Magnolia Haven 01 - Morgendammerung
warnenden Blick zu. »Ich denke, das sind wir ihr schuldig, nach dem, was Michael getan hat. Oder wollt ihr sie einfach so auf die Straße setzen? Am Ende läuft sie noch zur Polizei und zeigt Michael an und dann haben wir hier einen riesigen Ärger.«
»Ich glaube nicht, dass sie das tun würde«, murmelte Jake.
»Trotzdem, ich finde, wir sollten uns großzügig zeigen und etwas für sie tun – ich fühle mich da auch ein bisschen persönlich verpflichtet, schließlich habe ich sie hierher geholt.«
Olivia presste verärgert die Lippen zusammen, während Jake müde den Kopf in die Hände stützte.
Er wusste, dass es besser wäre, wenn er diesen Vorschlag ablehnen und Joanna gehen würde. Es würde ihm das Herz zerreißen, aber es war der einzige Weg, wie er sein Problem lösen konnte. Solange sie in seiner Nähe war, würde er nicht aufhören, sich nach ihr zu sehnen, das wusste er inzwischen mit erschreckender Sicherheit. Doch andererseits brachte er es nicht fertig, sie einfach wegzuschicken, und schon gar nicht in eine ungewisse Zukunft.
Eine Weile haderte er mit sich, überlegte, ob es nicht eine andere Möglichkeit gäbe.
Schließlich nickte er resigniert. »In Ordnung, ich lasse sie in der Firma arbeiten. Henry Miller soll sie unter seine Fittiche nehmen und ihr alles zeigen. Sie kann hierbleiben – sofern sie das überhaupt noch möchte.«
»Ins Internat?« Michaels Stimme überschlug sich beinahe. »Ohne mich.«
»Es wird dir nichts anderes übrigbleiben«, erklärte Tom.
»Alles nur wegen dieses kleinen Miststücks«, fauchte der Junge zornig. »Dabei ist gar nichts passiert, und ich hatte ja gar nicht die Absicht, ihr irgendetwas zu tun, ich wollte sie nur ein bisschen erschrecken. Außerdem ist sie selbst Schuld, was musste sie sich auch ständig in diesem knappen Bikini da herumräkeln.«
»Das mag ja sein, aber dein Onkel Jake erwartet, dass du eine angemessene Bestrafung bekommst, und du kannst froh sein, dass du mit dem Internat davonkommst.«
Ein verächtliches Grinsen zog über Michaels Gesicht. »Jake. Der muss gerade die Klappe aufreißen, der ist doch selbst scharf auf sie. Du hättest nur mal sehen sollen, wie er sie die ganze Zeit angestarrt hat. Ich wette, die beiden haben es miteinander getrieben, nachdem ich weg war.«
In Toms kalten Augen blitzte es kurz auf. »Wie auch immer, deine Mutter und ich haben bereits ein Institut herausgesucht und konnten glücklicherweise kurzfristig einen Platz für dich bekommen. Es ist ein sehr renommiertes und angesehenes Internat, und du wirst dich dort sicher wohlfühlen. Morgen früh reist du ab.« Als Michael erneut widersprechen wollte, legte er ihm die Hände auf die Schultern und schaute ihn eindringlich an. »Hör zu, es wird nicht für lange sein, okay? Joanna wird bald verschwunden sein, und dann kannst du wieder zurückkommen. Und wenn du jetzt kein großes Theater machst, verspreche ich dir, dass du vorher noch ein wenig Spaß mit ihr haben kannst – als kleine Entschädigung gewissermaßen.«
Joanna lag auf ihrem Bett und starrte blicklos an die Decke. Obwohl sie bereits seit vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen hatte und sich völlig zerschlagen fühlte, konnte sie keine Ruhe finden.
Sie dachte an Jake, dem sie mehr Gefühle entgegenbrachte, als es gut für sie beide war.
Sie dachte an Michael, an seinen brutalen Übergriff und daran, dass sie ihm jetzt wieder jeden Tag begegnen musste.
Sie dachte an Olivia, an ihre Schikanen und Feindseligkeiten, und grübelte, wie das alles weitergehen sollte.
Plötzlich riss ein Klopfen an der Tür sie aus ihren Gedanken. Sie stand auf, drehte den Schlüssel herum und öffnete vorsichtig.
»Jake«, entfuhr es ihr überrascht, und sofort fing ihr Herz an, wie verrückt zu hämmern.
»Darf ich einen Moment hereinkommen?«, fragte er ruhig, doch sie sah ihm an, wie schwer es ihm fiel, so gelassen zu bleiben.
Sie nickte und ließ ihn vorbei, schloss dann die Tür hinter ihm und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Wir werden Michael in ein Internat geben«, begann er ohne Umschweife. »Wir sind uns einig, dass er auf keinen Fall hierbleiben kann, und wir hoffen, dass man ihm seine … seine seltsamen Anwandlungen dort austreiben kann.«
Nach einem kurzen Moment des Überlegens wurde ihr plötzlich die Tragweite dieser Entscheidung bewusst.
»Das … das heißt, ich muss Magnolia Haven verlassen?«, fragte sie erschrocken, und schwankte dabei zwischen Erleichterung und Panik.
Der
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