Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maienfrost

Maienfrost

Titel: Maienfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
Vom Netzwerk:
interessiert sind, dann setzten Sie sich und wir unterhalten uns ein wenig.« Kaum war der Kommissar der Aufforderung der Frau, die sich ihm im Laufe des Gesprächs als Almut Miersch vorstellte, gefolgt, und hatte sich auf einen der weiß gestrichenen Gartenstühle niedergelassen, stellte ihm die Frau anstatt der in Aussicht gestellten Informationen eine Frage. »Sie sind also gekommen, um herauszufinden, wer Carmen auf dem Gewissen hat, stimmt’s?« Henning nickte.
    »Wurde aber auch allmählich Zeit. Würde mich mal interessieren, wieso die Kripo sich neuerdings ihrer bereits pensionierten Beamten bedient, wenn sie in einem Mordfall ermittelt?«
    »Wie ich sehe, sind Sie bestens informiert«, warf Henning belustigt ein. »Allerdings verhält sich die Sache etwas anders, als Sie vermuten. Ich ermittle auf eigene Faust und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polizei erfreut wäre, wenn sie davon Wind bekäme. Wie Sie sehen, bin ich dafür, mit offenen Karten zu spielen. Ich gehe mal davon aus, dass sich das auch bei Ihnen so verhält.«
    »Wäre ich sonst auf Sie zugekommen?« Noch während die Frau sprach, holte Henning sein Notizbuch hervor und schlug es auf. Er las die Liste der von Albert Pirell benannten Zeugen durch, suchte aber vergebens nach Almut Mierschs Namen. Als er sie daraufhin ansprach, winkte sie nur gelangweilt ab. »Ich hab’ davon gehört, dass dieser Mann, ein Rechtsmediziner, wie mir gesagt wurde, sich hier umgehört haben soll. Zu der Zeit jedoch lag ich im Krankenhaus. Wenige Tage bevor Carmen ermordet wurde, musste ich mich einer komplizierten Hüftgelenkoperation mit anschließender Reha-Behandlung unterziehen. Als ich ein knappes halbes Jahr später nach Hause entlassen wurde, sprach kaum noch jemand über den Fall. Damals gab es für die Leute hier im Ort wesentlich brisantere Themen: die ersten Fabriken schlossen und die Leute standen von heute auf morgen auf der Straße. Der Euphorie über die Wiedervereinigung und der Freude über die DM folgte nun die Ernüchterung. Existenzängste griffen um sich …«
    Henning war enttäuscht. Aufgrund des Gehörten ging er davon aus, dass Almut Miersch ihm keine große Hilfe sein würde. Wahrscheinlich langweilte sie sich nur und suchte nach einem Vorwand, um ihn in ein Gespräch zu verstricken. Der Kommissar überlegte schon wie er sich, ohne unhöflich zu wirken, zurückziehen konnte. Um die Sache abzukürzen, stellte er fest: »Wenn Sie zur Tatzeit gar nicht hier waren, ist wohl kaum damit zu rechnen, dass Sie über Erkenntnisse verfügen, die mich weiterbringen könnten.«
    »Was die Tat betrifft, so mögen Sie Recht haben. Dafür weiß ich von anderen Dingen.«
    »Die da wären?«, erkundigte sich Henning gelangweilt.
    »Hat Pascal Austen Ihnen erzählt, wie seine Ehe mit Carmen zustande kam?«, vergewisserte sich Almut Miersch ohne auf des Kommissars Frage einzugehen.
    »Wie soll es schon dazu gekommen sein: die beiden heirateten, weil sie ineinander verliebt waren.«
    »Dachte ich mir doch, dass er Ihnen diesen Schwachsinn auftischen würde. Davon ist kein Wort wahr.«
    »Darf ich fragen, was Sie da so sicher macht?«, erkundigte sich der Kommissar mit plötzlich neu erwachtem Interesse.
    »Sie sollten wissen, dass Carmen und ich uns nahe standen. Nachdem ihre Mutter im Wochenbett verstarb, nahm ich mich der armen Kleinen an. Es war damals schon abzusehen, dass unsere Ehe aufgrund meines angeschlagenen Gesundheitszustandes kinderlos bleiben würde. Obwohl ich zu der Zeit noch nicht im Rollstuhl saß, war ich in meiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Wie Sie sich sicher denken können, schenkte ich da nur allzu bereitwillig meine Liebe diesem hilflosen kleinen Mädchen. Eine Zeit lang befürchtete ich sogar, dass Carmen auch noch ihren Vater verlieren würde. Nach dem Tod seiner Frau schien er sich aufgeben zu wollen. Es ging ihm damals so schlecht, dass ich schon das Schlimmste befürchten musste und mit dem Gedanken spielte – sollte es soweit kommen – Carmen zu adoptieren. Ich weiß nicht, was aus den beiden geworden wäre, wenn ich mich ihrer damals nicht angenommen hätte. Letztendlich fing Aaron, ihr Vater, sich dann aber wieder. Ich schätze mal, die Sorge um sein kleines Mädchen gab ihm die dazu notwendige Kraft. Er vergötterte Carmen. Bei ihm fand sie mit all ihren Sorgen und Nöten stets ein offenes Ohr. Es war anrührend, zu beobachten, wie liebevoll die beiden miteinander umgingen. Aber manchmal, vor allem dann,

Weitere Kostenlose Bücher