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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Vorwürfe machen müsstest. Kunun hätte dich sofort zurückbringen müssen, als du nein gesagt hast.«
    »Aber du hast es gemacht! Du konntest es! Ich nicht. Kunun hat mich so angesehen – so enttäuscht. Er war wirklich enttäuscht von mir. Er hat sich so viel Mühe mit mir gegeben, damit ich ihm gehorche. Trotzdem habe ich ihm nicht gehorcht. Ich habe ihm nie irgendetwas bedeutet, und als ich das nicht getan habe, was er verlangt hat, da wollte er mich nicht mehr. Da war ich nichts für ihn. Wie – wie Müll. Nichts bin ich für ihn.«
    Über ihrem Gesicht lag eine so grenzenlose Traurigkeit, dass Hanna der Atem stockte.
    »Nein. Nein, Réka. Dass du ihm nie etwas bedeutet hast, das glaube ich nicht. Ich war natürlich gegen eure Freundschaft. Du bist viel zu jung, und er ist einfach nicht der Richtige für dich. Aber wenn es ihm von vornherein nur um sein verdammtes Boot gegangen wäre, hätte er bestimmt jemanden ausgewählt, der älter und kräftiger ist. Klar, er war enttäuscht und vielleicht auch wütend. Daraus kann man jedoch nicht schließen, dass du ihm nie etwas bedeutet hast. Irgendetwas an dir hat ihn berührt und angezogen. Ich gebe zu, ich mag ihn nicht besonders« – ha, die Untertreibung des Jahres! –, »aber dass alles nur Lüge war, das kann nicht sein.«
    Was tue ich hier nur? , dachte sie. Ich verteidige Kunun? Geht es mir noch gut? Warum sagst du ihr nicht lieber, dass ihr toller Freund sie vor ein paar Monaten um ein Haar umgebracht hätte?
    Trotzdem konnte sie Rékas abgrundtiefe Verzweiflung nicht mit ansehen und sie in dem Gefühl lassen, nicht liebenswert zu sein.
    »Du bist so ein hübsches, süßes Mädchen, du …«
    »Er hasst mich.« Réka hörte ihr gar nicht zu. »Er hat mich so angesehen, so still. Ich werde nie sein Gesicht vergessen, solange ich lebe. Er wollte, dass ich sterbe.«
    »Bestimmt nicht. Er …«
    »Er wollte es! Ich dachte, ich würde ertrinken. Ich dachte es wirklich! Das Wasser war so kalt und dunkel, ich bin untergegangen … Und er stand am Ufer und hat zugesehen. Er hat keinen Finger gerührt! Nur weil ich nicht in dieses Boot gestiegen bin, wollte er, dass ich sterbe. Er hat nichts getan, gar nichts! Er ist mir nicht nachgesprungen. Er hat sich nicht einmal nach vorne gebeugt. Dabei hätte er nur ein paar Schritte ins Wasser machen müssen, da am Ufer! Er stand nur da … Ich habe mit den Armen gerudert, ich wollte mich irgendwo festhalten, und er stand da nur und hat zugesehen.«
    Sie weinte. Ihre Augen liefen über, sie versuchte die Tränen fortzublinzeln und kam nicht an gegen die Flut, die endlich aus ihr herausströmte.
    Hanna reichte ihr eine Packung Taschentücher.
    »Das war es?«, fragte sie. »Deshalb glaubst du, dass er dich nicht liebt? Du dummes Mädchen, er konnte nicht ins Wasser.«
    »Seine Schuhe waren trocken«, flüsterte Réka. »Ich hab’s gesehen, nachher, als der Wolf mich herausgezogen hat. Er ist nicht einmal so weit gegangen, dass nur ein Tropfen auf seine Schuhe gelangt ist.«
    »Vampire können nicht ins Wasser. Nicht in diesen Fluss. Weder in die Donau noch in den Donua. Er kann nicht einmal mit dem Boot auf dem Wasser fahren, es wäre schon zu nah. Verstehst du das, Réka? Er konnte dir unmöglich nachspringen! Kunun wäre vor deinen Augen gestorben. Er musste sich ganz auf Wilder verlassen. Er stand da und musste aushalten, dass er nichts unternehmen konnte.«
    »Sie können nicht ins Wasser?«, hakte Réka nach.
    »Es gibt nur wenig, was sie umbringen kann. Aber sie können nicht über den Fluss. Er enthält zu viel Licht. Deshalb das Boot. Deshalb der Kampf um die Brücke. Ein Schatten – ein Vampir – darf nicht einmal die Hand ins Wasser tauchen. Er würde sich auflösen und vergehen.«
    »Er würde sich auflösen?« Rékas Tränen trockneten auf ihren Wangen. Sie saß in ihrem Korbsessel, reglos, wie ein Troll, vom Licht überrascht, versteinert.
    »Nimm noch einen Kaffee«, schlug Hanna vor.
    »Ich will keinen Kaffee. Er schmeckt ekelhaft.«
    Hanna versuchte ihr ein Lächeln zu entlocken. »Wieder da, Réka?«
    »Ich will zu Kunun«, sagte das Mädchen. »Sofort. Lass uns in die Stadt fahren, du weißt, dass ich ihn überall finden kann.«
    »Réka – hast du mir vorhin nicht zugehört? Irgendetwas ist passiert, auf der anderen Seite. Irgendetwas ist schiefgegangen. Ich habe dir gesagt, dass er wahrscheinlich tot ist.«
    »Was? Aber – aber ich dachte, du meintest es anders. Dass er nicht richtig lebt, weil er

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