Magnolia Haven 01 - Morgendammerung
eine Ausbildung in der Firma und ich möchte, dass sie anschließend in der Lage ist, irgendwo Fuß zu fassen. Sie ist mittellos und hat sonst niemanden, und ich fühle mich in gewissem Maße verantwortlich für sie.«
Phillip betrachtete prüfend sein angespanntes Gesicht. »Bist du sicher, dass es tatsächlich
das
ist, was du willst?«
»Was? Wie meinst du das?«, fragte Jake irritiert.
»Komm schon, ich kenne dich jetzt so viele Jahre – du brauchst mir nichts vorzumachen. Es geht dir in Wirklichkeit doch gar nicht um eine finanzielle Absicherung, oder? Als ich dich in Virginia Beach besucht habe, war nicht zu übersehen, dass du dich zu ihr hingezogen fühlst.«
Abwehrend hob Jake die Hände. »Sie ist erst siebzehn«, sagte er schroff.
»Spielt das eine Rolle?«
»Was ist denn das für eine Frage?«, knurrte Jake. »Klar spielt das eine Rolle, das solltest du als Anwalt ja wohl am besten wissen.«
»Sicher, was das Gesetz anbelangt, weiß ich das natürlich. Ansonsten bin ich der Meinung, dass es unwichtig ist, ob sie siebzehn oder siebzig ist. Sofern sie sich aus freien Stücken mit dir einlässt – und soweit ich das beurteilen konnte, erwidert sie deine Zuneigung – hast du keinen Grund, dir irgendwelche Vorwürfe zu machen.«
Entgeistert starrte Jake ihn an. »Willst du mir damit etwa sagen, dass es in Ordnung wäre, wenn ich eine Beziehung mit ihr anfange?«
»Was wäre daran so schlimm?«
Jake sprang auf. »Phillip, es gibt Gründe, warum es diese Verbote gibt.«
»Jetzt beruhige dich mal wieder«, beschwichtigte Phillip ihn. »Ja, es gibt Gründe, warum es diese Gesetze gibt, und es ist auch gut, dass es sie gibt. Allerdings darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass Tennessee einer der wenigen Bundesstaaten ist, in denen die Schutzaltersgrenze bei achtzehn liegt. In anderen Staaten liegt sie bei siebzehn oder sogar bei sechzehn. Was also bei uns verboten ist, ist ein paar Meilen weiter erlaubt. Unabhängig davon bin ich persönlich der Meinung, dass man diese Sachen nicht an einer Zahl festmachen kann. Geistige und körperliche Reife hat nicht unbedingt etwas mit dem Alter zu tun, das weißt du so gut wie ich.« Jake wollte ihn unterbrechen, aber er hob die Hand und fuhr fort: »Versteh mich nicht falsch, ich bin der Letzte, der irgendwelche Übergriffe propagieren und gutheißen würde, im Gegenteil, ich hätte nichts gegen härtere Strafen einzuwenden. Doch in deinem Fall liegen die Dinge ja wohl ein wenig anders, es geht schließlich nicht darum, dass du sie benutzen willst, um deine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Du hast Gefühle für sie, und sie ganz offenbar auch für dich, ich kann darin nichts Verwerfliches sehen.«
»Herrje, ja«, sagte Jake händeringend. »Trotzdem … ich bin mir über meine Gefühle im Klaren, aber ist sie das ebenfalls? Vielleicht verwechselt sie Zuneigung mit Dankbarkeit, vielleicht glaubt sie lediglich, in mich verliebt zu sein, weil sie sich alleine fühlt. Sie ist viel zu jung, um das beurteilen zu können, und genau deswegen steht sie unter dem Schutz des Gesetzes. Ich wäre ein Schwein, wenn ich ihre Unerfahrenheit ausnutzen würde.« Unruhig lief er hin und her. »Ich habe mich sowieso schon zu Dingen hinreißen lassen, die ich niemals hätte tun dürfen, und du kannst mir glauben, dass ich mich deshalb mehr als schlecht fühle. Und jetzt kommst du und willst mir einreden, dass es egal ist?«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie nicht weiß, was sie tut«, erklärte Phillip ruhig. »Abgesehen davon, dass sie mir wesentlich reifer und vernünftiger vorkam als manche Frauen in unserem Alter, habe ich gesehen, wie sie dich angeschaut hat. Sie hat es genossen für dich zu kochen, es macht ihr Spaß, dich zu umsorgen, sie weiß sogar, wie du deinen Kaffee trinkst. Glaub mir, sie ist sich sehr wohl im Klaren darüber, was sie für dich empfindet.«
»Würdest du genauso reden, wenn sie deine Tochter wäre?«, fragte Jake aufgebracht.
»Da ich weiß, dass du kein Mann bist, der mit ihr spielen oder sie ausnutzen würde – ja.«
Verstört ließ Jake sich wieder auf die Couch sinken. »Du rätst mir also ernsthaft dazu, dass ich meinen Gefühlen nachgeben soll? Rechnest du dir vielleicht im Stillen schon aus, wie hoch dein Honorar sein wird, wenn du mich vor Gericht verteidigen musst?«
Sein Ton war trocken, doch Phillip sah ihm deutlich an, wie sehr ihm seine Zweifel zu schaffen machten.
»Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter«,
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