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Magnus Jonson 01 - Fluch

Titel: Magnus Jonson 01 - Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Ingileif zu suchen. Er bog rechts ab nach Fluðir.

    Pétur konnte den Þingvellir-See in der Dämmerung vor sich kaum ausmachen. Es war etwas über eine Woche her, dass er zum letzten Mal hier gewesen war. Eine Woche, in der viel geschehen war. In der er die Übersicht verloren hatte.
    Alles war an jenem Tag vor siebzehn Jahren zerstört worden, als sein Vater zu Tode gestürzt war. Seitdem hatte sein gesamtes Leben aus nichts anderem als Schadensbegrenzung bestanden.
    Pétur hatte versucht, Abstand zu gewinnen: von der ganzenSache mit der Gauk-Saga, von seiner Familie, von Island. In gewissem Umfang hatte das geklappt, auch wenn er den Tod seines Vaters nicht aus seinem Herzen, seiner Seele tilgen konnte. Jeden Tag dachte er daran. Seit siebzehn Jahren dachte er jeden verfluchten Tag daran.
    Doch er hatte sich auf gewisse Weise in der Trübsal eingerichtet, bis Inga die Sache mit der Saga erneut aufgerollt hatte. Pétur hatte seine Schwester gebeten, sie solle sie nicht verkaufen. Er hätte stärker auf sie einwirken sollen, viel stärker. Ingas und Agnars Versicherungen, man könne den Verkauf geheim halten, hatten ihn nie überzeugt.
    Es war alles Ingas Schuld.
    Pétur war nervös angesichts des Treffens mit ihr. Er wollte ihr alles erklären, sie sollte es verstehen. Er wusste, dass sie zu ihm aufsah, zu dem zuverlässigen großen Bruder. Deshalb war sie auch so wütend auf ihn gewesen, als er sie, ihre Mutter und den Rest der Familie im Stich ließ. Vielleicht würde sie verstehen, warum er Sigursteinn umgebracht hatte. Dieser Mann hatte den Tod verdient nach allem, was er Birna angetan hatte.
    Das mit Agnar würde schwerer zu erklären sein. Hákon ebenfalls. Aber Pétur hatte keine Wahl gehabt. Es gab keinen anderen Ausweg. Inga war klug, sie würde das begreifen.
    Er verlor die Kontrolle. Bei Agnar hatte er seine Spuren gut verwischt. Bei Hákon nicht so gut. Und bei Inga?
    Er hoffte bei Gott, dass sie verstehen würde. Dass sie den Mund halten würde. Denn wenn sie es nicht täte ... Was dann?
    Pétur tastete nach dem Ring in seiner Tasche. Er verspürte das plötzliche Bedürfnis, ihn zu betrachten, fuhr an den Straßenrand und stellte den Motor aus.
    Stille. Zu seiner Rechten war der See, ein tiefes Grau. Wolken verhüllten die Insel in der Mitte, von den Bergen auf der anderen Seite war gar nichts zu sehen. In der Ferne hörte Pétur ein Auto, das immer näher kam. Mit einem Luftzug zischte es an ihm vorbei und wurde dann wieder kleiner.
    Erneut Stille.
    Er musterte den Ring. Hákon hatte ihn sehr gut gepflegt. Er sah nicht aus, als sei er tausend Jahre alt, aber das merkte man bei Gold nicht unbedingt. Pétur schielte auf den Innenrand. Er konnte den Umriss von Runen ausmachen. Was sollte da noch mal stehen? Andwaranautur. Der Ring von Andwari.
    Der Ring. Dies war der Ring, der seine Familie zerstört hatte. Seit Högni ihn gefunden hatte, waren sie verdammt.
    Sein Vater war von ihm besessen gewesen und durch ihn zu Tode gekommen. Für kurze Zeit war Pétur in seinen Bann geraten, bis er ihn wortwörtlich hinter sich gelassen hatte. Agnar und der amerikanische Herr der Ringe -Fan wurden von ihm beherrscht, Hákon ebenfalls. Nein, Hákon war besessen gewesen, wie vom Teufel.
    Nur sein Großvater Högni hatte den Mut gehabt, den Ring dorthin zu bringen, wo er hingehörte. Außer Reichweite von Menschen.
    Sein ganzes Leben lang hatte Pétur gegen die Macht des Rings gekämpft. Er sollte sich den Tatsachen stellen. Er hatte verloren. Der Ring hatte gewonnen.
    Pétur schob ihn auf seinen Finger.
    Wenn Inga sich weigerte, den Mund zu halten, würde sie sterben müssen. Mehr gab es dazu nicht zu sagen.
    Pétur sah auf die Uhr. Noch eine Stunde. Er legte in seinem BMW den Gang ein und fuhr dem Treffen mit seiner Schwester entgegen.

    Magnus raste nach Fluðir. Die Auffahrt von Ingileifs Haus war leer. Er sprang aus dem Wagen und drückte auf die Klingel. Nichts. Er trat einen Schritt zurück und prüfte die Fenster. Kein Lebenszeichen. Es war ein düsterer Tag, wenn jemand im Haus wäre, hätte wenigstens Licht brennen müssen.
    Verflucht! Wo zum Teufel war sie bloß?
    Magnus sah sich um, wartete auf eine Eingebung. Ein alterMann in Latzhose und Schiebermütze hantierte im Nachbargarten herum.
    Magnus winkte ihm zu. »Guten Morgen!«
    »Guten Tag«, verbesserte ihn der Mann.
    »Hast du Ingileif gesehen?« Magnus ging davon aus, dass ein Nachbar in einem Dorf von der Größe Fluðirs wusste, wer Ingileif war,

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