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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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eigenen Wohl zwangszuernähren?«
    Perreault ging auf den Seitenhieb nicht ein. »Und Sie glauben, dass Sie unterhalb dieser Mindestdosis genügend Nährstoffe zum Überleben aufnehmen?«
    »Vielleicht nicht ganz. Aber zumindest verhungere ich sehr, sehr langsam.«
    »Ist das die Argumentation, mit der Sie diese Jugendlichen dazu gebracht haben, den Cycler zu zerstören? Fasten die etwa auch?« Es konnte in der Zone ernsthaft Ärger geben, wenn sich das herumsprach.
    »Sind Sie immer noch der Meinung, dass ich schuld bin? Glauben Sie tatsächlich, ich hätte all diese Menschen irgendwie davon überzeugt, zu hungern?«
    »Wer sonst?«
    »Sie haben solches Vertrauen in Ihre Maschinen. Ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, dass sie vielleicht doch nicht so gut funktionieren, wie Sie glauben?« Er schüttelte den Kopf und spuckte aus. »Natürlich nicht. Das hat man Ihnen nicht beigebracht.«
    »Die Cycler funktionieren wunderbar, solange Ihre Anhänger sie nicht zerstören.«
    » Meine Anhänger? Sie haben nicht für mich gefastet. Sie saugen an Ihren Zitzen wie eh und je. Erst wenn sie anfangen zu hungern, sehen sie Ihre Cycler als das, was sie wirklich …«
    Rums!
    Ein Aufprall auf Polymer, das Knallen einer Peitsche direkt hinter ihrem Ohr. Sie wirbelte mit der Fliege herum und erhaschte einen Blick auf den Stein, der über den Boden hüpfte. In zehn Metern Entfernung lief ein Mädchen über den Strand davon; einen weiteren Stein in der Faust.
    Perreault drehte sich wieder zu Amitav um. »Sie …«
    »Geben Sie nicht mir die Schuld. Ich bin nicht die Ursache. Ich bin lediglich das Resultat.«
    »Das kann so nicht weitergehen, Amitav.«
    »Sie können nichts dagegen tun.«
    »Das muss ich auch nicht. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie es nicht mit mir zu tun bekommen, sondern mit …«
    »Warum sollte Sie das kümmern?«, warf Amitav ein.
    »Ich versuche nur …«
    »Sie versuchen, Ihr Schuldgefühl zu besänftigen. Suchen Sie sich jemand anderen dafür.«
    »Sie können nicht gewinnen.«
    »Das hängt davon ab, was ich erreichen will.«
    »Sie sind ganz allein.«
    Amitav lachte und deutete mit den Armen auf den Strand. »Wie könnte ich allein sein? Sie haben mir doch netterweise all diese Schafe zur Verfügung gestellt und die vielen Toten und sogar einen Götz …«
    Er hielt inne. Perreault füllte die Lücke: einen Götzen, um sie zu inspirieren.
    »Sie ist nicht mehr hier«, sagte sie nach einer Weile.
    Amitav blickte den Strand hinauf; im Osten wurde der Himmel bereits hell. Eine Gruppe Neugieriger stand in einiger Entfernung inmitten der schlafenden Herde und sah zu ihnen herüber. Hier am Wasser war niemand sonst in Hörweite.
    Das Mädchen, das den Stein geschleudert hatte, war nirgendwo zu sehen.
    »Vielleicht ist es besser so«, stellte der Knochenmann fest. »Lenie Clarke war sehr … nicht einmal Ihre Antidepressiva schienen bei ihr zu wirken.«
    »Lenie? Ist das ihr Vorname?«
    »Ich glaube ja. Zumindest war das der Name, den sie während einer ihrer … Visionen erwähnt hat.« Er warf einen Blick auf Perreaults schwebende Verkörperung. »Wo ist sie hingegangen?«
    »Ich weiß es nicht. Es hat jedenfalls in letzter Zeit keine Sichtungen mehr gegeben. Nur noch Gerüchte.« Aber die kennen Sie natürlich alle … »Vielleicht ist sie tot.«
    Der Knochenmann schüttelte den Kopf.
    »Der Ozean ist groß, Amitav. Denken Sie an die Haie. Und wenn sie tatsächlich irgendwelche … Anfälle gehabt hat …«
    »Sie ist nicht tot. Ich glaube, es gab einmal eine Zeit, als sie sich den Tod gewünscht hat. Aber jetzt …«
    Er blickte landeinwärts. Am östlichen Horizont, hinter all den Menschen, dem niedergetrampelten Gestrüpp und den Türmen, wurde der Himmel rot.
    »Jetzt wird sie es Ihnen nicht mehr so einfach machen«, sagte Amitav.

Quellcode
    Er hatte die Karte am Abend zuvor auf dem Bildschirm seines Arbeitsplatzes stehen lassen. Nun stand Alice Jovellanos daneben und sah aus, als würde sie jeden Moment in die Luft gehen.
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt?« Auf der Anzeige zog sich ein leuchtender Blutfleck über die Küste hin, von Westport bis nach Copalis Beach.
    »Alice …«
    »Wir haben es hier mit einem betroffenen Gebiet von der Größe einer ganzen Stadt zu tun! Wie lange hast du das schon gewusst?«
    »Erst seit gestern Abend. Ich habe mir einige der Korrelationen vorgenommen und sie mit den Satellitenbildern von gestern verglichen und …«
    Sie schnitt ihm das Wort ab: »Du hast

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