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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Prinzessin, ein Schwert in der Hand, als wäre es eine Verlängerung ihres Arms. Wie in einem Streiflicht erinnerte sie sich an das, was Mattim ihr einmal erzählt hatte. Atschoreks Kutsche wurde auf der Brücke angehalten, und sie kämpfte sich den Weg frei auf die andere Seite. Hanna konnte es vor sich sehen. Dieselbe Atschorek, dieses Gesicht, das sich seitdem nicht verändert hatte. Eine Tochter, die heimkehrte, eine Braut,
eine Prinzessin … und schlug sich den Weg frei, als wäre sie selbst eine tödliche Stahlspitze, die sich durch atmendes Fleisch grub.
    Hannas Herz schlug wie wild, dennoch blieb sie stehen. Ihre Beine ließen sich nicht bewegen, mutig sah es aus, und dabei war sie nur wie gelähmt, eingefroren in ihrem Entsetzen. Nein, das ist nicht Angst. Es ist gar nichts. Mattim. Wie ein Zauberspruch, die einzige Waffe, die ihr zur Verfügung stand. Mattim …
    Sie sah die Bewegung aus ihren Augenwinkeln. Er sprang von oben über das Balkongeländer, direkt auf seine Schwester, und begrub sie bei ihrem gemeinsamen Sturz unter sich. Atschorek knurrte wie eine Wölfin, als die beiden über das Pflaster rollten, und über ihnen frohlockte laut die Stimme der blonden Frau, die sie hereingelassen hatte: »Mattim, ja! Ja!«
    Atschoreks Schwert schepperte über den Boden. Mattim saß über ihr, Atschoreks Hände legten sich über seine, die das Schwert hielten. Sie rangen um die verbliebene Waffe, die Rothaarige ließ nicht los, schließlich warf sie ihren Gegner mit einem heftigen Stoß von sich herunter und griff nach ihrem eigenen Schwert, bevor Mattim sich erneut auf sie stürzen konnte. Die Klingen prallten aufeinander, der Schlag klang lauter als alle vorherigen. Und wieder tanzten sie umeinander her. Und wieder traf sie ihn, ohne dass er sich dafür revanchierte.
    Atemlos schaute Hanna zu; sie verwünschte sich, dass sie nicht schnell genug gewesen war, um Atschoreks Schwert an sich zu reißen. Mattim, voll und ganz auf seine Gegnerin konzentriert, schien alles um sich herum vergessen zu haben. Er hörte nicht das Gemurmel der Schatten, seine Bewegungen wurden nicht langsamer … Wie lange würden die beiden wohl noch kämpfen? Die ganze Nacht und noch einen Tag und wieder eine Nacht? Was für ein Ende würde es geben, wenn keiner von ihnen je müde wurde? Mitten
in einer Parade, einer kunstvollen Figur, spürte sie Mattims Blick auf sich. Sie erschrak, denn darin lag keine Hoffnung. Er wusste, dass es ein Ende geben würde und wie es aussah … Ein Blick zum Abschied. Ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit. Diesmal traf Atschorek ihn in der Seite.
    Hanna wischte sich übers Gesicht. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie weinte. Nein, ihr Freund würde nicht sterben, er konnte es gar nicht. Nicht so. Warum taten sie das, Kunun und Atschorek? Warum quälten sie ihren Bruder so und gaben ihm ein Schwert, um sich zu wehren, wenn sein Tod ohnehin beschlossene Sache war?
    Er glaubt daran, dass er sterben wird, dachte Hanna und versuchte, selbst daran zu glauben, es zu begreifen, doch es ging nicht. Er kämpft wie ein Held aus einem uralten Königreich und glaubt an seinen Tod … Nein, sie verstand es nicht. Aber außer ihr schienen es alle zu verstehen. Die anderen Schatten waren wieder leise geworden. Sie beobachteten den Kampf mit Sorge, so schien es ihr. Und Kunun? Sie wandte sich um und sah ihn an. Der Vampir lächelte nicht mehr. Er schüttelte den Kopf, und sie verstand wenigstens das eine: dass es nicht so lief, wie er gehofft hatte.
    Die Geschwister kämpften immer noch, und durch die Nacht, die sich über den Hof senkte, schnitt das Krachen der Schwerter wie ein Donnerschlag und noch einer … es hörte nicht auf. Wurde nicht weniger und nicht leiser. Als würden sie immer dort kämpfen, Mattim und Atschorek, von jetzt an bis ans Ende der Zeit.
    Schließlich stand Kunun auf und trat an das Gitter.
    »Hör auf, Mattim«, sagte er. »Wen willst du damit beeindrucken? Der Morgen wird dein Feind sein. Begreif es doch endlich. Du kannst sie nicht schützen. Gib auf und überlass es mir und meiner Entscheidung.«
    »Nein!« Mattim wandte den Blick nicht von seiner Schwester, sah nicht nach oben zu Kunun. »Nein.« Seine Stimme war von wilder Entschlossenheit erfüllt, ein Gegensatz
zu dem Blick, mit dem er Hanna mitgeteilt hatte, dass er gleich sterben würde.
    »Das Licht«, sagte Kunun leise - und doch war er mühelos zu verstehen -, »ist ein zweischneidiges Schwert. Es vertreibt die Schatten, es löst

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