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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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schlechtes Gewissen nicht beruhigt.
    »Hast du Lust? Jetzt gleich? Oder musst du noch Hausaufgaben machen?«
    »Hab eh nicht viel auf.« Réka stürzte vor den Spiegel im Badezimmer und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Und Attila?«, rief sie. »Der kommt doch nicht etwa mit, oder?«
    »Nein, keine Sorge.« Bei dem, was sie vorhatte, konnte Hanna den Jungen am wenigsten gebrauchen. »Der spielt heute Nachmittag bei einem Freund.«
    Sie hatte alles bestens vorbereitet. Das Aufnahmegerät war bereit, sie musste es nur noch einschalten.
    »Wie«, hatte Mattim gefragt, »soll Réka es mitnehmen? In der Jackentasche? Da wird sie es finden. Und dann wird Kunun es sehen. Sie hat nicht so ein Dings - eine Handtasche?«
    Hanna hatte den Kopf geschüttelt. »Eine Handtasche? Nein. Wenn man sie dazu bringen will, etwas in der Hand zu tragen, müsste es eine Einkaufstüte sein.«
    Er hatte sie angesehen, nachdenklich, und sie wartete
darauf, ihn sagen zu hören: Wir müssen das nicht tun. Wir finden einen anderen Weg.
    Aber er hatte es nicht gesagt. Es gab keinen anderen Weg.
    Réka redete munter drauflos, während sie nach Pest fuhren. Es sprudelte nur so aus ihr heraus, von der Schule, von der Musik, die sie gerade hörte, von irgendwelchen Kinofilmen. Hanna hatte Mühe, in Gedanken nicht abzuschweifen, so sehr war sie auf das konzentriert, was sie sagen wollte. Wie sie es sagen würde, am geschicktesten, und ob es ihr gelingen würde, die Neugierde des Mädchens zu wecken.
    »Also, ich würde kein Star sein wollen«, sagte Réka gerade, »mit den ganzen Paparazzi hinter einem her, und man kann kein Wort sagen, ohne dass irgendwer es aufschreibt, und nachher lesen es alle in der Zeitung.«
    Hanna dachte an das Aufnahmegerät. Natürlich fühlte sie sich jetzt schon schuldig. Doch das musste sie nun mal aushalten. Es ist nicht nur für Mattim. Es ist auch für Réka. Es ist der einzige Weg, sie von ihm zu trennen. Du musst sie belügen, zu ihrem eigenen Besten.
    » Man braucht ein paar Geheimnisse«, sagte Hanna.
    »Genau!« Die Vierzehnjährige nickte heftig. »Jetzt würde ich dich nicht mehr bitten, uns zu fotografieren. Ich glaube, ein Geheimnis ist viel mehr wert als ein Foto.«
    »Aber zwischen Liebenden«, sagte Hanna, »gibt es keine Geheimnisse mehr. Wenn man so zusammengehört, dass niemand etwas zu verbergen hat. Wenn man alles miteinander teilt. Wenn man den anderen bis auf den Grund seiner Seele blicken lässt.«
    Réka lehnte den Kopf an ihre Schulter. »Das klingt schön.«
    Hanna musste sich zusammenreißen, um nicht noch mehr zu sagen. Frag Kunun, frag ihn … Noch war es zu früh, zu offensichtlich. Sie musste alles vermeiden, was danach
klang, als würde sie die Beziehung des Mädchens zu dem Schattenprinzen infrage stellen.
    Als sie über den Vörösmarty-Platz gingen und der eisige Wind ihnen ins Gesicht schlug, dachte Hanna einen Augenblick lang, sie hätte Kunun gesehen, eine Gestalt in Schwarz. Wenn Réka ihn jetzt schon traf, bevor sie überhaupt einkaufen gewesen waren, dann war alles vergebens. Doch dann hasteten die anderen Passanten vorbei, und sie erkannte Mattim. Schwarze Jeans, schwarze Lederjacke, das Haar unter einer dunklen Kappe versteckt. Zum ersten Mal bemerkte sie die Ähnlichkeit der beiden Brüder, zum allerersten Mal. Es war Kununs Jacke, dieselbe, die er damals am Donauufer getragen hatte, als er Réka angesprochen hatte, als würde er sie nicht kennen. Hanna hatte es nicht gemerkt, nicht einmal bei jener schicksalhaften Begegnung im Fahrstuhl. Unter dieser Jacke hatte sie Schutz und Wärme gesucht. Sie gehörte Kunun.
    Mattim war nur wenig kleiner als sein älterer Bruder. Und selbst die Art, wie er ihr über die Schulter einen kurzen Blick zuwarf und dann um eine Ecke verschwand, erinnerte sie an den Schattenprinzen.
    »Was ist?«, fragte Réka. »Hanna?«
    »Nichts. Gar nichts. Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen …«
    »Vielleicht Kunun?« Réka blickte sich in froher Erwartung um. »Ich werde ihn heute treffen, das spüre ich.«
    »Komm«, sagte Hanna. »Gehen wir was kaufen. Wie wär’s mit einem schönen Rollkragenpullover?«
    »Na ja …«
    Wie konnte sie sich darüber wundern, dass die Brüder sich ähnelten? So verschieden waren ihre Gesichter, so unverwechselbar … und dennoch, so ähnlich der geschmeidige Gang, und selbst die Art, wie er ihr kaum merklich zugenickt hatte.
    Wie Kunun. Wir, Mattim und ich, sind beide wie Kunun.
Wir locken Réka in die Falle

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