Maienfrost
ihnen aus Richtung des Marktplatzes näherte, entdeckte. Nachdem der Polizeibeamte sich zu ihnen gesetzt und sich gleichfalls ein eisgekühltes Mineralwasser bestellt hatte, erkundigte er sich bei Henning nach weiteren Einzelheiten seines Treffens mit Micha Kronstedt. Während er aufmerksam zuhörte, drehte er nachdenklich das Wasserglas in seinen Händen. »Da könnte was dran sein«, gestand er dem Kommissar zu, als dieser mit seinem Bericht geendet hatte. »Ich würde dir ja wirklich gerne helfen«, räumte er ein. »Allerdings weiß ich nicht so recht, wie ich meinem Vorgesetzen erklären soll, wie ich auf die Spur von Micha Kronstedt kam? Spätestens da müsste ich nämlich Farbe bekennen und zugeben, dass ich dich unerlaubterweise in den Fall eingeweiht und mit internen Informationen versorgt habe. Das wiederum könnte zur Folge haben, dass ich mit sofortiger Wirkung von dem Fall suspendiert werde. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde, die sich auf die Preisgabe von hoch brisanten Ermittlungsergebnissen beruft, wäre wahrscheinlich noch die mildeste Strafe, die ich zu erwarten hätte. Unabhängig davon, wie hilfreich sich dein Dazutun in dieser Angelegenheit erweisen sollte.«
»Heißt das«, erkundigte sich Henning, »dass wir nicht mit deiner Unterstützung rechnen können?«
Peer wandte sich verlegen. Mit einer unwirschen Bewegung fuhr er sich mit dem Handrücken über die Stirn, um sich den Schweiß, der ihm in Strömen übers Gesicht lief, abzuwischen. Bevor er etwas erwidern konnte, mischte sich Leona in das Gespräch der beiden Männer ein.
»Was halten Sie davon, sich auf mich zu berufen?«
Peer warf ihr einen erstaunten Blick zu. »Können Sie mir verraten, was Sie darunter verstehen?«
»Ganz einfach«, beschied ihm Leona, »Ihrem Vorgesetzten gegenüber geben Sie an, durch mich von der Existenz Micha Kronstedts erfahren zu haben. Sie könnten mich während eines Gesprächs bei Doktor Probst kennen gelernt haben. Mein Wissen um die vor dreizehn Jahren verübten Morde und der von mir vermutete Zusammenhang mit den jetzigen Taten haben Sie dazu bewogen, sich von mir die Akten meines Großvaters auszuleihen, um der Sache auf eigene Faust nachzugehen. Sie könnten geltend machen, dass Ihnen Micha Kronstedt anhand der Unterlagen verdächtig erschien. Deshalb riefen Sie ihn an. Von seiner Mutter erfuhren Sie, dass er sich zurzeit in Stralsund aufhalte. Das habe Sie natürlich stutzig gemacht und so weiter und so fort …«
»Genial! Das ist einfach genial!«, rief Henning. Auch Peer fand die Idee grandios. Nichtsdestotrotz kratzte es an seinem Stolz, nicht von selbst darauf gekommen zu sein. »Genauso machen wir es«, bestimmte Kommissar Lüders. »Wenn du es schlau genug anstellst, kann dir gar nichts passieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, rufe ich nachher bei Doktor Probst an, um auch ihn zu instruieren. Nur für den Fall«, räumte er ein, »dass einer deiner Vorgesetzten auf den Gedanken käme deine Angaben nachzuprüfen. Allerdings rechne ich nicht damit, dass er unseren Plan durchkreuzen könnte.«
»Also gut!«, stimmte Peer zu. »Ich werde sehen, was ich machen kann. Drückt mir die Daumen, dass es mir gelingt, meinen Chef davon zu überzeugen, eine Überprüfung von Micha Kronstedts Alibis anzuordnen. Wenn wir ihn erst einmal in der Zange haben, dürfte es für ihn nicht mehr so leicht sein, sich mit fadenscheinigen Beteuerungen herauszureden.« Ein Blick auf seine Uhr veranlasste Peer, sich schleunigst zu erheben. »Was? Schon so spät!«, stieß er hervor. »Wenn ich mich nicht beeile, dann fängt die Zusammenkunft noch ohne mich an.« Schon im Gehen begriffen, drehte er sich noch einmal um. »Hast du Micha Kronstedt eigentlich mal danach gefragt, ob er sich ›Romeo und Julia‹ angesehen hat?«, erkundigte er sich.
»Mist! Das habe ich doch glattweg vergessen! Allmählich scheine ich wirklich zu alt für diesen Job zu werden«, musste sich Henning eingestehen. »Tut mir Leid! Wie es aussieht, wirst du das selbst herausfinden müssen. Ich wünsche dir viel Glück! Ruf mich an, wenn es etwas Neues gibt.«
16
Um den Fall aus nächster Nähe weiterverfolgen zu können, ließ sich Leona auf der Heimfahrt nur allzu bereitwillig dazu überreden, auch für den Rest ihres Urlaubs Hennings Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen.
Während sie den Nachmittag am Strand verbrachte, ließ der Kommissar in Gedanken noch einmal sein Gespräch mit Micha Kronstedt Revue passieren. In seine Überlegungen
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