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Maienfrost

Maienfrost

Titel: Maienfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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äußerlich sichtbaren Verletzungen zufügte?«
    »Das schon. Aber ich habe nie daran geglaubt. Dieser Arzt konnte ja noch nicht einmal beweisen, wie sie, wenn sein Verdacht zutreffend sein sollte, umgebracht wurden. Soweit ich das mitbekommen habe, waren das alles nur Spekulationen. Daran wollte ich mich keinesfalls beteiligen. Mir lag daran, endlich meinen Seelenfrieden wieder zu finden. Können Sie sich vorstellen, wie man sich fühlt, wenn einem das Liebste genommen wird? Noch dazu auf so unvorstellbar grausame Art und Weise. Dieser Tag hätte der schönste und glücklichste meines, unseres Lebens sein sollen. Stattdessen ist er für immer zum Albtraum geworden. Es ist schon schlimm genug, wenn man damit klarkommen muss, dass die eigene Frau kaltblütig ermordet worden ist. Wenn ich den Worten dieses Mannes Glauben geschenkt hätte, dann hätte mich das womöglich meinen Verstand gekostet. Denn das würde ja bedeuten, dass Carmens Mörder noch immer unerkannt herumliefe. Erwarten Sie allen Ernstes, dass ich mit diesem Wissen jemals die Chance gehabt hätte, wieder ein halbwegs normales Leben zu führen? Dass ich bisher nicht wieder geheiratet habe, zeugt allein davon, dass ich Carmens Verlust bis heute nicht verwinden konnte.« Während der Immobilienmakler sprach, strich er mit den Fingerspitzen zärtlich über das Bild seiner Frau, das vor ihm auf dem Schreitisch stand und Henning erst jetzt, da er Pascal Austens Geste verfolgte, auffiel. »Ich habe meine ganze Kraft und Energie in den Aufbau meines Unternehmens gesteckt und war, wie ich mit Fug und Recht sagen darf, erfolgreich darin. Und nun, wo ich die Schatten der Vergangenheit hinter mir gelassen habe, kommen Sie, um alte Wunden wieder aufzureißen …«
    »Es tut mir Leid«, bedauerte Henning, »diese Reaktion bei Ihnen hervorgerufen zu haben. Aber solange die Möglichkeit besteht, den Fall doch noch aufzuklären, fühle ich mich verpflichtet, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln dazu beizutragen.«
    An diesem Punkt des Gesprächs angekommen, hielt der Kommissar es für angebracht, Carmens Ehemann von den neuerlichen Mordfällen auf Rügen in Kenntnis zu setzen. Nachdem er ihn auf mögliche, die Fälle verbindende Gemeinsamkeiten hingewiesen hatte, war der Immobilienmakler ganz blass geworden. »Diese Zusammenhänge konnte ich ja nicht ahnen«, stammelte er fassungslos. »Angesichts dieser Entwicklung können Sie meiner Unterstützung gewiss sein.«
    »Zunächst einmal bräuchte ich eine Liste aller Hochzeitsgäste, um sie mit Albert Pirells Angaben vergleichen und etwaige Unstimmigkeiten ausschließen zu können.«
    Pascal versprach ihm die Liste zukommen zu lassen.
    Ihm die Hand reichend, erhob sich Henning. »Ich denke, ich habe Ihre wertvolle Zeit lange genug in Anspruch genommen. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.«

9
    Nachdem Pascal Austen seinen Gast noch bis zum Tor begleitet hatte, und dieser nun wieder auf der Straße stand, umfing ihn die Hitze des Hochsommertages mit voller Wucht. Schutz vor der Sonne suchend, überquerte Henning die Fahrbahn, um auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig unter Schatten spendenden Bäumen seinen Weg fortzusetzen. Plötzlich hörte er, wie jemand nach ihm rief. Verwundert drehte er sich um. Die Stimme die er vernommen hatte, kam aus einem, hinter einer dichten Ligusterhecke versteckt liegenden Garten. Sie gehörte einer älteren ausgemergelten Frau, die im Rollstuhl saß und sich nun mit ihrem Gefährt mühselig in Hennings Richtung schob. Einen mit Rosen bewachsenen Torbogen durchquerend, betrat der Kommissar das Grundstück. Etwa zwei Schritte von der Frau entfernt blieb er stehen. »Sie wollten mich sprechen?«, vergewisserte er sich.
    »Wenn Sie von der Polizei sind, dann ja.« Henning war verblüfft. »Woher wissen Sie das?«, fragte er.
    »Wir befinden uns hier nicht in einer Großstadt, sondern auf dem Dorf. Da sieht und erfährt man so manches, wenn man die Augen und die Ohren offen hält.« Abwartend sah die Alte den Kommissar an. Als dieser keine Anstalten machte etwas zu sagen, ergriff sie wieder das Wort. »Und wie sieht es aus, daran interessiert, etwas über diese feine Gesellschaft, die sich da drüben eingenistet hat, zu erfahren?«
    Neugierig geworden trat Henning einen Schritt näher. »Das klingt aber nicht gerade nach Nachbarschaftsliebe«, äußerte er mit fragendem Unterton.
    »Das soll es auch nicht. Ich habe nicht vor, aus meinem Herzen eine Mördergrube zu machen. Also, wenn Sie

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