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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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diejenige, die das Schicksal durcheinanderwirbelt. Réka wird tun, was immer ich verlange. Und ganz gleich, was Mattim unternimmt, er wird mir damit in die Hände spielen, ob er will oder nicht.«
    Kunun selbst war es, der Mattims Bild wieder vor sie treten ließ, sein Gesicht, vertraut, geliebt. Ihre Widerstandskraft kehrte zurück. »Das ist nicht wahr!«
    »Er hatte nicht einmal die Courage, es zu Ende zu bringen … Er folgt meinem Ruf, und er dient allein mir. Alles andere sind nur Ausflüchte. Er klammert sich ans Licht, um das Gesicht zu wahren, und vermag es dennoch nicht, irgendetwas für die Seite des Lichts zu tun. Er lebt als Vampir von deinem Blut und tröstet sich damit, dass er gut ist. Ha! Es hat keine Bedeutung, warum wir die Dinge tun, die wir tun.«
    »Oh doch.« Wieder wagte sie, ihm zu widersprechen. »Das ist das Einzige, was von Bedeutung ist.«
    »Nur für dich«, sagte Kunun. »Du bist diejenige, die einen Unterschied macht. Beim Licht, jedes andere Mädchen, das mit Mattim in den Fahrstuhl gesperrt gewesen wäre, hätte aus ihm meinen Verbündeten gemacht! Er sollte sein Leben mit Gewalt retten – dann wäre er gar nicht auf die Idee gekommen, dass er immer noch zum Licht gehört. Dass er beides zugleich sein kann, Schatten und Lichtprinz.«
    »Das stimmt nicht. Er wäre gestorben, wenn ich nicht da gewesen wäre.«
    Wenn es um Mattim ging, konnte sie plötzlich kämpfen. Im selben Moment merkte sie, dass es ein Fehler gewesen war, sich dazu hinreißen zu lassen. Auch Kunun wusste es. Er lachte auf, amüsiert.
    »So fest glaubst du daran, dass er auf der richtigen Seite steht … und du mit ihm. Die Helden des Lichts gegen die bösen Schatten. Ist es nicht so? Du hast aus meinem Krieg eine Geschichte gemacht, in der du glänzt … eine Geschichte, in der Mattim der Held ist.«
    »Nein, ich …«, protestierte sie, aber er ließ sie nicht ausreden.
    »Du hältst dich für gut«, sagte er, und aus seinen Augen sprach nicht mehr Zorn, sondern diese befremdliche Vergnügtheit, die sie fast noch schwerer zu ertragen fand. »Und die Guten lassen sich von Versprechen und Schwüren binden und verstricken sich nur zu gern in ihren eigenen Worten. Dein Ja wird dich sehr viel kosten, kleine Hanna. Unendlich lange wirst du grübeln und dich quälen, was ich wohl von dir fordern werde. Du wirst dich fragen, ob du es Mattim erzählen sollst oder nicht, denn du weißt genau, was er darüber denken wird. Nie wieder will er die Knie vor mir beugen – bizarr, wenn man länger darüber nachdenkt.«
    »Was soll daran bizarr sein?«, fragte Hanna erbost. Ihre Beine hatten fast aufgehört zu zittern. Das ist nicht wahr , wollte sie sagen, wollte ihm den Mund damit stopfen, damit er an seinen samtweichen Lügen erstickte.
    »Nie wieder«, flüsterte Kunun. »Was für eine lange Zeit für einen Schatten. Wünschst du dir nicht manchmal, so zu sein wie wir? Und nicht ganz so leicht und mühelos umzubringen?«
    Er legte beide Hände an ihre Wangen und zog sie näher zu sich heran.
    »Du kannst nicht in deinen eigenen Tod einwilligen«, sagte er leise, geradezu zärtlich.
    »Nein«, brachte sie heraus. Schlagartig verließ sie der Mut, und ihr Trotz schmolz dahin unter dem erneuten Aufflammen der Angst.
    »Ich werde nicht zulassen, dass du mir noch einmal in die Quere kommst. Und genau aus diesem Grund will ich dieses Versprechen von dir. Ich weiß, was Réka tun wird und was Mattim vorhat – aber was, liebe Hanna, ist mit dir? Du bist der blinde Fleck in meiner Vision, und das werde ich nicht dulden. Wenn es darauf ankommt, dann wirst du tun, was ich dir befehle. Können wir uns darauf einigen?«
    So still war es um sie her. Sie gehorchten ihm alle, ausnahmslos. Keiner der Schatten hatte eine Wahl. Jetzt erst verstand sie es. Niemand hatte eine Wahl.
    »Ich weiß, es wäre dir lieber, du wüsstest, was ich von dir verlangen werde. Aber du wirst warten müssen, bis ich es dir sage. Nun?« Auf einmal verschwand jedes Lächeln von seinem Gesicht und aus seiner Stimme.
    »Entscheide dich«, forderte er. »Jetzt.«
    »Ja«, flüsterte sie.
    Da strahlte ein Glanz über Kununs makelloses Antlitz, kalt wie das Glitzern der Wintersonne auf eisüberkrusteten Ästen. Er drückte ihr einen Kuss auf die kalten, bebenden Lippen, als wollte er damit einen heiligen Pakt besiegeln.
    »Nicht weinen«, sagte er.
    Sie weinte trotzdem. Den ganzen Weg vom Baross tér durch die Stadt nach Hause liefen ihr die Tränen die Wangen

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