Magnolia Steel – Hexennebel
nicht einmal rot.
»Und?«
»Und was?« Fragend sah Magnolia Birte an.
»Habt ihr …«
Magnolia stöhnte. Jetzt wurde ihr diese Fragerei doch zu viel, außerdem bekam sie rote Ohren. Zum Glück betrat Frau Mümmel in diesem Augenblick das Klassenzimmer.
»Attention please!«, rief sie und klatschte in die Hände.
Sechzehntes Kapitel
Der Kamm der Undine
Nach Schulschluss legte Magnolia einen kurzen Sprint zu den Fahrradständern hin, um Birtes und Merles neugierigen Fragen zu entkommen, und stand schon fünf Minuten später im Geschäft von Meister Schnuck.
Der Laden erfreute sich noch immer größter Beliebtheit, und auch heute gaben sich die Kunden die Klinke in die Hand. Der Professor hatte inzwischen noch eine zweite Aushilfe eingestellt, um dem Ansturm Herr zu werden. Sie hieß Frau Pellgrim und hatte ihr Leben lang als Verkäuferin gearbeitet. Frau Pellgrim ließ keinen Zweifel daran, dass sie als Fachfrau wusste, wie man so ein Geschäft zu führen hatte, und Magnolia nichts weiter war als eine kleine dumme Aushilfe. An allem, was sie tat, hatte Frau Pellgrim etwas auszusetzen. Mal staubte sie die Regale nicht gründlich genug ab, dann unterhielt sie sich zu lange mit einem Kunden, oder in der Kasse fehlten abends ein paar Cent, was dann prompt Magnolias Schuld war.
Meister Schnuck schien sich für derartiges Geplänkel nicht zu interessieren. Er verbrachte die meiste Zeit in seinem Labor und erfand neue Parfüms.
Als Magnolia an diesem Mittag den Laden betrat, saß er jedoch oben auf der Galerie und las in den alten Grimoires.
»Magnolia!«, rief er, kaum dass sie ihren Rucksack hinter den Tresengestellt hatte. »Komm rauf. Es gibt hier etwas, das …« Seine Stimme verrutschte und klang plötzlich tief und gefährlich. Meister Schnuck schien vor sich selbst zu erschrecken, denn er legte schnell die Hand vor den Mund und räusperte sich energisch. Magnolia runzelte die Stirn. Wenn die Sache mit den Ticks schlimmer wurde, musste er unbedingt einen Arzt aufsuchen. Vielleicht konnte sie ihm sogar einen Termin bei Tante Linette besorgen.
»Das könnte dich interessieren!«, rief er mitten in ihre Gedanken hinein. »Schau dir an, was mir ein Freund heute Morgen geschickt hat.«
Eifrig wie ein kleiner Junge schlug der Professor ein grünes Seidentuch auf und schaute Magnolia erwartungsvoll an. »Und?«, fragte er.
Vor Magnolia lag ein seltsam geformtes goldenes Etwas. Es sah aus wie eine Muschel und hatte Zinken aus feinen Fischgräten.
»Ist das ein Kamm?«, fragte sie unsicher.
Meister Schnuck gluckste. »Alle Achtung! Du hast es erkannt. Der Kamm, den du hier vor dir siehst, ist der Kamm einer Undine.«
Magnolia war beeindruckt. Ihr Chef schien wirklich ein Händchen für sagenhafte Schätze zu haben.
»Na los, probier ihn aus. Solch eine Chance bekommst du nie wieder.« Erneut verrutschte Meister Schnucks Stimme und klang für einen klitzekleinen Moment wie das Knurren eines hungrigen Raubtiers.
Eigentlich verspürte Magnolia wenig Verlangen, sich mit diesen eigenartigen Fischgräten die Haare zu kämmen. Doch sie wollte ihren Chef nicht enttäuschen.
Voller Respekt nahm sie den Kamm in ihre Hand und fuhr sich damit vorsichtig durch die Haare. Es fühlte sich relativ normal an, wenn man einmal davon absah, dass es natürlich ein ekliges Gefühl war, sich mit Fischgräten die Haare zu kämmen. Sie setzte den Kamm gerade das zweite Mal an, da passierte es!
Er blieb in ihren Haaren stecken. Erschrocken schrie Magnolia auf. Es fühlte sich an, als würden die Gräten plötzlich lebendig. Wie die Beine eines Tausendfüßlers krallten sie sich in ihre Haare und ließen nicht mehr los. Panisch riss Magnolia an dem Kamm. Für einen Moment hatte sie den Eindruck, als würde Meister Schnuck geradezu boshaft zuschauen. Doch dann wurde sein Blick besorgt. »Warte. Ich werde dir helfen«, murmelte er.
Aber auch er hatte Mühe, den Kamm zu lösen. Und als es ihm schließlich gelang, hing ein ganzes Büschel von Magnolias Haaren darin.
Meister Schnuck wirkte sehr verlegen. »Tut mir leid. Es war voreilig von mir, dir zur Benutzung dieses Kammes zu raten. Bei magischen Dingen kann man einfach nicht vorhersehen, was geschieht, wenn man sie gebraucht.«
»Halb so schlimm«, winkte Magnolia ab. Sie war heilfroh, das grässliche Ding los zu sein.
»Nein, nein! Ich mache es wieder gut. Ich werde … ich werde dir das Parfüm, das du gestern kaufen wolltest, schenken. Eine extra große Flasche. Du
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