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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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täuschen?
    »Dachtest du wirklich, ich würde auf deine lächerlichen Versuche hereinfallen, mich zu bezirzen? Du hättest es besser wissen sollen. Was denkst du, wird der König der Schatten tun, wenn man versucht ihn hereinzulegen?«
    Sie wollte ihre Hand wegziehen, aber Kunun hielt sie unerbittlich fest. »Oh, Hanna, das hättest du nicht tun sollen. Und es nützt dir gar nichts, meine Liebe. Du kannst das Band zwischen mir und Réka nicht durchtrennen, indem du dich dazwischendrängst. Sie gehört mir, und heute Nachmittag werde ich zu ihr gehen und ihre Fähigkeit erneuern, mich zu finden. Was willst du ihr erzählen? Nichts wird sie dazu bringen, dir zu glauben.«
    Mit einem Ruck riss er Hanna an sich. Sie wollte lachen,
über ihn, über sich, ein verzweifeltes Lachen voller Hohn, doch wieder spürte sie seine Lippen an ihrem Hals und die Andeutung von etwas Spitzem, das ihr die Haut ritzte.
    »Du wirst es vergessen«, sagte Kunun. »Alles. Auch unser kleines Gespräch hier. Aber tief in deinem Inneren wirst du vielleicht eine Ahnung davon behalten, was es bedeutet, mich herauszufordern.«
    Es tat weh, trotzdem schrie sie nicht, und sie weinte auch nicht. Sie hing in seinem festen Griff, ohne sich zu wehren, nichts als Nacht und Finsternis um sich.

DREIUNDZWANZIG
    BUDAPEST, UNGARN
    »Was hast du mit ihr gemacht?«, schrie Mattim. »Wo wart ihr? Was hast du gemacht?«
    Kunun schob ihm eine blasse Hanna in die Arme, die aussah wie eine Schlafwandlerin. Ihre Augen und ihr Haar schienen dunkler geworden zu sein, und ihre Haut war blass, als hätte sie lange in der Finsternis gelebt, fern vom Licht der Sonne.
    Kunun schubste sie über die Fahrstuhlschwelle zu ihm hin.
    Hanna starrte Mattim an, als würde sie träumen. »Was hast du getan!«, rief er wieder und wieder. »Das durftest du nicht! Ich hasse dich!«
    »Das hier ist mein Haus«, erinnerte Kunun mit gefährlich leiser Stimme, »und ich darf hier alles. Wenn du dich um deine kleine Freundin sorgst, dann mach ihr endlich klar, dass sie hier nichts zu suchen hat. Weder dich noch sonst was. Das habe ich dir schon einmal gesagt, und wenn du es nicht fertigbringst, hast du dir die Konsequenzen selbst zuzuschreiben.«
    Hasserfüllt starrte Mattim auf seinen Bruder, der sich mit einem leisen, zufriedenen Lächeln abwandte. Die Fahrstuhltür schloss sich zwischen ihnen.
    Mattim legte den Arm um Hanna und führte sie zum Ausgang. Draußen blieb sie stehen und betrachtete lange den Löwenkopf.
    »Du wirst dich nicht daran erinnern«, sagte Mattim. »An nichts, was heute geschehen ist. An gar nichts.«

    Der kostbare Moment in seinem Zimmer. Ihr Kuss, süß und innig. All das, was er ihr erzählt hatte, von Akink und seiner Aufgabe. Ihre Begeisterung darüber, dass sie ihm vielleicht sogar helfen konnte. Alles verloren.
    Er konnte sich nicht vorstellen, Kunun jemals so gehasst zu haben.
    Der junge Mann strich Hanna übers Haar und lehnte sein Gesicht an ihre Wange. Er hasste nicht nur Kunun, er hasste sich selbst. Warum hatte er sie nicht beschützen können? Er, der goldene Prinz mit dem Schwert? Was war er wert, wenn er nicht einmal sein Mädchen beschützen konnte?
    Sie flüsterte etwas, kaum hörbar.
    »Was sagst du?«
    »Attila.« Sie hob den Kopf, unendlich müde. »Attila.«
    Mattim konnte gar nicht sagen, wie sehr er sie in diesem Moment liebte. Gerade der Lebensgefahr entronnen, dachte sie als Erstes an das Kind, für das sie verantwortlich war. »Ich muss den Jungen abholen.«
    »Du wirst zu spät kommen«, sagte er leise. »Aber vielleicht schaffen wir es sogar noch. Wir fahren mit der Metró. Komm.«
    Sie saßen nebeneinander, Hanna lehnte sich an seine Schulter. Schweigend. Er kämpfte unterdessen die Tränen nieder, kämpfte gegen das Gefühl grenzenlosen Verlusts, gegen den Drang, aufzuspringen, zum Baross tér zurückzukehren und Kunun irgendeine nutzlose Waffe in den Bauch zu rammen.
    »Woran kannst du dich als Letztes erinnern?«, fragte Mattim schließlich, den Arm immer noch um sie gelegt, die Lippen an ihrer Stirn. Sie hatte die Augen geschlossen, er dachte schon, sie schliefe. Doch sie antwortete ihm.
    »Dunkelheit«, sagte sie. »Ich fiel ins Dunkle … Wenn ich die Augen schließe, sehe ich nur Schwarz, und wenn ich sie öffne, ist es immer noch dunkel. Es ist, als wäre ich blind geworden. Ich kann immer noch sehen«, bei diesen Worten
richtete sie sich auf und blickte ihn an, in seine wolkenverhangenen Augen, »ich sehe alle diese Leute hier

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