Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
in sich trägt, ist stärker als alles. Du hast gesehen, wie Wondir verging. Unmittelbar vorher hatte er getrunken, und ich dachte, vielleicht schützt es ihn. Aber es hat ihn nicht geschützt. Wir brauchen etwas Stärkeres. Etwas, das selbst der geballten Macht des Lichtes standhalten kann. Ich glaube, ich weiß, was es sein muss. Blut, das etwas vom Licht selbst in sich trägt.«
    Obwohl er damit gerechnet hatte, kam der Stoß überraschend. Mattim ruderte mit den Armen, schwankte und versuchte sich aufzufangen, sich an Kunun festzuhalten, doch es war zu spät. Er stürzte nach vorne, dem dunklen Wasser entgegen. Die Kälte war ein Schock. Er tauchte ein, in die Nacht, die über ihm zusammenschlug. Entsetzt kämpfte er gegen das Wasser, das ihn weiter nach unten zog, gegen den Schmerz, gegen die Eiseskälte, die ihn lähmen wollte, er rang nach Luft, Wasser füllte seine Lungen …
    Wie in einem Lichtstrahl hatte er Hannas Gesicht vor sich. Ihre Augen, die ihn ansahen, wie ihn nie irgendjemand angesehen hatte, bis auf den Grund seiner Seele. Gib nicht auf, Mattim. Du musst kämpfen. Mattim …
    Träumte er es? Oder rief sie dort oben tatsächlich nach ihm, unermüdlich, immer wieder seinen Namen?

    Er hörte auf, um sich zu schlagen. Er hörte auf zu atmen. Kälte konnte diesem Leib nichts mehr anhaben.
    Still war es hier, wenn man nur zuhörte.
    Ich bin immer noch da , stellte er verwundert fest, als er spürte, dass er immer noch lebte. Ein paar kräftige Schwimmstöße trugen ihn wieder hinauf, dem Licht entgegen. Dort stand Kunun, immer noch auf dem Anleger, mit einem wilden, gierigen Ausdruck in den schwarzen Augen.
    »Du Hund!«, schrie Mattim, als er auftauchte. »Du bist verrückt! Du bist vollkommen verrückt! Ich hasse dich!« Nur wenige Meter trennten ihn vom steinigen Ufer. Tropfend kletterte er aus dem Wasser. Die anderen waren jetzt ebenfalls die Stufen hinuntergestiegen. Ehrfürchtig starrten die Schatten zu ihm herüber.
    Es kümmerte ihn nicht. Seine Augen suchten Hanna, fanden ihr tränenüberströmtes Gesicht, dann ging er auf Kunun los. Mit beiden Fäusten stieß er den Schattenprinz vor die Brust. »Du wahnsinniger Schweinehund!«
    Der Ältere schien überhaupt nichts zu spüren, weder die Schläge noch das Donauwasser, das Mattim bei jeder Bewegung verspritzte. Fasziniert starrte er seinen Bruder an.
    »Ich hatte Recht«, sagte er endlich. »Es ist genau so, wie ich dachte. Blut, das freiwillig gegeben wurde. Es gibt nichts Stärkeres als das. Selbst die Menschen wissen das. Blut, freiwillig geopfert, überwindet sogar den Tod. - Ich danke dir, kleiner Bruder. Wieder einmal hast du mir sehr geholfen.«
    »Ich hätte sterben können!«, schrie Mattim. »Warum suchst du dir nicht jemand anders für deine Experimente! Nimm deine Schatten da! Mach es selbst! Du elender Feigling!«
    Hanna fiel ihm in den Arm, sie klammerte sich an ihn, hielt ihn fest und zog ihn von Kunun fort.
    »Lass ihn, er ist es nicht wert. Mattim, sieh mich an. Nicht ihn. Sieh mich an.«

    Er zitterte und merkte, während er seine Liebste hielt, dass auch sie am ganzen Leib bebte. Sie weinte immer noch, dann stahl sich ein kleines Lächeln durch ihre Tränen. Er küsste sie ihr von den Wangen. Schaute in ihre geröteten Augen, küsste sie auf die Lider, aufs Haar.
    Irgendwo in der Nähe sprach Kunun mit Atschorek. »Es hat tatsächlich geklappt. Er lebt. War er nicht tapfer? Braver, als ich erwartet hatte. Es war eine gute Idee, das Mädchen mitzunehmen.«
    Dann Atschoreks Stimme: »Wenn du dich genug künstlich aufgeregt hast, Mattim, kann ich euch nach Hause bringen.«
    Der Prinz ignorierte alle Stimmen, alle Geräusche. Allein Hanna in seinen Armen zählte, nur die Tatsache, dass sie beide lebten. Er blendete die Schatten komplett aus, ihre Fragen, ihr aufgeregtes Lachen. Er sah nicht zu, wie sie den Anleger verließen, ignorierte das Aufheulen der Motoren. Schließlich Stille. Und sie standen immer noch da, am steinigen Ufer der Donau, Hannas wild schlagendes Herz zwischen sich wie ein wärmendes Feuer.

DREISSIG
    BUDAPEST, UNGARN
    »Shoppen?« Rékas Augen leuchteten auf. »Echt?«
    Hanna nickte. Sie verriet nicht, dass sie ihr letztes Taschengeld zusammengekratzt hatte, damit es reichte. Das Diktiergerät war teurer gewesen als gedacht, und sie hatte Mattim nicht um Geld bitten wollen. Viel würde sie Réka nicht kaufen können. Aber selbst wenn sie dem Mädchen körbeweise Klamotten geschenkt hätte, hätte es ihr

Weitere Kostenlose Bücher