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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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da, im Eis, das jemand in viele kleine Stücke gebrochen hatte, sah sie etwas Dunkles liegen … ein Schwert. Ein zweites Schwert! Sie tauchte die Hand durch die scharfkantigen Eisbrocken und holte es heraus. Es war schwerer als erwartet. Merkwürdigerweise konnte sie sich nicht freuen. Hier lag es. Die Schatten warteten nur darauf, dass sie es fanden, dass Mattim es benutzte. Sie wollten einen Kampf sehen, ein Duell … Ihr Mut sank.
    Sie wollen seinen Tod. Sie werden ihn nicht gehen lassen. Atschorek wird ihn töten. Jetzt. Vor meinen Augen. Ich bin hier, um es mit anzusehen.
    Hanna konnte nichts empfinden, nicht einmal Angst. Das Einzige, was sie fühlte, war das Schweigen der Schatten über ihnen, ein Schweigen voll gespannter Erwartung. Eine Dunkelheit, die von allen Seiten auf sie zukroch, und so wenig, wie jemand die Nacht aufhalten konnte, vermochte sie diese Dunkelheit zu stoppen.
    Kunun hatte Mattims Tod beschlossen.
    Oder etwa nicht? Konnte ein Schatten überhaupt mit einem Schwert getötet werden?
    »Mattim, hier! Für dich!«
    Atschorek, immer noch ohne Worte und ohne Lachen - nicht einmal Hohn hatte sie für ihn übrig -, versuchte ihren Bruder daran zu hindern, zum Brunnen und damit zu
seiner eigenen Waffe zu gelangen. Sie trieb ihn zur Mauer, wo drohend ihr übergroßer Schatten auf ihn fiel - und auf einmal war Mattim verschwunden. Ein leises Raunen ging durch die Reihen der Vampire.
    Wieder lachte Kunun leise.
    »Gib her.« Mattim tauchte aus der Mauer hinter Hanna auf, und sie reichte ihm mit zitternden Händen das Schwert.
    Die beiden hatten keine Zeit für einen Abschiedskuss, für ein paar Worte zur Ermutigung. Sobald Mattim das Schwert in den Händen hielt, griff Atschorek richtig an. Jetzt erst merkte man, dass sie bislang nur mit ihm gespielt hatte. Mit einer erschreckenden Schnelligkeit ging sie auf ihren Bruder los, der kaum dazu kam, die heftigen Hiebe zu parieren. Schlag für Schlag trieb sie ihn vor sich her, um den Brunnen herum und durch den Hof. Hanna schrie auf, als Atschorek Mattim am Oberarm traf. Er wankte, und ein paar Vampire flüsterten, als ginge der Wind durch die dürren Blätter eines Herbstwaldes, durch die Wipfel hoch über ihnen. Mattim biss sich auf die Lippen, ließ das Schwert jedoch nicht fallen. Ein grimmiges Lächeln erschien auf Atschoreks Gesicht.
    Mattim kämpfte weiter. Er krallte die Hände um das Schwert, auf dem das Licht der Lampen zu flackern schien, und setzte sich weiterhin zur Wehr. Seine Bewegungen wurden schneller, forscher; Hanna atmete auf, als sie sah, dass er noch lange nicht aufgegeben hatte. Diesmal musste die Vampirin zurückweichen. Mattims Schwert tanzte in seiner Hand, auf und ab wie in einer sorgfältig einstudierten Choreographie. Man konnte vergessen, wie ernst die Lage war, dass dies kein Spiel war. Ebenso wie die Tatsache, dass jede Wunde in seiner Haut, in seinem Fleisch bleiben würde, für immer … Seltsam, dass dies derselbe Mattim war, der mit ihr Attilas Kindergeburtstag gefeiert und Luftballons aufgeblasen hatte. Ein Krieger mit dem Schwert …

    Das Tuscheln der Vampire über Hanna wurde lauter. Sie flüsterten Mattims Namen, ein Raunen, ein Rauschen über ihnen. »Mattim. Mattim …«
    Atschorek duckte sich unter dem Schwert des Angreifers hindurch und traf ihn am anderen Arm. Auch dieser Ärmel färbte sich rasch dunkel von seinem Blut.
    Mattim lachte auf. »Wie lange soll das noch so gehen?«, fragte er. »Glaubst du, du könntest mich in Stücke hacken?«
    Er tauchte unter ihrem Angriff hindurch und fiel durch seinen eigenen Schatten in die Wand hinein. Atschorek drehte sich langsam um sich selbst, das Schwert vor sich, Wachsamkeit in ihrem reglosen Gesicht.
    Ihr Bruder blieb verschwunden. Die Vampire wurden allmählich unruhig, lehnten sich über das Balkongeländer und spähten in den Hof. Hanna fühlte ihr Herz heftig schlagen, als Atschorek in ihrer Drehung innehielt und sie anschaute. Ihre Blicke trafen sich.
    Ich sehe dich.
    Das schienen Atschoreks dunkle Augen zu sagen. Ich sehe dich. Ich habe dich gefunden. Da bist du.
    Als wüsste sie nicht, dass ich hier stehe. Als hätte sie mich vergessen, solange sie sich auf Mattim konzentrierte. Nun wird sie kommen … Und ich bin sterblich. Und ich bin sterblich …
    Es war zu unglaublich, um sich davor zu fürchten, vor dem Tod, der in dieser Gestalt auf einen zukam. Niemals hatte Hanna sich den Tod so vorgestellt, mit dem Gesicht einer wunderhübschen Frau. Als eine

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