Magnolia Steel – Hexennebel
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He, kleine Hexe. War echt schön gestern. Werde den ganzen Abend an dich denken, während ich meinen Verwandten vorgeführt werde. Freue mich umso mehr auf morgen. Wir sehen uns in der Schule. XX
Na toll. Magnolia warf ihr Handy aufs Bett. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihr nicht ausgerechnet Jeppe Gesellschaft leisten wollte.
Missmutig stapfte sie in die Küche hinunter und trank ein Glas Milch. Tante Linette war nirgends zu sehen, und Magnolia machte sich auf die Suche nach ihr. Vor der Haustür blieb sie stehen. Der Regen rauschte nur so aus den Wolken, und die drei Spinnerinnen hatten die Ponys bereits angespannt. Die Zahl derer, die gekommen waren, um ihnen zum Abschied noch einmal zuzuwinken, hielt sich in Grenzen.
Tante Linette kam durch den Garten auf sie zu und schüttelte unter dem Reetdach ihren Hexenhut kräftig aus.
»So ein Wetter«, schimpfte sie. »Aber ich glaube, die Spinnerinnen sind bereit. Ich werde nur noch meinen Besen holen, und dann kann es losgehen.«
Sie pfiff auf zwei Fingern, und Hugin kam aus dem Schrank geschossen.
»Dann bis bald, Schätzchen«, sagte Linette. »Und keine Dummheiten, wilde Partys oder Ähnliches. Verstanden?«
»Logisch, Tante Linette.«
»Ach ja, und verriegele das Haus und schließe die Fensterläden. Mir ist nicht ganz wohl, wenn ich an den Unterirdischen denke.«
Milauro. An den hatte Magnolia überhaupt nicht mehr gedacht. Sie würde das Haus verrammeln und verriegeln, so viel war klar.
»Und wie gesagt, Jeppe wird ein Auge auf dich haben.«
»Bloß nicht!«, winkte Magnolia ab. »Ich schaff das schon.«
»Na gut.« Linette schnappte sich ihren Besen und saß wenig später neben Columbina auf dem Kutschbock. Die läutete zum Abschied noch einmal die große Glocke und bimmelnd und winkend fuhren die drei Spinnerinnen wieder fort.
Magnolia sah ihnen noch eine Weile nach und ging dann zurück ins Haus. Sie suchte nach etwas zu essen und setzte sich damit im Wohnzimmer neben den dicken Ofen, um in aller Ruhe ein Buch über Baumgeister zu lesen, das sie in Tante Linettes Bibliothek gefunden hatte.
Es war unglaublich, wie viele Bäume von Geistern bewohnt wurden. Die höchste Dichte an Geisterwesen fand sich übrigens im Holunderbusch. Gefolgt von Haselnuss und Erle.
Obwohl sie das Thema interessierte, konnte Magnolia sich nicht richtig konzentrieren, und schon bald legte sie das Buch wieder beiseite. Es fühlte sich seltsam an, so allein im Haus zu sein, wenn man Gesellschaft gewohnt war. Ohne es zu wollen, nahm sie Geräusche wahr, die ihr sonst nie besonders aufgefallen waren. Das Knacken der Holzscheite im Ofen. Das Ticken der alten Standuhr in der Diele und das leise Schlagen eines losen Fensterladens, wenn eine Windböe hineingriff.
Auf einmal fühlte Magnolia sich beobachtet. Ein unangenehmes Gefühl, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Beunruhigt trat sie ans Fenster und sah in den regennassen Garten hinaus. Es wurde schon fast wieder dunkel. Ihr Gesicht spiegelte sich in der Fensterscheibe, undMagnolia musste unwillkürlich an Milauro denken. Blitzschnell machte sie sämtliche Fensterläden im Haus zu, verschloss die Haustür und legte auch einen Riegel vor die beiden Türen des Bauernschranks. Sollte Jeppe doch jemand anderem auf die Nerven gehen. Seine Gruselgeschichten waren wirklich das Letzte, was sie heute Abend gebrauchen konnte. Danach fühlte sie sich einigermaßen sicher. Sie zündete die Lampen im Haus an und kehrte mit einer Tasse Tee zu ihrem Platz am Ofen zurück. Nun, da das Haus verschlossen war, fiel es ihr nicht mehr schwer, sich in ihr Buch zu vertiefen.
Magnolia konnte nicht sagen, wie lange sie gelesen hatte. Ihr Tee war darüber kalt geworden, als es unerwartet und laut an der Haustür klopfte. Erschrocken fuhr sie zusammen. Es klopfte erneut, und ihr blieb nichts anderes übrig, als nachzusehen, wer bei diesem Wetter hier rausgekommen war. Neugierig öffnete sie ein winziges Fenster und spähte hinaus. Professor Schnuck stand im Mantel und mit hochgeschlagenem Kragen vor der Tür und lächelte sie an.
»Hallo, Magnolia«, begrüßte er sie und hielt eine kleine Tüte in die Höhe. »Rate mal, was ich hier habe.«
»Oh!«, sagte Magnolia und überlegte im selben Moment, wie er ganz ohne Auto bei diesem Wetter hergekommen war.
»Sie bringen mir mein Parfüm?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
»Richtig.« Meister Schnuck sah sie abwartend an. »Ich würde es dir gerne geben, aber
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