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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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unbehaglich zumute war. »Es ist das Alter, hat Atschorek gesagt.« Er sprach, ohne Hanna anzuschauen. »Wenn sie so jung sind. Das Leben ist so stark in ihnen, dass wenige Schlucke genügen. Kinder wären noch besser, aber an Kinder kommt man nicht so leicht heran. Mit dreizehn, vierzehn dagegen kann man sie allein erwischen. Außerdem erzählen sie nicht mehr alles ihren Eltern. Und wenn es ihnen schlechtgeht, erzählen sie das auch niemandem. Das Alter ist perfekt - wenn sie so jung sind und so hungrig auf die Zukunft.«
    Hanna schluckte. »Das hat Atschorek gesagt?« Die hilflose Wut auf Kunun stieg wieder in ihr hoch. »Ich glaube nicht, dass er sich mit ein paar Schlucken zufriedengegeben hat. Es geht Réka alles andere als gut.«
    Endlich hob er den Blick, und sie las so viel Bedauern darin, dass es ihr lächerlich vorkam, jemals Angst vor ihm gehabt zu haben.
    »Du bist Hanna«, stellte er fest. »Das Mädchen, das versucht, ihm Réka wegzunehmen.«
    »Er hat über mich gesprochen? Dann sag ihm beim nächsten Mal, dass ich niemals damit aufhören werde. So lange, bis Réka in Sicherheit ist.«
    »Es wird kein nächstes Mal geben«, erwiderte er leise und vertiefte sich wieder in das Bild, als hätte er noch nie so etwas Faszinierendes in der Hand gehabt.
    »Wie, kein nächstes Mal? Weil ich dann tot bin? Weil ich alles vergessen habe, nachdem du mich gebissen hast?«
    »Ich habe bereits gesagt, dass ich dich nicht beißen werde«, erklärte er. Dann lehnte er den Kopf wieder gegen die Wand und schloss die Augen. »Ich werde derjenige sein, der diese Nacht nicht überlebt.« Er sagte es so ruhig, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt.

    Sie brauchte eine Weile, um diesen letzten Satz zu verdauen. »Das heißt, wenn du mich nicht beißt, wirst du sterben?«
    Der Junge antwortete nicht darauf. Aber sie sah, wie seine Hände leicht zitterten, während er sie um seine Knie krallte.
    »Warum tust du es dann nicht einfach?«
    Er blickte sie an, und diesmal waren seine grauen Augen wie der Nebel über einem stillen, runden Teich.
    »Ich bin Mattim, der letzte Prinz des Lichts«, sagte er leise. »Sie haben mich zu einem Schatten gemacht, aber ich werde nicht auf die Seite des Bösen überwechseln. Ich kann mit dem Schwert kämpfen, und ich bin bereit, gegen meine Feinde in die Schlacht zu ziehen, doch ich werde gewiss nie jemanden verletzen, der wehrlos und unschuldig ist. Dazu werden sie mich nicht bringen. Sie haben mir mein Leben genommen, aber das nehmen sie mir nicht.«
    »So unschuldig bin ich nun auch wieder nicht«, murmelte Hanna. Dann fügte sie hinzu: »Das verstehe ich nicht. Du bist so etwas wie ein Vampir, also hast du schon oft Leute gebissen. Und wie kannst du sterben, wenn sie dir bereits das Leben genommen haben? Stirbst du, wenn du auf Blut verzichtest?« Sie hielt sich an diesen technischen Fragen fest, um nicht darüber nachdenken zu müssen, was er sonst noch gesagt hatte. Prinz des Lichts. Wie verrückt war das erst!
    »Ich bin noch nicht lange ein Schatten«, sagte er. »Das bedeutet, ich kann im Schatten existieren. In der Nacht bin ich sicher. Dieses künstliche Licht«, er wies auf die kleine Neonröhre, »macht mir nichts aus. Aber ich kann nicht hinaus an die Sonne. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich nur im Dunkeln nach draußen gehen kann. Anfangs habe ich befürchtet, ich würde bei der Rückkehr hierher vor verschlossenen Türen stehen. Dass Kunun mich aussperrt und mich auf diese Weise zwingen will, es endlich zu tun und so
zu werden wie die anderen. Deshalb bin ich immer rechtzeitig zurückgekommen. Ich dachte, wenn die Tür irgendwann zu ist, habe ich noch genug Zeit, um mir einen Unterschlupf zu suchen. Kein Opfer, nur einen Unterschlupf. Ich hätte nie mit dir in diesen verdammten Fahrstuhl steigen dürfen.«
    Sie warf einen Blick durch die Glasscheibe. Unter ihnen lag der Hof, in dem die Lampen aufgehört hatten, die steinernen Löwen zu beleuchten. Das war ihr vorher gar nicht aufgefallen. Kunun hatte einfach den Strom abgestellt.
    »Ein gläserner Fahrstuhl«, sagte sie.
    »Ja«, erwiderte er nur.
    »Und du bist wirklich ein Prinz? Wovon? Ich meine, du bist kein ungarischer Adliger oder so etwas? Du siehst überhaupt nicht aus wie ein Ungar. Wo kommst du her?«
    »Du willst wissen, wo ich herkomme? Durch eine Pforte im Keller. Hilft dir das weiter? Magyria. Akink, die Stadt des Lichts.«
    »Hört sich nicht an, als wäre das irgendwo in der Nähe.«
    »O

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