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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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mal, um ein Jahr verlängern.«
    Sie horchten gleichzeitig auf, denn ihnen war beiden die plötzliche Stille aufgefallen, die sie umgab. Es fehlte etwas. Und dieses Etwas war Jajas Stöhnen.
    Als sie sich zum Bett umwandten, sahen sie, daß Jaja den Kopf angehoben und auf den einen Arm gelegt hatte. Sie warf ihnen einen harten Blick zu und rang nach Atem.
    Sie hatte gehört, was sie sagten, und begriffen. Und sie schien den kleinen Doktor für ihren Zustand verantwortlich zu machen.
    »Fühlen Sie sich besser?« fragte er, nur um etwas zu äußern.
    Sie legte sich voll Verachtung wieder zurück, ohne ein Wort zu sagen, und schloß die Augen.
    Der Arzt wartete eine Weile, ob man ihn noch brauchte. Er legte seine Instrumente wieder in die Arzttasche und führte dabei offenbar ein stummes Selbstgespräch, denn zwischendurch nickte er mit dem Kopf.
    »Sie können ruhig gehen«, sagte Maigret, als er fertig war, »es ist doch wohl nichts zu befürchten?«
    »Jedenfalls nicht im Augenblick.«
    Als er fort war, setzte sich Maigret auf einen Stuhl am Ende des Bettes und stopfte sich seine Pfeife, denn der Arzneigeruch, der sich im ganzen Zimmer verbreitet hatte, war ihm unerträglich. Außerdem schob er die Schüssel, in der die Wunde ausgewaschen worden war, da er nicht wußte, wo er sie sonst hintun sollte, unter den Kleiderschrank.
    Er fühlte sich dumpf und schwer. Sein Blick ruhte auf Jajas Gesicht. Es wirkte noch aufgedunsener als gewöhnlich. Vielleicht weil ihre wenigen Haare jetzt nach hinten hingen und eine hohe gewölbte Stirn entblößten, die über der Schläfe eine kleine Narbe zierte.
    Links neben dem Bett stand das Sofa.
    Jaja schlief nicht, dessen war er sich sicher. Ihr Atem ging unregelmäßig, die geschlossenen Lider zuckten.
    Woran dachte sie? Sie wußte, daß er bei ihr saß und sie beobachtete. Und sie wußte, daß ihre Pumpe nicht mehr funktionierte und daß sie nicht mehr lange zu leben hatte.
    Was ging in ihr vor? Welche Bilder schwebten hinter der klobigen Stirn?
    Plötzlich richtete sie sich mit einer unvermittelt heftigen Bewegung auf, sah Maigret aus irren Augen an und rief: »Gehen Sie nicht weg! Ich habe Angst! Wo ist er? Wo ist der kleine Mann? Ich will nicht …«
    Er ging zu ihr, um sie zu beruhigen, und unwillkürlich sagte er:
    »Seien Sie ganz ruhig, gute alte Frau …«
    Ja, eine alte Frau. Eine arme dicke alte Frau, von Alkohol vollgesogen wie ein Schwamm und mit so geschwollenen Fußgelenken, daß sie ging wie ein Elefant.
    Trotzdem war sie in der Umgebung der Porte Saint-Martin viele Kilometer herumgelaufen, straßauf, straßab.
    Sie ließ sich gehorsam den Kopf auf das Kissen zurückdrücken. Der Rausch hatte sich anscheinend verflüchtigt. Unten hatte der Schutzmann, der allein im Hinterzimmer saß, eine Flasche gefunden und schenkte sich ein. Sie spitzte die Ohren und fragte ängstlich:
    »Wer ist da?«
    Auch andere Geräusche waren jetzt zu hören. Schritte auf der Straße, noch weit weg, dann eine atemlose Frauenstimme – sie rannte sicher –, die fragte:
    »Warum ist drinnen kein Licht? Ist …«
    »Seht! Machen Sie nicht so viel Lärm.«
    Kurze Klopfzeichen auf den Fensterläden. Der Beamte unten ging öffnen. Geräusche im Hinterzimmer. Schließlich kam jemand die Treppe heraufgelaufen.
    Jaja sah Maigret zu Tode verängstigt an. Fast hätte sie aufgeschrien, als er zur Tür ging.
    »Ihr könnt jetzt gehen«, rief der Kommissar den Leuten zu und trat beiseite, um Sylvie ins Zimmer zu lassen.
    Sie blieb mitten im Zimmer plötzlich stehen und drückte die Hand auf ihr Herz, das rasend klopfte. Ihren Hut hatte sie vergessen mitzunehmen. Sie verstand nicht, was vor sich ging, und starrte mit weit geöffneten Augen auf das Bett.
    »Jaja …«
    Unten hatte der Schutzmann, der vorhin schon etwas getrunken hatte, auch dem anderen Beamten eingeschenkt, denn man hörte Gläser aneinanderklirren. Dann ging die Eingangstür auf und schloß sich wieder. Schritte entfernten sich auf den Hafen zu.
    Maigret bewegte sich so wenig und geräuschlos wie möglich, so daß man vergessen konnte, daß er überhaupt da war.
    »Meine arme Jaja …«
    Dennoch ging Sylvie nicht zu ihr hin. Etwas hielt sie zurück: der frostige Blick, den die Alte auf sie richtete.
    Sylvie wandte sich zu Maigret um und stammelte:
    »Hat …?«
    »Hat was?«
    »Nichts. Ich weiß nicht. Hat sie …?«
    Seltsam: Obwohl die Tür geschlossen war, obwohl er weit weg stand, war das Ticken des Weckers zu hören, so rasch, so

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