Magyria 01 - Das Herz des Schattens
aufgeben wollte, nicht aufgeben konnte, kämpfte er gegen Atschorek im vollen Bewusstsein, dass er sterben würde. Nicht in dieser Nacht. Diese eine Nacht war ihm noch geschenkt. Eine Nacht, in der er den ihnen zusehenden Vampiren zeigen konnte, wer er war, Sohn seines Vaters, bis zum Schluss Krieger des Lichts. Er hatte schon zwei Tage kein Blut getrunken. Wie hatten seine Geschwister das wissen können? Dass er, sobald die Sonne aufging, zu Staub zerfallen würde vor Kununs Füßen? So hätte sein Bruder ihn letztendlich doch dazu zwingen können, in die Knie zu gehen. Hier, vor aller Augen, besiegt vom Licht, dem er diente. Welch bittere Ironie.
Mattim hatte es wie immer so lange wie möglich hinausgeschoben, Hanna zu beißen. Er war stolz gewesen auf seine Widerstandskraft, auf seinen Verzicht, war für eine kleine Weile wieder der gewesen, der er sein wollte, der Kämpfer für das Licht … Alles, was du sein willst, heiße es willkommen, damit es dich vernichtet! Das Schlimmste an der Sache war, dass Hanna anwesend war. Sie war da, und ihr Blut hätte ihn retten können, aber um zu trinken, hätte er das Schwert zur Seite legen müssen und hätte damit Atschorek ein Ziel geboten. Sich - aber seine Unversehrtheit war ihm egal - und Hanna, die er in diesem Moment der Verwundbarkeit nicht hätte schützen können. Kurz hatte er erwogen, sie in den Schatten zu ziehen, durch die Mauer, doch wenn er das getan hätte, wäre seine Schwester ihnen gefolgt. Sie hätte ihm nie genug Zeit lassen, um seine Freundin zu beißen, sofort wäre sie da gewesen. Kunun hätte niemals zugelassen, dass er den Kampf auf diese Weise gewann. Der Schattenprinz wollte ihn gebeugt sehen - oder tot.
Es gab nichts, was Mattim noch für Akink tun konnte. Ungebeugt zu sterben war das Einzige, was ihm übrig blieb. Bis zum Schluss er selbst zu sein, im Herzen immer noch der Prinz des Lichts. Der zu stolz gewesen war, um zuzugeben, dass er ein Schatten war, dass er regelmäßig Blut brauchte. Der gebeten werden wollte! Für rechtschaffen und edel hatte er sich gehalten und sich doch nur selbst eine Falle gestellt. Hanna hatte dagestanden, ihrem Kampf zugesehen und nichts davon gewusst. So aufgeregt hatte sie ihm zugesehen, als wäre es tatsächlich möglich, dass er siegte, dass er, indem er Atschorek traf und verletzte, mit dem Leben davonkam! Es war nahezu unmöglich, einer solchen Gegnerin standzuhalten. Über sich hörte er das Gemurmel der Schatten. Ihr Beifall erfüllte ihn mit bitterem Stolz. An Atschoreks jahrzehntelange Erfahrung kam er nicht heran, aber er leistete ihr mehr Widerstand, als sie wohl erwartet hatten. Ihre Bewegungen, ihre Streiche, fließend und anmutig und doch von mitleidsloser Präzision, trieben ihn durch den Hof. Er musste nur darauf achten, dass sie Hanna nicht zu nahe kam. Mehr musste er gar nicht tun. Was scherte ihn eine Wunde am Arm? Der Schmerz verging rasch. Was kümmerten ihn unauslöschliche Narben, wenn er am Morgen sterben würde, einem zweiten, umfassenden Tod erliegen würde?
Leichte Unsicherheit zuckte über Atschoreks Gesicht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihre Aufforderung zum Tanz annahm. Sie hatte ganz sicher auch nicht damit gerechnet, dass er jede Möglichkeit ausschlug, sie zu treffen. Fast bot sie es ihm sogar an. Hier, ich vernachlässige die Deckung, komm, komm schon! Mattim ließ sich nicht provozieren. Was immer seine Schwester tat, wenn sie sich nicht gar zu dumm anstellte, würde er sie nicht verwunden. Er lächelte grimmig, als er den Zorn in ihren Augen sah. Sie wusste genau, warum er sie verschonte, jetzt, obwohl er die Oberhand gewann, sie zurückdrängte, obwohl er zu seiner
alten Form zurückfand, vereint mit der Unermüdlichkeit des Schattens, obwohl er jede Erinnerung an Schmerz und Erschöpfung aus seinem Körper ausschloss. Er wusste, wie eitel sie war. Für jeden Schmiss, jede Schramme würde sie Hanna bezahlen lassen. Für jeden kleinen Sieg würde sie sich an seiner Liebsten rächen, sobald er fort war, für immer. Kunun würde das Mädchen sicher gehen lassen. Aber Atschorek … Nein, Schwesterherz, richte deine Wut ruhig auf mich. Lass Hanna aus dem Spiel.
Ihre Blicke trafen sich. Oh, sie wusste genau, was er dachte. Das war das Letzte, was sie wollte, von ihm verschont zu werden! Die Schatten bemerkten es, jeder, der in der Wache gewesen war, würde es wissen, dass er sie verschont hatte, seine finstere Schwester. Ha!
Es bereitete ihm eine wilde
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