Magyria 01 - Das Herz des Schattens
angriffen.«
»Aber es war schon Morgen!« Er stöhnte. »Warum hast du es ihm nicht gesagt?«
Mirita stützte sich schwer auf ihren Stock, um das Bein zu entlasten. »Ich habe es den anderen Hütern gesagt, als sie uns gerettet haben. Sie meinen allerdings, ich hätte mich geirrt. Es hat bereits gedämmert, also kann es nicht sein.«
»Das hättest du dem König sagen müssen!«
»Wenn schon Morrit es mir nicht geglaubt hat?«
»Die Schatten haben noch viel mehr Geheimnisse, von denen wir nichts ahnen«, meinte Mattim nachdenklich. »Wir müssen viel mehr über sie erfahren. Das ist doch wohl wichtiger als alles andere!«
»Vielleicht stellt König Farank einige Wachen dafür ab, nach den Höhlen zu sehen. Für dich ist es jedoch einfach zu gefährlich.«
»Nicht du auch noch.« In Mattims flussfarbenen Augen blitzte es wütend auf. »Glaubst du ebenfalls, ich gehöre zum Feind, nur weil ich versuche, diesen Krieg zu gewinnen? Vielen Dank!«
Selbst wenn Mirita nicht verletzt gewesen wäre, hätte sie zulassen müssen, dass er davonstürmte. Verloren stand sie in der großen Halle und humpelte mühsam zum Fenster, um sich dort auszuruhen, bevor sie ihre ganze Kraft zusammennahm, um das Schloss zu verlassen.
»Du bist Mirita?« Die Königin persönlich setzte sich neben sie auf die breite Fensterbank. Die junge Bogenschützin wurde glühend rot, als sie erkannte, welchen Pfeil die Lichtkönigin mitgebracht hatte. »Gehört er dir?«
Leugnen war zwecklos. Sie nahm den Pfeil entgegen und legte ihn neben sich, als wäre er nicht besonders wichtig. Natürlich war sie froh, ihn wiederzuhaben, aber es hätte nicht unbedingt auf diese Weise geschehen müssen.
Die Königin blieb neben ihr sitzen. »Mirita und Mattim«, sagte sie leise. »Er hat uns nie etwas erzählt.«
»Es gibt nichts, was er Euch hätte erzählen können«, versicherte Mirita schnell. Sie hielt den Kopf gesenkt und bemerkte daher Eliras Lächeln nicht.
»Immerhin hast du ihm heute das Leben gerettet.«
»Es war eher anders herum. Er hat mir das Leben gerettet. Zweimal sogar.«
»Das war er dir schuldig, nachdem er dich in Gefahr gebracht hatte.«
Mirita hob den Blick. »So war es ganz und gar nicht«, beteuerte sie. »Ich bin wie Prinz Mattim der Meinung, dass es ein paar Dinge gibt, die wir unbedingt herausfinden müssen, wenn wir verhindern wollen, dass die Schatten eines Tages hier in Akink einfallen.«
Die Königin seufzte. »Mein liebes Kind - du gestattest, dass ich dich so nenne? -, über solche Entscheidungen hat nicht Mattim zu befinden. Auch wenn er der Prinz ist. Du bist Flusshüterin und weißt, dass du Morrit zu gehorchen hast. Er ist euer Anführer. König Farank hat ihn dazu bestimmt, und das mit gutem Grund. Mattim ist viel zu jung. Wenn er uns durch sein unreifes Verhalten nicht ständig zeigen würde, dass er diesen Posten nicht verdient, hätte er ihn längst inne.«
»Vielleicht muss man manchmal Dinge tun, die man nicht darf, aus dem einfachen Grund, weil sie kein anderer tun will oder kann«, gab Mirita zurück.
Elira bedachte sie mit einem aufmerksamen Blick. »Du hältst zu ihm, was ich auch vorbringe, wie? Ganz wie es eine richtige Seelengefährtin tun würde.«
Wieder wurde die Bogenschützin rot. »Das bin ich nicht«, wisperte sie.
»Mag sein, noch nicht.« Die Königin blickte aus dem Fenster auf den breiten, blauen Fluss.
»Ein Strom aus Licht«, sagte sie leise. »Den die Schatten nie überschreiten werden. Mirita!«
»Ja, Majestät?«
»Du musst Mattim dazu bringen, damit aufzuhören. Versuch es, bitte! Auf uns hört er nicht, auf mich am wenigsten. Er darf sich nicht in Gefahr bringen. Natürlich, er ist jung und tatendurstig, und er glaubt, er könnte ganz Magyria retten, weil ihm nichts misslingen kann. Aber dem ist nicht so. Glaub mir, Kind, es kann misslingen.«
Mirita dachte an die früheren Lichtprinzen, die zu den Schatten gegangen waren, und erkannte die Angst in den Augen der Königin. »Er ist der Letzte. Verstehst du, was das heißt? Wenn wir ihn verlieren, wird es dunkel über Akink.«
»Aber wenn das, was wir herausfinden, den Krieg endgültig entscheiden würde?«
»Und wenn nicht?«, fragte Elira zurück. »Habt ihr euch auch darüber Gedanken gemacht? Was, wenn nicht? Was, wenn dieser Wolf Mattim gebissen hätte? Es fehlte so wenig, und er wäre ein blutsaugender Schatten geworden - oder gar ein Wolf.« Sie legte eine Hand auf Miritas Arm. »Wenn dir Mattim etwas bedeutet …
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