Magma
über Magmageysire gesagt hat?«, rief er mit panikerfüllter Stimme. »Wahrscheinlich hat unsere Sprengung die Kruste aufgebrochen. Wir müssen schnellstens weg, oder wir sind alle tot.«
Endlich schien der Groschen bei Yamagata gefallen zu sein. »Steuerbord-Ballast abwerfen«, rief er seinem Copiloten zu, während er sich in seinen Sitz fallen ließ. »Backbord und achtern. Ich kümmere mich um die Landeklauen. Macht schon! Und Sie …«, damit wandte er sich an die Wissenschaftler, »ich rate Ihnen, sich sofort hinzusetzen und Ihre Gurte festzuziehen. Das wird jetzt eine ziemliche Achterbahnfahrt.«
Ellas Blick wanderte noch einmal nach draußen. Der Boden war übersät mit Rissen, und mit jedem Augenblick kamen neue hinzu. Ein solcher Anblick allein hätte allerdings noch nicht ausgereicht, um sie in Panik zu versetzen, schließlich war sie Vulkanologin. Doch da war noch etwas anderes.
Etwas Unheimliches.
Ihre Beine fühlten sich auf einmal so schwach an. Sie wollte etwas sagen, doch sie bekam kein Wort heraus. Das Atmen fiel ihr schwer. Es war, als würden sich unsichtbare Hände um ihren Hals schließen und ihr die Luft abdrücken.
»Was trödeln Sie denn so lange, Ella!«, rief Esteban ihr zu »Haben Sie nicht gehört, was der Kommandant gesagt hat? Hinsetzen und anschnallen!« Er ergriff ihre Hand, zerrte sie vom Bullauge weg und drückte sie gewaltsam in ihren Stuhl. Dann hechtete er in seinen.
»Aber da draußen …«
»Mund halten und anschnallen! Das ist ein Befehl!«
Ella nickte. Sie hatte es gerade geschafft, ihren Gurt festzuziehen, als die
Shinkai
einen Stoß bekam, als wäre sie von einem Lastwagen gerammt worden. Zwei Tonnen Eisenschrotkugeln, die von ihren magnetischen Sperren in den Tanks gehalten wurden, lösten sich auf einen Schlag aus dem Bauch des Schiffes und sanken auf den Meeresgrund. Die
Shinkai
bäumte sich auf wie ein wilder Mustang, dann ging es aufwärts. Erst langsam, dann mit immer größerem Tempo schoss sie in die Höhe. Die Suchscheinwerfer schleuderten ein bizarres Muster auf die Felswände, während das Schiff in geradezu aberwitzigem Tempo den Grabenbruch emporraste.
Plötzlich drang von unten her ein leuchtend heller Blitz zu ihnen empor. Sein Widerschein brandete durch die Bullaugen zu ihnen herein und tauchte das Innere der Stahlkugel in ein blendend weißes Licht.
Dann folgte der Knall.
Ein ohrenbetäubendes Dröhnen erschütterte die Druckkammer. Es war, als hätten sich sämtliche Tore der Hölle mit einem gewaltigen Donnerschlag geöffnet. Das Schiff erzitterte bis in seine Eingeweide. Das Dröhnen rüttelte und zerrte an den Stahlplatten der
Shinkai
, während sie wie eine Blechdose von der Hand eines Riesen ergriffen und umhergeschleudert wurde. Oben war unten und unten war oben, während das zerbrechliche Tauchboot von der Druckwelle erfasst und in die Höhe katapultiert wurde.
Schreie ertönten. Ella sah, wie ihre Kollegen sich in panischer Angst in ihren Sitzen krümmten und wanden. Wären sie nicht allesamt angeschnallt gewesen, man hätte sie wie Fliegen von der Windschutzscheibe kratzen können. Die Kräfte, die auf ihre Körper einwirkten, waren unvorstellbar. Doch zum Glück hielten die Gurte.
Ella begann zu spüren, dass sie das Bewusstsein verlor. Sterne tanzten auf ihrer Netzhaut. Sie kämpfte dagegen an, versuchte ruhig zu atmen, doch es war aussichtslos. Ein glitzernder Schleier umschloss ihren Kopf mit eiserner Kraft und presste das Bewusstsein aus ihrem Schädel.
Das Letzte, an das sie sich erinnerte, ehe sie im diffusen Dunkel versank, war ein Abbild des Meeresgrundes, kurz ehe Yamagata den Notstart eingeleitet hatte. Sie sah das Bohrloch vor sich, sah das Leuchten, wie es immer heller und heller wurde. Sie sah die Risse, die von der Öffnung ausgingen und spürte den Schrecken, als sie bemerkte, wie sie sich immer weiter in Form abstrakter Symbole oder Runen ausdehnten. Ella sah glühende Buchstaben. Bögen, Kreise und Spiralen, die in allen Schattierungen zwischen Rot und Gelb leuchteten. Teuflische Brandmale, die sich zu Worten zusammenfügten, während sie nur atemlos zusehen konnte.
Obwohl sie keine der fremdartigen Hieroglyphen entziffern konnte, verstand sie jedoch instinktiv, was sie ihr sagen wollten. Es waren Worte, die in jeder Sprache und zu jeder Zeit Gültigkeit hatten.
Worte, die nur von einem kündeten.
Vom Tod.
21
T ief im Innern des Bärenhorns lief Elias Weizmann wie ein angeketteter Löwe auf und ab. Seine
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