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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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»dann bestimmt nicht hier.«
    Er lief weiter durch die Straßen. Ab und zu ging er in eine Bar, trank einen Vermouth und brachte die Sprache auf Spielautomaten.
    »Regelmäßig alle drei Monate werden sie abgeholt. Dann stellen wir wieder neue auf und haben für drei Monate Ruhe.«
    »Kennen Sie Brown?«
    »Den Brown, der ermordet worden ist?«
    Es war öde. Mittag war schon vorbei, die Sonne knallte senkrecht auf die Straßen herunter. Maigret hatte Lust, einen Verkehrspolizisten anzureden wie ein abenteuerlustiger Tourist und ihn zu fragen: ›Wo ist hier das Vergnügungsviertel?‹
    Wenn Madame Maigret hier gewesen wäre, hätte sie bestimmt erwähnt, daß seine Augen von den vielen Vermouths schon ein wenig glänzten.
    Er bog um eine Straßenecke, dann noch mal um eine. Und auf einmal war er nicht mehr in dem Cannes mit den sonnenbeschienenen hohen weißen Häusern, sondern befand sich in einer anderen Welt, in schmalen, gerade einen Meter breiten Straßen, wo Wäsche auf von Haus zu Haus gespannten Drähten hing.
    Rechts sah er ein Schild: ›Zum Seebär‹.
    Und links ein Schild: ›Liberty Bar‹.
    Maigret ging in den ›Seebären‹, stellte sich an die Theke und bestellte einen Vermouth.
    »Ach, ich dachte, Sie haben sicher einen Spielautomaten.«
    »Wir hatten einen.«
    Er hatte vom Herumlaufen in der Stadt einen schweren Kopf und weiche Knie.
    »Aber ein paar Lokale haben doch noch einen!«
    »Ein paar, ja«, knurrte der Kellner und wischte mit dem Lappen über die Theke, »es gibt immer welche, die sich durchmogeln. Aber das geht uns ja schließlich nichts an, oder?«
    Er schaute auf die Straße hinaus und antwortete auf die nächste Frage, die Maigret stellte:
    »Zwei Francs fünfundzwanzig … Ich kann nicht wechseln …«
    Nun stieß Kommissar Maigret die Tür zur Liberty Bar auf.

3
    William Browns Patenkind
    D
    as leere Lokal war kaum größer als zwei mal drei Meter. Er mußte zwei Stufen hinuntersteigen, denn es lag etwas tiefer als die Straße.
    Eine schäbige Theke und ein Wandgestell mit einem Dutzend Gläser. Der Spielautomat. Schließlich noch zwei Tische.
    Im Hintergrund eine Glastür mit Tüllvorhang. Dahinter konnte man undeutlich Köpfe erkennen, die sich bewegten. Aber niemand stand auf, um den Gast zu begrüßen. Nur eine Frauenstimme rief heraus:
    »Worauf warten Sie denn?«
    Maigret trat ein.
    Es ging noch einmal eine Stufe hinunter. Das Fenster, das auf den Hof ging, glich einem Kellerfenster. Im trüben Licht sah der Kommissar drei Personen an einem Tisch sitzen. Die Frau, die hinausgerufen hatte und ungestört weiteraß, musterte ihn auf dieselbe Art, wie er Leute zu mustern pflegte, ruhig und ohne die kleinste Einzelheit außer acht zu lassen.
    Sie hatte die Ellenbogen auf den Tisch gestemmt, seufzte nach einer Weile, wies mit dem Kinn auf einen Hocker und sagte:
    »Da Sie sich nun schon mal die Mühe gemacht haben.«
    Neben ihr saß in sauberer Matrosenuniform ein Mann, den Maigret nur von hinten sah. Sein blondes Haar war im Nacken ausrasiert, und er trug Manschetten.
    »Iß ruhig«, sagte die Frau zu ihm, »es ist nichts weiter …«
    Am anderen Tischende schließlich saß eine dritte Person, eine junge Frau mit blasser Gesichtsfarbe, deren große Augen Maigret argwöhnisch anblickten.
    Sie saß im Morgenrock da, und ihre linke Brust war zu sehen, aber niemand achtete darauf.

    »Setzen Sie sich doch. Sie erlauben, daß wir weiteressen.«
    War sie fünfundvierzig, fünfzig oder mehr? Das war schwer zu sagen. Sie war dick, fröhlich und selbstsicher. Man spürte, daß sie nichts mehr erschrecken konnte, sie hatte alles gesehen, alles gehört, alles erlebt.
    Ein Blick hatte ihr genügt, um zu erraten, was Maigret hierhergeführt hatte. Sie war nicht einmal aufgestanden. Sie schnitt dicke Scheiben von einer Hammelkeule, die einen Augenblick Maigrets Aufmerksamkeit erregte, denn eine so fette Hammelkeule hatte er noch nie gesehen.
    »Also, woher kommen Sie, aus Nizza, aus Antibes? Ich hab Sie hier noch nie gesehn.«
    »Von der Kriminalpolizei in Paris.«
    »Ah!«
    Und dieses »Ah!« deutete an, daß sie den Unterschied kannte und den Rang des Besuchers richtig einschätzte.
    »Es stimmt also?«
    »Was?«
    »Daß William so etwas wie eine bedeutende Persönlichkeit war?«
    Maigret sah den Matrosen jetzt im Profil. Es war kein gewöhnlicher Matrose, seine Uniform war aus feinem Tuch, er hatte goldene Tressen und ein Waffenclubwappen an seiner Mütze. Er schien sich nicht wohl zu

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