Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
neumodischer Kram, sondern eine Erfindung aus dem letzten Jahrtausend. Wünsch dir doch ein Handy zu Weihnachten. Es ist unbegreiflich, wie ihr ohne auskommt, in einer Zeit in der die wichtigsten Nachrichten per SMS ausgetauscht werden.«
»Hallo, Frau Kater«, grüßte Birte, als sie ins Wohnzimmer kamen, und ließ sich ohne Umstände in den Ohrensessel fallen.
»Meinetwegen hättest du dir den Weg sparen können«, grinste Magnolia schief, »denn ich ahne, weshalb du hier bist. Der Unterricht fängt wieder an, oder?«
»Stimmt! Herr Gregorius kann es kaum erwarten. Morgen früh Punkt acht Uhr geht die Schinderei wieder los.«
»Vielen Dank, dass du dich extra auf den Weg gemacht hast, um mir diese frohe Botschaft zu bringen. Bist ‘ne echte Freundin.«
Birte grinste. »Frau Mümmel hat mich geschickt. Sie hat bei uns angerufen und gefragt, ob es mir etwas ausmacht, bei dirvorbeizufahren. Konnte ich da nein sagen?« Magnolia verzog das Gesicht. »Na, na, na«, lachte Birte. »Wer wird denn so grimmig gucken? Think positive – wie Frau Mümmel so schön sagt. Schule bedeutet schließlich nicht nur Schinderei, sondern auch Leander!«
Leander … In den letzten Tagen hatte Magnolia nicht einen einzigen Augenblick an ihn gedacht, aber das ließ sich ja nachholen. Sie hob den Daumen und lachte. »Super!«
»Es gibt übrigens noch eine Neuigkeit, die dich interessieren wird.«
»Und die wäre?«
»Samantha ist wieder da.« Birte machte eine genüssliche Pause, um die Neuigkeit gebührend wirken zu lassen.
Magnolia tat ihr den Gefallen. »Wieder da?«, wiederholte sie daher dümmlich.
»Die Polizei hatte recht. Sie ist einfach von zu Hause abgehauen, um in Paris eine Prêt-à-porter-Modenschau für Karl Lagerfeld zu laufen.«
»Oh, für Karl Lagerfeld.« Magnolia musste sich auf die Zunge beißen, um nicht laut herauszulachen. »Hätte ich ihr gar nicht zugetraut.«
»Sie gibt jetzt noch tausend Mal mehr an als vorher, du wirst es erleben.«
Am nächsten Morgen machte sich Magnolia leise fluchend auf den Weg zur Schule. Tante Linette ließ sie wieder alleine fahren. Leider reichte das nicht aus, um ihre schlechte Laune zu vertreiben. Dr. Gregorius hätte schon ein Einsehen haben können. Was machte es schon aus, wenn seine Schüler ein paar popelige Unterrichtsstunden versäumten? – Davon würde das Abendland sicher nicht untergehen.
Dick eingepackt und noch immer grummelnd radelte Magnolia Rauschwald entgegen. Dann die Überraschung! Was der Gedankean Schulbesuche ohne Tante Linette nicht geschafft hatte, das gelang Anatol Tott mühelos. Magnolias schlechte Laune war wie weggeblasen, als sie an seinem Laden vorbeifuhr. Räumungsverkauf stand in fetten Buchstaben auf einem gelben Schild im Schaufenster des Andenkenladens. Magnolia grinste von einem Ohr bis zum anderen. Sie hatte mitbekommen, wie eindringlich die Zwerge Anatol Tott geraten hatten, seinen Laden aufzugeben und Rauschwald zu verlassen.
Magnolia grinste noch immer, als sie die Schule erreichte. Dann war mit der guten Laune allerdings Schluss, denn Birte hatte recht …
Bereits auf dem Flur war Samanthas glockenhelle Stimme zu hören. »Es war fantastisch! Stellt euch vor, Kate Moss hat mich auf ihre Party eingeladen. Da habe ich natürlich alle Topmodels kennengelernt, die Rang und Namen haben. Karl hat mir persönlich gratuliert und gesagt, dass ich unheimlich viel Talent habe. Der Babyspeck muss natürlich noch weg, das sagt Naomi übrigens auch, aber dafür bin ich noch so beneidenswert jung, sagt sie.«
»Welcher Babyspeck? Du bist doch nur noch Haut und Knochen und siehst irgendwie … lädiert aus.« Magnolia konnte sich diese Spitze nicht verkneifen.
»Natürlich, die Stahlmagnolie räuspert sich auch wieder. Hab ich gesagt: ›Mülleimer, mach den Deckel auf?‹ Also halt gefälligst die Klappe!« Ein paar Mädchen kicherten und Samantha nahm den Faden wieder auf.
»Wir haben natürlich schon die Sommerkollektion vorgeführt. Stellt euch vor, draußen so richtiges ekelhaftes Matschwetter und wir drinnen bei Cocktails und karibischem Flair.«
»Du hättest ruhig noch ein bisschen da bleiben sollen«, bemerkte Magnolia trocken.
»Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen«, seufzte Stefanie und himmelte die Freundin durch funkelnde Brillengläser an.
»Wetten nicht?«, sagte Magnolia leise und ließ sich auf ihren Stuhl fallen. Sie hätte ihre Tante für die gute Tat der neuen Erinnerung in den Hintern treten können. Samantha war
Weitere Kostenlose Bücher