Magnolia Haven 01 - Morgendammerung
Gedanke, Jake nicht mehr zu sehen, schnürte ihr augenblicklich den Hals zu.
»Nein.« Er räusperte sich. »Wenn du möchtest, kannst du in der Firma arbeiten. Du wirst die Möglichkeit haben, alles von Grund auf zu lernen, sodass du eine solide Ausbildung hast.«
»Ich darf also hierbleiben?«
»Wenn du das willst, ja.« Er bemerkte, wie ihre Augen anfingen zu strahlen. »Das war Toms Vorschlag, nicht meiner«, betonte er rasch. »Ich wollte dir nur Bescheid sagen, du kannst es dir bis morgen in Ruhe überlegen.«
»Da gibt es nicht viel zu überlegen, ich bin einverstanden«, erklärte sie bestimmt.
»Gut. Tom wird dann alles mit dir besprechen.«
Er ging auf die Tür zu, wollte wieder gehen, doch sie blieb reglos davor stehen und schaute ihn an.
»Ich weiß, dass ich das nicht fragen sollte, aber – was ist mit uns?«, fragte sie leise.
»Was soll mit uns sein?« Seine Stimme klang rau. »Joanna, du weißt, dass das, was passiert ist, nie hätte passieren dürfen, und wir müssen das vergessen.«
»Wie kann ich das, wenn ich auch weiterhin mit dir unter einem Dach wohnen werde?«
»Dann wäre es vielleicht doch besser, du würdest gehen«, presste er mühsam heraus.
»Willst du das?«, flüsterte sie tonlos. »Schau mir in die Augen und sag mir, dass ich Magnolia Haven verlassen soll, und ich werde es tun.«
In ohnmächtiger Verzweiflung hob er die Hände und ließ sie wieder sinken. »Verdammt, nein, natürlich will ich das nicht«, fuhr er sie an. »Ich will, dass du hier bleibst. Ich will, dass du bei
mir
bleibst. Ich will dich festhalten und nie mehr loslassen. Ich will dich beschützen und für dich da sein. Ich will dich lieben, auf jede erdenkliche Art, ich will mit dir schlafen und alles mit dir tun, was ein Mann mit einer Frau nur tun kann. Aber es ist falsch, verstehst du? Allein, dass ich überhaupt solche Dinge denke oder sage, ist falsch.«
Sie schluckte und schaute ihn hilflos an. »Wie kann etwas falsch sein, das sich so gut und richtig anfühlt?«
»Es ist nun mal so, und wir werden uns damit abfinden müssen«, sagte er resigniert. »Also lass uns das vergessen – es ist besser so.«
17
Nachdem Jake gegangen war, ließ Joanna sich weinend auf ihr Bett fallen. Der ganze angestaute Schmerz der letzten Wochen brach aus ihr heraus.
»
Ich will, dass du bei mir bleibst. Ich will dich festhalten und nie mehr loslassen. Ich will dich lieben …
«, hallten Jakes Worte in ihrem Kopf.
»Das will ich doch auch«, flüsterte sie verzweifelt. »Wie kann es falsch sein, wenn wir beide das Gleiche wollen?«
Im nächsten Moment ging ihr durch den Sinn, dass es vielleicht doch vernünftiger wäre, wenn sie Magnolia Haven verlassen würde. Es würde ihr das Herz brechen, aber so musste sie wenigstens nicht mit ansehen, wie Jake sich ihretwegen weiter herumquälte.
Dann dachte sie daran, dass sie nirgends hingehen konnte, außer zurück ins »Red Lantern«, und was sie dort erwartete, das wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Andererseits war sie bereit, alles auf sich zu nehmen, wenn sie wüsste, dass es Jake besser gehen würde. Wenn sie nicht mehr da wäre, würde er zur Ruhe kommen und sie irgendwann vergessen.
Während sie unglücklich hin und her überlegte, klopfte es erneut an die Tür, und Sekunden später schob Tom sich ins Zimmer.
»Hallo Joanna«, lächelte er und warf einen forschenden Blick auf ihr verweintes Gesicht. »Was ist los – freust du dich nicht über Jakes Angebot?«
Rasch wischte sie sich die Tränen ab. »Ja, sicher«, nickte sie, »aber … ich glaube, es wäre besser, wenn ich gehen würde. Wenn Michael nicht mehr da ist, gibt es ja keinen Grund, warum ich noch länger hierbleiben sollte. Außerdem mache ich mir Vorwürfe wegen der ganzen Sache.«
»Das ist doch Unfug«, beschwichtigte er sie. »dich trifft keine Schuld. Und ich würde es begrüßen, wenn du hierbleibst, schließlich habe ich mich deiner Mutter gegenüber verpflichtet, gut für dich zu sorgen. Was würde sie sagen, wenn ich dich nun einfach so auf die Straße setzen würde?« Joanna schien nicht wirklich überzeugt zu sein, und er fügte eindringlich hinzu: »Oder liegt dir so viel daran, ins ‚Red Lantern‘ zurückzukehren? Du wirst dort keine rosige Zukunft haben, und das weißt du. Ich habe mich bei Jake dafür eingesetzt, dass du in der Firma arbeiten kannst, also enttäusche mich jetzt bitte nicht.«
Offenbar hatte er den richtigen Ton getroffen, denn Joanna nickte kaum
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