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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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erinnerte, was vor dem Biss geschehen war. Es konnte nur einen Grund geben, warum sie diesen gequälten Gesichtsausdruck hatte, warum sie zurückwich, als er auf sie zutrat, bis der Spiegel sie aufhielt. Als er auf sie zuging, sah er sich selbst. Hastig wischte er sich das Blut aus dem Mundwinkel.
    »Ich muss jetzt los«, sagte sie. Es klang wie eine Lüge.
    Er führte sie die Treppe hinunter, aus dem Haus, bis auf die Straße, und sah ihr nach, wie sie den Hügel hinaufhastete, mit wippendem Pferdeschwanz. Und stellte sich vor, wie er ihr nachlief, auf vier Pfoten, mit den raschen, raumgreifenden Sprüngen des Wolfs.
    Mattim blinzelte und verscheuchte das Bild. Alles hätte er dafür gegeben, wenn er, wie der Mann in der Geschichte, den Wolf aus seiner Seele hätte reißen können.

FÜNF
    Akink, Magyria
    »Da sind sie.« Miritas Mutter stand mit weit aufgerissenen Augen an der Tür. Ihre Hände zitterten, als sie die Finger um das Holz legte, so als könnte sie das Zimmer verschließen, kraft ihres Willens, und dafür sorgen, dass niemand ihre Tochter abholte.
    »Mutter, sie werden mich schon nicht einsperren.« Miritas Lachen geriet kläglich. Ganz sicher war sie sich nicht. Immerhin hatte sie den König niedergeschlagen und war mit ihm quer über ihrem Sattel durch den Wald geritten. Die Brückenwachen hatten vor Entsetzen gestöhnt, als sie den Herrn des Lichts erkannten. Zunächst hatten sie gedacht, er sei tot.
    »Er ist nur bewusstlos. Lasst uns durch, er muss so schnell wie möglich in die Burg.«
    »Wir müssen ihn untersuchen«, hatte der Wächter gesagt, der am Ufer Dienst tat und zu diesem Zeitpunkt dafür verantwortlich war, dass niemand fälschlicherweise durchgelassen wurde, der zum Feind gehörte.
    »Den König?« Piet, der sich vor Müdigkeit kaum noch auf dem Pferd halten konnte, legte die Hand an den Griff seines Schwertes. »Ihr wollt Seine Majestät ausziehen und untersuchen? Im Ernst?«
    »Niemand kommt über die Brücke, der nicht zweifelsfrei nachgewiesen hat, wer er ist.« Der Wächter starrte die Ankömmlinge herausfordernd an.
    »Dann ruf die Königin. Sie soll es tun«, schlug Mirita vor.
    »Ha! Damit sie beide der Finsternis anheimfallen? Ganz bestimmt werde ich die Königin nicht herbitten.«
    Ein anderer Wächter kam näher, um den König näher in Augenschein zu nehmen. »Was ist das? Blut?«
    »Er ist verletzt«, erklärte Mirita. »Beim Licht, dann holt einen Arzt!«
    Die Brückenwächter sahen sich an und schienen zu überlegen, ob es vertretbar sei, einen Arzt herbeizurufen. Gleichzeitig kamen sie zu dem Schluss, dass dies tatsächlich sinnvoll sein könnte. »Hol lieber zwei!«, rief der eine dem zum Boten erkorenen Kameraden noch hinterher.
    Der Leibarzt des Königs , dachte Mirita, wird mit uns beiden nichts zu tun haben wollen … Nun, sei’s drum.
    Keine zehn Pferde hätten sie vom König fortziehen können. Piet blieb tapfer an ihrer Seite. So harrten sie aus, bis die beiden Ärzte kamen, hinter denen die Träger mit einer Bahre herbeieilten. Sie hoben den Verletzten ins Gras, und im Schein der mitgebrachten Lampen untersuchte der Leibarzt den Monarchen. Mirita rührte sich nicht von der Stelle. Sie wandte das Gesicht ab, hielt aber weiterhin Wache und starrte zum Wald hin, von wo immer noch die Feinde kommen konnten, ein Rudel von geifernden Wölfen, huschenden Schatten … Sie merkte kaum, wie der zweite Arzt sie mit ein paar geübten Handgriffen überprüfte. Wie eine Schlafwandlerin ritt sie den Männern nach, die den König trugen. Als diese den Weg hoch zur Burg einschlugen, wandte sie sich nach links, in die schmalen Gassen und zu den kleinen Häusern, wo sie wohnte.
    Wie viele Tage hatte sie darauf gewartet, dass man sie rief? Sie war nicht zum Dienst erschienen. Nach den schweren Verlusten im Wald musste die Patrouille neu eingeteilt werden. Hauptmann Solta hatte leicht verletzt überlebt – zum Glück handelte es sich bei keiner seiner Schrammen um eine Bisswunde – und war mit dem Rest der Truppe nicht viel später zurückgekommen. Obwohl in der Stadt die Gerüchteküche brodelte und viele ihm die Schuld an den Ereignissen zuschieben wollten – den König wagte natürlich niemand zu kritisieren –, oblag es Solta, die Wache neu aufzubauen. Mirita hatte gehofft, dass er sich auch an sie wandte, denn ein Leben ohne die Nachtpatrouille konnte sie sich gar nicht mehr vorstellen. Aber weder der Hauptmann noch der König hatte einen Boten geschickt.
    Bis

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