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Magna Mater - Roman

Magna Mater - Roman

Titel: Magna Mater - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Führungsspezialist, geht in absoluter Dunkelheit den kürzesten Weg zum Gehirn der Ameise. Obwohl er noch nie hier gewesen ist, findet er einen ganz bestimmten winzig kleinen Punkt in dem komplizierten Gehirncomputer, den er so geschickt umprogrammiert, dass sich die jahrmillionenalte Verhaltensweise der Ameise zum Vorteil der Parasiten verändert. Zwar lebt die Ameise ganz normal so weiter, als wäre nichts geschehen. Nachts aber geht sie im Gegensatz zu ihren gesunden Artgenossen nicht in den Bau, sondern kriecht auf die höchste Spitze eines Krautes, das von allen Schafen als Leckerbissen bevorzugt wird. Sie verbeißt sich dort krampfartig in ein Blatt und wird morgens von den weidenden Schafen gefressen. Damit schließt sich der ungewöhnliche Kreislauf, ohne den die Leberegel innerhalb einer einzigen Generation aussterben würden.
    Für den Winzling besitzt diese gefahrvolle Reise fast weltraumartige Distanzen.
    Wenn diese Winzlinge in der Lage sind, lebendige Gehirne so zu manipulieren, dass ihre Opfer zu willenlosen Werkzeugen werden, so bestimmen sie gewiss auch unsere Gedanken und Handlungen. Die Ameise, die am Abend eines Tages nicht heimkehrt, glaubt aus freiem Willen zu handeln, denn der Entschluss zu dieser Tat kommt aus ihr selbst. Und dennoch ist sie nur ein fester Bestandteil eines Systems, von dem sie nichts ahnt.
    Wir glauben an die ehernen Gesetze der Logik. In Wahrheit ist unser aller Leben ein wuchernder Dschungel. Hier schmarotzen Gefühle und Leidenschaften, leuchten Träume und welken Hoffnungen.
    Die Götter sind keine Hirngespinste. Sie leben klar beweisbar unter uns. Wir aber sind Bernsteinschnecken, die von dem köstlichen Kot gekostet haben. Spürt ihr die explosive Allmacht der Parasiten in eurem Gehirn?«
    Er legte eine Kunstpause ein, als erwartete er eine Antwort. Schweigen schlug ihm entgegen, und in dieses Schweigen rief er: »Wer das begreift, besitzt den Schlüssel zu allen Geheimnissen des Lebens. Verborgenes tritt zutage, Unverständliches nimmt Gestalt an. Zusammenhänge werden deutlich. Gott ist klein.«
    »Gott ist klein«, sagte Estragon und warf eine Handvoll Kienspäne in das fast heruntergebrannte Feuer. Die Flammen schossen bis zur Höhlendecke empor, rissen mich aus dem Dunkel, das mich schützend umhüllt hatte. Ich war ihren Blicken preisgegeben, aber niemand schien mich zu bemerken. Reglos vor Schreck verharrte ich auf dem felsigen Grund. Erst als der Flammenschein langsam verlosch, bewegte ich mich wie ein Krebs auf den Höhlenausgang zu. Ich hatte genug gesehen.

27. KAPITEL
    K etzer mitten unter uns!
    Der Gotteswahn ist ausgebrochen, und niemand ahnt, welch tödliche Krebsgeschwulst da heranwuchert. Wie banal erschien mir mit einem Mal die Mission, mit der die Magna Mater mich beauftragt hatte. Hier wurde eine Gottheit verehrt, nicht etwa von entarteten Blühenden, sondern vom Lebensquell des Ordens, von den Skarabäen. War das möglich? Nein, das war ganz und gar unmöglich.
    Am Morgen kam Karras in mein Zimmer. Ich hatte die Nacht schlaflos verbracht, war höchst erregt und muss erschreckend ausgeschaut haben.
    »Was fehlt dir?«
    »Gott ist klein!«, schleuderte ich ihm entgegen.
    »Ja, Gott ist klein«, erwiderte er, als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt. Das brachte mich völlig aus der Fassung. Wütend schrie ich ihn an: »Wie kannst du nur …?«
    Weiter kam ich nicht. Die Tränen schossen mir aus den Augen.
    »Was hast du?« Er wollte mich in die Arme nehmen.
    Ich stieß ihn von mir. »Fass mich nicht an, du Gottesknecht!«
    »Es ist nicht so, wie du vermutest. Hier ist alles anders als anderswo.«
    »Dann erkläre es mir.«
    »Es gibt ein Wissen, das nur Eingeweihten vorbehalten ist.«
    »Ich bin eine Ordensfrau.«
    »Wir hüten Geheimnisse, die auch euch verschlossen sind.«
    Seine Arroganz versetzte mich so in Zorn, dass ich mich nicht länger zu zügeln vermochte. »Auch ich trage ein Geheimnis in meiner Brust, das allen verschlossen ist, an dem du nicht unschuldig bist: Ich habe ein Kind geboren. Und du bist sein Vater!«
    Der Schlag saß. Er blickte mich an, als hätte er mich nicht recht verstanden: »Was sagst du da?«
    »Wir haben ein Kind. Du hast es gezeugt, und ich habe es geboren.«
    »Ein Kind?«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf, blickte mich fassungslos an, so als könnte er nicht glauben, was ich da behauptete. Am Ende schlug er die Hände vor sein Gesicht und begann zu lachen. Es klang schaurig. »Das kann nicht

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