Magma
Flutwellen wären die Folge, und was das bedeutet, wissen Sie ja. Wir müssen so schnell wie möglich hinunter und herausfinden, was dort vor sich geht.«
Ella nickte. »Scheint ein verdammter Hexenkessel zu sein. Wenn die Aufwärtsströmungen aus einer Tiefe von elftausend Metern zu uns heraufdringen, müssen die vulkanischen Aktivitäten beträchtlich sein. Ich hoffe nur, dass wir uns keinem unkalkulierbaren Risiko aussetzen.«
»Keine Sorge«, sagte Yamagata. »In der
Shinkai
werden wir sicherer sein als die Mannschaft, die unseren Tauchgang verfolgt.«
»Wir? Heißt das, Sie werden mit uns tauchen?« Nie im Leben hätte Ella damit gerechnet, dass der Leiter einer so großen und bedeutenden Forschungseinrichtung wie JAMSTEC sich den Gefahren eines solchen Unternehmens aussetzen würde. Sie war es gewohnt, dass die Schreibtischhengste in den oberen Etagen sich niemals die Finger schmutzig machten. Geschweige denn ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten.
»Selbstverständlich«, sagte Yamagata und blickte sie an, als verstünde er nicht, wie sie überhaupt so eine Frage stellen konnte. »Für mich ist das eine große Ehre. Die Krönung meiner Karriere. Wie könnte ich meiner Familie erhobenen Hauptes gegenübertreten, wenn ich aus Angst vor dem Risiko zurückschrecken würde.«
Die alte Samurai-Tradition, dachte Ella. Selbst der rasante Fortschritt unserer Zeit konnte sie nicht aus den Köpfen der Menschen vertreiben.
»Ich verstehe«, sagte sie, »und ich fühle mich geehrt, mit Ihnen zusammen auf Tauchfahrt zu gehen.«
»Die
Shinkai
ist das leistungsfähigste Tauchboot der Welt«, sagte Yamagata und der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar. »Mit ihr läuten wir ein neues Zeitalter in der Erforschung der Meere ein. Nicht nur, dass sie problemlos in die tiefsten Tiefen vordringen kann, sie verfügt auch über Antriebs- und Lebenserhaltungssysteme, die ihr einen Aufenthalt von mehreren Wochen in der Tiefe erlauben. Rein technisch gesehen wäre das ohne Problem zu bewerkstelligen, wenn nicht der menschliche Faktor hinzukäme – die psychologischen Belastungen sind enorm hoch.«
»Sie haben also wirklich vor, sofort zu starten?«, meldete sich Professor Martin, der wieder einmal als Letzter mitbekommen zu haben schien, was vor sich ging. »Bleibt uns keine Zeit für eine kurze Erholungspause?«
»Tut mir leid«, sagte Yamagata. »Wenn wir nicht binnen der nächsten Stunde tauchen, ist es vielleicht zu spät. Es ist alles vorbereitet. Kommen Sie.«
»Aber ich muss meine Vorgesetzten in der Schweiz kontaktieren. Wir hatten ausgemacht, dass ich sie über unsere Fortschritte kontinuierlich auf dem Laufenden halte.« Martins Stimme schwang eine Oktave höher.
»Das können Sie von Bord des Tauchbootes aus erledigen«, beruhigte ihn Yamagata. »Ah, da sind wir ja.« Er blieb vor einer Tür stehen, die sich durch nichts von den anderen Türen auf diesem Schiff unterschied. Auch das Schild mit seinen japanischen Schriftzeichen gab Ella keine Auskunft darüber, was sich dahinter verbergen mochte.
»Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber ich muss Sie zu einer kurzen Sicherheitsprüfung hereinbitten. Wenn Sie mir bitte folgen.« Er öffnete die Tür und führte sie ins Innere einer kleinen, unscheinbar aussehenden Abstellkammer. Ella sah einen Tisch und mehrere Regale, die mit allerlei Werkzeugen und elektrischen Kleinteilen gefüllt waren. Auf dem Tisch lag ein Gerät, das an eine Signalkelle erinnerte und an eine graue Box angeschlossen war.
»Verzeihen Sie diese Unannehmlichkeit«, sagte Yamagata, »doch sie werden verstehen, dass bei einem solchen Unternehmen höchste Sicherheitsstufen gelten. Die
Shinkai
selbst wurde bereits mehrfach von oben bis unten überprüft, ebenso das gesamte Deckpersonal. Fehlen nur noch Sie. Ich werde Sie nur kurz elektronisch abtasten, danach begeben wir uns direkt an Bord der
Shinkai
. Ihr Gepäck übergeben Sie bitte meinen Sicherheitsoffizieren.«
Ella nickte. Sie reichte einem von Yamagatas Begleitern ihren Rucksack und ließ sich abtasten. Das Ganze erinnerte sie an die Prozedur auf Flughäfen, doch insgeheim war sie froh über die Vorsichtsmaßnahmen. Je strenger, desto besser.
»In Ordnung«, sagte Yamagata. »Jetzt die beiden Herren …«
Ihre Begleiter taten es ihr gleich, wenn auch nicht mit dem gleichen Enthusiasmus wie Ella. Professor Martin wirkte ungehalten, doch der Leiter des ozeanographischen Instituts ließ nicht mit sich diskutieren. Taschen,
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