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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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bäuerlichen Kalender. Zum ersten Mal, seit Sindri den Hof mit sechzehn Jahren verlassen hatte, war er nun wieder dabei, und er wurde von vielen Erinnerungen heimgesucht.
    Von seinem vierzehnten Lebensjahr an war er selber dreimal als Treiber dabei gewesen. Die ersten beiden Male war er sehr aufgeregt, als er seinem Vater und den Nachbarn auf dem Pferd übers Moor folgte und nach Mutterschafen und Lämmern Ausschau hielt. Das dritte Mal war eine Katastrophe gewesen. Das Wetter war schlecht, er hatte sich in der letzten Nacht in einer Hütte furchtbar betrunken, und sein Vater hatte ihn angeschrien, weil er beim Treiben nicht den vollen Einsatz gezeigt hatte.
    Zwei Wochen später war Sindri nach Reykjavík ausgerissen. Musik, Drogen und Alkohol, und später in London dann noch
mehr Drogen und Alkohol. Sein Vater hatte sich zutiefst enttäuscht von ihm abgewandt und blieb unnachgiebig. Mit zwanzig war Sindri der charismatische Leadsänger der Band Devastation, deren anarchisches Geschrei es bis auf Platz zwei der britischen Charts schaffte. In seinem Heimatland und dem Rest Europas galt die Gruppe als Sensation.
    Doch der Erfolg dauerte nicht mal ein Jahr. Durch das Geld war der Nachschub an Drogen stets gesichert. Die Songs verloren auch den letzten Anschein einer Melodie, und Sindri musste schließlich nach Reykjavík zurückkehren.
    Er büßte ein Jahrzehnt seines Lebens ein. Irgendwann konnte er sich doch noch zusammenreißen und bekam eine feste Stelle in einer Fischfabrik. Er kanalisierte sein Bedürfnis nach Rebellion und richtete es auf ein anderes Ziel. Sindri schloss sich isländischen Umweltschutzorganisationen an, die gegen die Ausbeutung der Landschaft zugunsten wirtschaftlichen Profits protestierten. Er verfasste ein Buch, Der Tod des Kapitals , in dem er das simple, harte Leben des isländischen Bauern, der seine Ressourcen schützt und im Einklang mit der Natur lebt, der Ausbeutung durch die städtischen Schreibtisch-Kapitalisten gegenüberstellte, die die Ressourcen vergeuden und die Natur zerstören. Seine These lautete: Das Kapital vergewaltigt die Welt um sich herum.
    Das Buch war ein großer Erfolg in Deutschland, und Sindri bekam noch mal ein wenig Geld. Doch in Wahrheit war Sindri der Hof seiner Kindheit mittlerweile ebenso fremd wie den Kapitalisten, die er beschimpfte.
    Sindri ließ den Blick über die vertrauten Hügel schweifen, die gold und braun in der Septembersonne leuchteten. Der Himmel war von einem weichen Blassblau, betupft mit unbeschwerten weißen Flocken. Reiter und Hunde schwärmten um die riesige Schafherde aus und trieben die Tiere auf die Pferche der Gemeinde zu. Sindri erblickte seine jüngste Nichte, die zehnjährige Frída. Sie hüpfte aufgeregt, weil sie ihr Lieblingslämmchen bald wiedersehen würde.

    Es war schön, das kleine Mädchen so glücklich zu sehen. Sie hatte im letzten Jahr viel mitmachen müssen.
    Sindri seufzte. Frída würde mit ihrem Lämmchen nicht sehr lange wiedervereint sein.
    Nach dem Tod des Vaters hatte Sindris jüngerer Bruder Matti den Hof der Familie übernommen. Drei Jahre lang hatte er Geld an der Börse angelegt. Mit erstaunlichem Erfolg, zumindest anfangs. Er konnte seinen Einsatz verdreifachen. Es ging ganz leicht.
    Matti belieh den Hof bei der Bank und schoss noch mehr Geld nach. Verdoppelte seinen Einsatz. Kaufte einen neuen Land Cruiser und ging mit der ganzen Familie in Afrika auf Safari. Investierte noch mehr Geld. Mit seinem neu erworbenen Fachwissen machte Matti die Ódinsbanki als vielversprechendste Bank aus. Als die Preise fielen, witterte Matti darin seine Chance und steckte all seine Gewinne in Bankaktien.
    Und dann ging auf einmal alles ganz furchtbar schief.
    Matti hatte seiner Frau Freyja nie etwas von seinen Geschäften erzählt. Sicher, sie wusste, dass er einen Teil der Ersparnisse an der Börse einsetzte, und sie wusste auch, dass er sich Sorgen machte, weil das Geld knapp war, aber sie hatte keine Vorstellung, wie fatal die Situation tatsächlich geworden war, bis sie eines Morgens im März früh aufwachte und die andere Seite des Bettes leer vorfand. Da sie nicht wieder einschlafen konnte, war sie ihren Mann suchen gegangen. Die Hintertür hatte offen gestanden, im Schnee war eine Fußspur zu sehen gewesen.
    Sie zog sich Stiefel und Mantel an und folgte der Spur hinaus in die Dunkelheit, bis sie ihren Mann an seinem Lieblingsplatz am Fuß eines Hangs unter der Hauswiese fand, wo der Bach über Felsen in einen Teich

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