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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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alles zerstören, was du jemals geliebt hast? Du nimmst in Kauf, dass Akink unterliegt und das Licht ein für alle Mal ausgelöscht wird?«
    Sie hatte Recht. Jetzt war der richtige Zeitpunkt. Jetzt konnten sie alles beenden, die Schlacht gewinnen, ohne Blut zu vergießen, jetzt!
    »Nein. Wir können nicht …« Seine eigene Stimme klang selbst in seinen Ohren kläglich und unsicher. Sie hat Recht … Nein, das hatte sie nicht! »Es ist unser Kampf! Ich
habe nie auch nur daran gedacht, dass wir die Pforte schließen, während die Schatten alle drüben in Budapest sind. Sie gehören zu uns, nicht zu den Menschen. Es ist des Lichts nicht würdig, sie auf Unschuldige zu hetzen und sich selbst in Sicherheit zu bringen.«
    »Jetzt!«, rief Mirita. »Wie können wir die beste Gelegenheit verstreichen lassen, die wir jemals bekommen werden? Es ist an der Zeit, Akink zu retten! Deine Stunde ist gekommen, Mattim!«
    Während Kunun nichts ahnte. Während er vielleicht dabei war, die Schatten mit Blut zu versorgen, damit sie …
    Als hätte jemand ein Kristallglas auf einem Marmorboden zerschmettert, sprang Mattim ein Bild entgegen, klirrend und schneidend. Ein Becher, gefüllt mit Blut.
    Hannas Blut.
    Blut, freiwillig geopfert … Hatte Atschorek nicht genau das von ihm gefordert? Dass er seine Freundin opferte? Dass er Kunun zum Sieg verhalf - so und nicht anders? Sie mussten alle trinken. Jeder einzelne Vampir, freiwillig geopfertes Blut. Wie viele Menschen gab es in Budapest, von denen sie das bekommen konnten?
    Er stolperte rückwärts vom Fluss fort. Und er hatte sie allein gelassen. Idiot! Du verdammter Idiot! , schrie es in ihm.
    »Mattim!«, befahl die Königin. »Bleib hier!«
    Sein Name erfüllte ihn nicht mit Freude. »Ich muss zurück!«, rief er. »Ich muss sofort zurück!«
    »Warte! Bring mich an die Pforte. Sofort!«
    »Mattim«, rief nun auch Mirita. Sie schlang beide Arme um ihn und versuchte ihn festzuhalten. »Mattim, bitte! Wir sind am Ziel. Zeig uns den Übergang, bring uns hin, und wir werden Akink retten. Das wolltest du doch immer. Dafür bist du ein Schatten geworden. Mattim!«
    Er riss ihre Hände von seiner Jacke und stieß sie rücklings in den Schnee. »Versteht ihr denn nicht? Ich muss zurück! Ich muss es verhindern. Ich muss …«

    »Nur eines musst du tun.« Die Stimme der Königin, klar und scharf. »Du wirst mich zur Pforte führen. Jetzt.«
    »Nein! Es tut mir leid, ich kann nicht. Ich kann es nicht!« In seinem Kopf drehte sich alles, die Angst, die in ihm aufgeflammt war, setzte sein Herz in Brand.
    »Ich hasse dich!«, schrie Mirita. »Schatten! Schatten!«
    »Wenn du jetzt gehst«, rief ihm Elira nach, »dann sollst du für immer verdammt sein. Elender Schatten! Du bist hier, um Akink zu retten! Bleib! Du bist hier, um das Licht …«
    Ihre Stimme gellte ihm in den Ohren, während er rannte. Zwischen den schwarzen Stämmen der Bäume hindurch, über den Schnee, schnell. Er sprang über Dornen und Gestrüpp, strauchelte, stolperte, fort war die Anmut des Wolfs, er, Mattim, getrieben von einer Angst, die ihm im Nacken saß wie ein Blutsauger mit langen, spitzen Krallen.

FÜNFUNDDREISSIG
    BUDAPEST, UNGARN
    »Keine Sorge«, sagte Kunun und richtete sich wieder auf. »Jeder Tropfen Blut, den man dir stehlen muss, wäre verschwendet.«
    »Du bekommst nichts!«, rief Hanna. »Niemals! Glaubst du, ich mache freiwillig mit und helfe dir dabei, diesen Krieg zu führen?«
    Der Vampir blickte auf sie hinunter, mit einem Lächeln um die Mundwinkel, das sie nicht deuten konnte.
    »Mich wundert«, meinte er, »dass Mattim nie nach dem anderen Teil der Prophezeiung gefragt hat. Die Alte hat mir damals zwei Sätze gesagt. Kleiner Bruder bringt den Sieg … Möchtest du nicht gerne hören, was sie mir noch gesagt hat?«
    »Ja«, flüsterte Hanna.
    »Szigethy vér a városért. A gyözelmet a kis testvér hozza.«
    Szigethy. Der Name löschte alles aus, was danach kam. Kununs Rede zog an ihr vorbei und verwandelte sich in eine wirre Abfolge von Lauten. Wie ein Zauberspruch klang es in ihren Ohren, den er für sie deklamierte, der schwarze Zauberer, mit funkelnden Augen, das Lächeln des Siegers schon auf den Lippen.
    Als wären alle ihre Ungarischkenntnisse auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Sie verstand nichts. Gar nichts. Mattim. Mattim, wo bist du … Die Silben perlten an ihr herunter wie Regentropfen an einer Fensterscheibe. Szigethy vér … Ich will nach Hause, ich will nur noch nach Hause!

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