Magnolia Steel – Hexennebel
halb so wild. Wir nähen ihn wieder an.«
»Annähen? Wir werden ihn unter den blöden Dielen niemals wiederfinden und Elon …« Jetzt schniefte Jörna endgültig los.
Sofort lag Magnolia auf den Knien und versuchte, den blöden Knopf zu erspähen. Fehlanzeige. Er war irgendwo im Fußboden verschwunden. Sie versuchte es mit dem Magnetismuszauber, obwohl sie wusste, dass der nur wirkte, wenn man die Dinge, die man heranziehen wollte, sehen konnte. Natürlich ohne Erfolg.
»Nicht weinen!«, versuchte sie Jörna zu trösten. »Davon bekommst du bloß rote, dicke Augen.«
Dann hatte sie eine Idee. »Warte hier! Tante Linette hat in ihrem Schlafzimmer eine Beißschnalle. Die wird sie uns sicher ausleihen.«
Sofort hörte Jörna auf zu schniefen. »Eine Beißschnalle?«, fragte sie hoffnungsvoll. »Ist die auch nicht zu groß?«
»Ach was, es wird schon gehen.«
Magnolia sauste ein Stockwerk tiefer in Tante Linettes Zimmer. Hier sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Schubladen und Schranktüren standen offen, und der Inhalt ihrer Schmuckschatulle lag achtlos ausgeschüttet auf ihrem Bett. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich sehr sorgfältig zurechtgemacht hatte. Außerdem erleichterte esdie Suche nach der Beißschnalle ganz ungemein. Unter Krötenringen, Strumpfbändern und einem Haufen Armreifen entdeckte Magnolia das gute Stück. Sie hatte die Form einer kleinen Schlange, und als Magnolia sie berührte, bewegte sie sich. Man musste sie dicht hinter dem Kopf packen, so, wie man es bei Schlangen tat, um zu verhindern, dass sie sich in ihrem eigenen Schwanz verbissen, bevor man sie an der Hose befestigt hatte. Denn hatte die Beißschnalle erst einmal zugebissen, ließ sie sich nur schwer überreden, wieder loszulassen.
Die Mädchen hatten Glück. Völlig problemlos ließ sich die Schnalle durch das Knopfloch fädeln. Der Schlangenschwanz krümmte sich wie ein Haken, und der Kopf verbiss sich auf der anderen Seite mit dem Hosenbund. Einen sichereren Verschluss konnte es nicht geben.
»Und wenn ich mal zum Klo muss?«, fragte Jörna, nachdem die Schnalle zugebissen hatte.
»Versuch es mit Niespulver«, schlug Magnolia vor und drückte Jörna ein Tütchen davon in die Hand. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie damit ihren Schreibtisch gesichert. Sie war es leid gewesen, jedes Stück Schokolade mit Jeppe teilen zu müssen. Sein lautes Niesen hatte ihn eines Tages verraten, und Magnolia dachte noch heute mit Vergnügen an die kleine Prügelei, aus der Jeppe nur als Zweitbester hervorgegangen war.
Dann war es an der Zeit, sich auf den Weg zu machen. Schließlich wollten die Mädchen einen guten Platz haben und sich die Parade aus nächster Nähe ansehen. Da es sich um eine offizielle Veranstaltung handelte, wurde auch von den Junghexen erwartet, dass sie in Hut und Mantel erschienen. Hüte und Mäntel der Hexen waren etwas ganz Besonderes. Sie wurden eigens für ihre Trägerinnen angefertigt und waren so verschieden wie die Hexen selbst. Magnolias Mantel vereinte die Farben der Wäscherin am Fluss, so nannte man eine Banshee, mit den Farben der Windsbraut. Von außen graublau, schimmerte das Mantelfutter wie flüssige Lava. Jörnas Mantel war der einer Kaminhexe. Tomatenrot mit schwarzem Hut.
»Ich bin froh, wenn wir die Dinger wieder ausziehen können!«, stöhnte Jörna. »Cool geht irgendwie anders, finde ich.«
Die Mädchen wollten gerade den Turm verlassen, als das miese Krächzen einer Sumpfhexe den Raum erfüllte. »Alles raus hier! Hähähä! Alles raus hier! Hähähä! Alles …« In Magnolias Kristallkugel kräuselten sich weiße Nebelschwaden.
»Was für ein blöder Klingelton«, brummte Jörna.
Magnolia zuckte verlegen mit den Schultern. Sie musste sich wirklich etwas Neues zulegen.
Neugierig traten die Mädchen vor die Kristallkugel und waren erstaunt, Rondas blasses Gesicht darin zu sehen. Die Spitze ihres Zauberstabs leuchtete wie eine Taschenlampe, und sie bemühte sich sichtlich, die Verbindung zur Kristallkugel aufrechtzuerhalten.
»Bin ich froh, dass ihr noch da seid!«, piepste sie. »Ich habe es schon überall versucht, aber es scheint niemand mehr zu Hause zu sein.«
»Sind wir so spät dran?«, staunte Jörna. Magnolia beachtete sie nicht. Das Bild in der Kugel flackerte verdächtig, als würde die Verbindung jeden Augenblick zusammenbrechen.
»Was ist los?«, fragte sie beunruhigt.
Wieder zuckte Rondas Bild, und ihre Worte erreichten sie nur in Fetzen. »Nemo
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