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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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weiter ungewöhnlich.
    »Hallooo?« Jovellanos Kopf wackelte in ihrem Fenster ungeduldig hin und her.
    Na, dann kommen wir mal zur Sache. Sämtliche Orte, an denen sich all diese Menschen zur selben Zeit aufgehalten haben, in den letzten … sagen wir mal, zwei Jahren …
    Nur am Rande nahm er wahr, wie Alice Jovellanos etwas über Aufmerksamkeitsdefizitstörung murmelte und die Verbindung unterbrach.
    Desjardins bemerkte es kaum. Der Pazifik war vollkommen dunkel geworden, abgesehen von einer einzelnen Ansammlung von Punkten. An der Südspitze des Juan-de-Fuca-Meeresrückens. Channer-Quelle, hieß es in der Legende.
    Ein Geothermalkraftwerk. Sein Name lautete Beebe .
     
    Dort hatte es auch Tote gegeben. Aber sie waren nicht durch Feuer gestorben; den Aufzeichnungen zufolge hatte Beebes gesamte Besatzung während des Erdbebens den Tod gefunden.
    Eigentlich – Desjardins rief eine seismische Karte auf – war Beebe sogar ziemlich genau das Epizentrum der Erschütterung gewesen, die das Jahrhundertbeben ausgelöst hatte … ßehemoth stammte vom Grund des Ozeans. Es war dort unten in den Quellen oder in der Moho gefangen gewesen, und das Erdbeben hatte es freigesetzt. Und nun laufen sie sich die Hacken ab, wie ein paar Adrenocorticoiden, und versuchen alles zu verbrennen, mit dem es in Kontakt gekommen sein könnte …
    Nein, Moment mal …
    Noch mehr Befehle. Die Datenwolke löste sich auf und bildete sich neu, verwandelte sich in eine Säule, die nach Zeiten sortiert war, und neben jedem Punkt auf der Karte erschien eine leuchtende Datumsanzeige.
    Beinahe alle Feuersbrünste hatten vor dem Erdbeben stattgefunden.
    Desjardins rief eine Teilmenge auf, die nur die Feuer auf Industriegeländen enthielt, verknüpft mit Rechnungen der NB. Quelle surprise: Sämtliche Industriegelände gehörten Firmen, die bei Beebes Bau mitgewirkt hatten.
    Das Ding wurde schon vor dem Erdbeben freigesetzt.
    Was bedeutete, dass das Beben möglicherweise doch keine Naturkatastrophe gewesen war. Womöglich war es lediglich eine Nebenwirkung gewesen. Ein Kollateralschaden im Zuge der Eindämmung.
    Nur dass die Eindämmung offenbar nicht erfolgreich gewesen war.
    Er rief sämtliche seismische Datenbanken innerhalb der Mauern der Zuflucht auf. Er packte Tausende Nachrichten in Flaschen und warf sie in den Mahlstrom, in der Hoffnung, dass ein paar von ihnen in Fachbibliotheken, Satellitenkameraarchiven oder bei einer Industriebeobachtungsbehörde ankommen würden. Er öffnete Standleitungen zu den Erdbebenüberwachungszentren an der UBC, in Melbourne und am CalTech. Er sah zu, wie sich haufenweise Müll ansammelte – Archive zur Gewinnung von Speicherplatz gesäubert, Daten wegen zu geringer Nachfrage gelöscht, Adresse fehlerhaft, Zugriff verweigert. Er ließ die Warnmeldungen, Echos und das ganze Kauderwelsch durch ein Dutzend Filter laufen, analysierte statt des Signals selbst nur noch die Restgrößen, machte Lücken ausfindig und berechnete Brücken.
    Er untersuchte die seismischen Daten im Vorfeld des Erdbebens und fand nichts, was darauf hingewiesen hätte: kein Absinken der Platte, keine Vorbeben, keine Veränderungen der Mikroschwerkraft oder Meerestiefe. Keines der kleinen Anzeichen, die normalerweise auf seismische Aktivitäten hindeuteten.
    Merkwürdig.
    Er suchte in den Archiven nach Satellitenkameraaufnahmen. An diesem Tag schien nichts über dem Nordpazifik irgendwelche Aufnahmen gemacht zu haben.
    Noch merkwürdiger. Eigentlich sogar ziemlich undenkbar.
    Er weitete den Suchradius aus, von der östlichen Innertropischen Konvergenzzone bis hoch zum Beringmeer. Ein Treffer: Ein Erdsatellit im polaren Orbit war gerade über den 45°-Horizont gestiegen, als die ersten Erschütterungen registriert wurden. Er hatte Bilder vom Beringmeer in sichtbaren Wellenlängen geschossen. Er war nicht auf den Pazifik gerichtet gewesen, es war also nur ein glücklicher Zufall, dass er aus den Augenwinkeln ein Bild geschossen hatte: Eine verschwommene Dunstsäule am Horizont, die vor einem sonst wolkenlosen Hintergrund von der Oberfläche des Ozeans aufstieg.
    Dem GPS zufolge war die Säule direkt über der Channer-Quelle aufgestiegen.
    Desjardins quetschte jedes Pixel erbarmungslos aus. Doch die graue Säule lieferte ihm sonst keinerlei Informationen – es war nur Dunst, dreitausend Kilometer von der Kamera entfernt, unscharf und nicht weiter bemerkenswert.
    An einer Seite war allerdings ein formloser Punkt zu erkennen. Anfangs führte Desjardins

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