgte eine langsame Überblendung. Während die Bilder ineinander übergingen, entstand Unruhe im Saal. Die Seismologin lächelte geheimnisvoll.
    »Ich weiß nicht, wie Sie es nennen würden, ich jedenfalls nenne es einen Volltreffer.«

36
    M ichelle Ourdai tippte mit ihrem Zeigestab gegen die Projektionswand. »Sämtliche Fundorte liegen in den jeweiligen Epizentren der ersten Erdbebenwelle. Natürlich haben sich inzwischen, aufgrund des vorhin beschriebenen Effektes, überall neue Herde gebildet, doch
dies
sind die Punkte, die für uns wichtig sind. Und es sind genau einhundertdreiundfünfzig.« Sie legte ihre Hand an die Tafel. »Wir dürfen davon ausgehen, dass sich überall dort, wo Beben der Phase eins gemessen wurden, Kugeln befinden. Selbst wenn sie für das menschliche Auge nicht sofort zu erkennen sind«, fügte sie mit bedeutungsschwangerer Stimme hinzu. »Das Problem wird nur sein, sie zu finden.«
    »Das verstehe ich nicht«, meldete sich eine Stimme aus der hinteren Sitzbank. »Wir schicken Bergungstrupps dorthin und graben sie aus. Wo ist das Problem?« Vereinzelt war Gelächter zu hören, das jedoch sofort verebbte, als Michelle die ernüchternde Wahrheit verkündete.
    »Den Punkten, die auf unserer Karte so klein und überschaubar erscheinen, entsprechen in natura Flächen von mehreren Quadratkilometern. Seismische Wellen lassen sich leider nicht genauer zurückverfolgen. Da haben wir es mit Streuungsproblemen und Interferenzen zu tun. Und nun stellen Sie sich vor, Sie müssten mehrere Quadratkilometer tropischen Regenwald durchkämmen. Mehr noch, Sie müssten den gesamten Boden umgraben. Es ist mehr als wahrscheinlich, das Dutzende von Kugeln von Erdreich überdeckt sind oder gar in tieferen Gesteinsschichten stecken. Das Bild von der Suche nach der Nadel im Heuhaufen bekommt hier eine völlig neue Bedeutung.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, alles, was wir von der geologischen Abteilung tun können, ist, Ihnen den ungefähren Standort zu präsentieren. Mehr nicht. Die Feinarbeit werden andere erledigen müssen.«
    Steenwell schlug mit der Hand auf den Tisch. »Womit wir also keinen Schritt weitergekommen wären. Seien wir doch mal ehrlich. Was wir hier tun, ist reine Zeitverschwendung. Dieses ganze Gerede von Vulkanausbrüchen, von Olmeken, sich aufschaukelnden Systemen und Beben der Phase eins – das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir keine Ahnung haben, womit wir es zu tun haben. Wir wissen nicht, wo die Scheißdinger sind, woher sie

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