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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Warum glaubst du, du wüsstest, was das Beste für mich ist?«
    »Durch welche Pforte wollt ihr gehen?«, fragte Atschorek.
    »Durch keine! Ihr könnt mich nicht fortschicken. Ich komme zurück! Ich komme zurück! Kunun, ich liebe dich! Schick mich nicht fort! Bitte!«
    »Nehmen wir doch gleich die nächste Tür«, sagte Atschorek mit künstlicher Fröhlichkeit. »Hier ist sie schon.« Sie berührte beide Mädchen. »Bitte schön.«
    Ein Schritt.
    Budapest.
    Dunkelheit, aber eine andere Dunkelheit. Ein Fluss, aber ein anderer Fluss. Die glitzernden Lichter von Pest zu Füßen des Hügels.
    Das Glück kam nicht. Hanna wartete darauf. Auf dieses Gefühl, das wie ein Glitzern in ihr aufstieg, sprudelnd, wirbelnd – ja! Ja!
    Stattdessen dachte sie die ganze Zeit, während sie neben Réka nach Hause ging: Es hätte Mattim sein können. Ich hätte ihn mitnehmen sollen. Ihn, nicht dieses Kind, das überhaupt nicht begreift, was ich für es getan habe. Ihn, den ich nun für immer verloren habe. Sie wartete auf das gute Gefühl, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, stattdessen fühlte sie sich wie betäubt. Sie hatte die Hälfte ihrer Seele hergegeben. Hätte nicht auch der Schmerz halbiert sein müssen?
    Mattim. Du könntest es sein …
    Réka wischte sich eine Träne von der Wange und schwieg verbissen. Sie stapften nebeneinander her, als würden sie sich nicht kennen.
    Das Glück war in keinem von ihnen. Dafür zeigte es sich in Mónikas Gesicht.
    Mónika, die die Tür öffnete und Réka in ihrer Prinzessinnentracht vor sich stehen sah. Hier war das Glück, größer, als ein einziges Herz es fassen konnte, in diesem Moment, in dem sie beide wie versteinert waren, Mutter und Tochter, und dann einander in die Arme fielen.
    Attila hüpfte die Treppe hinunter. »Sie ist da! Ich hab doch gesagt, sie kommt wieder! Das hab ich gesagt!«
    Mónikas Lippen bewegten sich lautlos. Réka. Réka. Immer nur das eine Wort. Réka.
    Das erste Mal sah Hanna Ferenc weinen. »Wo bist du nur gewesen? Mein Gott, Réka!«
    Es war zu viel Glück. Und sie hatte keinen Anteil daran. Doch allein Zeugin dieses Glücks zu sein gab ihr endlich die Gewissheit, dass sie sich richtig entschieden hatte.
    Manchmal kamen die Zweifel trotzdem. Sie trugen Rékas wilde, hasserfüllte Anschuldigungen im Gepäck. Genug Zorn, um eine ganze Stadt zu vernichten.
    »Sie soll gehen. Ich ertrage es nicht, hier zu sein, wenn sie da ist. Ich laufe wieder weg, wenn sie bleibt.«
    Hanna hatte Attila an sich gedrückt. »Ich wollte sowieso abreisen«, sagte sie. »Ich muss.«
    »Du musst? Wieso denn? Nein!«, protestierte er. »Ich will, dass du bleibst.«
    Sie streichelte sein schwarzes Haar. »Budapest hat einen König«, sagte sie. »Einen dunklen, bösen König. Und der hat mich weggeschickt.«
    Natürlich glaubte er ihr nicht, doch als er sagte: »Dann müssen wir gegen ihn kämpfen, oder? Gegen den bösen König?«, traten ihr die Tränen in die Augen.
    »Ich kann nicht.«
    »Du kommst doch wieder, oder? Réka ist auch zurückgekommen. Du kommst doch zurück? Hanna?«
    »Vielleicht«, flüsterte sie.
    Sie sprach nicht viel. Es war, als hätte sie auch die Hälfte ihrer Worte weggegeben. Die Hälfte ihres Glaubens. Die Hälfte des Vertrauens darauf, am rechten Platz zu sein.
    Und so war sie gegangen, obwohl das Jahr noch nicht um war. Sie war in den Flieger gestiegen und hatte die Stadt unter sich gesehen, klein, Häuser wie Schachteln, eine Welt, die sie nichts anzugehen schien, der Fluss, über den sich die vielen Brücken spannten.
    Nach Hause.
    Das nie wieder ganz ihr Zuhause sein konnte.

DREIUNDDREISSIG
    Münster, Deutschland
    Die Wölfe liefen hintereinander durch das hohe Gras. Sie bildeten eine Kette wie Perlen auf einer Schnur, in einer mit rötlichem Seidenstoff ausgeschlagenen Schatulle. Jede Pfote trat in die Abdrücke ihres Vordermannes.
    Leise raschelten die Halme im Wind. Das Gras blühte. Es verbarg sie, schlug über ihren Köpfen zusammen, streute winzige Samenkörnchen in ihr Fell.
    Die Beute war irgendwo vor ihnen. Sie war nicht zu sehen, nur ihr Duft breitete sich über das weite Grasland wie ein weitmaschiges Netz. Da war es wieder. Verheißungsvoll. Verlockend. Ein Duft, unwiderstehlich.
    Der riesige schwarze Wolf an der Spitze blieb stehen und spähte durch die Halme. Dort war es. Gleich …
    Die anderen Wölfe brachen aus der Kette aus und verteilten sich, den Wind immer im Gesicht. Einer, ein schlanker, nur wenig kleinerer Wolf mit

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