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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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er ist aus dem Norden und bietet uns einen alten Genever an.«
    Und so war es auch. Zuerst kam eine kleine, kugelrunde Frau, sehr blond und sehr rosig, die man genau betrachten musste, um unter der dicken Puderschicht ein feines Netz von Falten zu entdecken.
    »Monsieur Loiseau«, rief sie. »Hier ist jemand für Sie.«
    Dabei war es Madame Loiseau! Sie ließ sie in den Salon eintreten, in dem es nach Möbelpolitur roch.
    Loiseau war ebenfalls rundlich, aber groß und breit, größer und breiter als Maigret, was ihn nicht daran hinderte, sich mit tänzerischer Grazie zu bewegen.
    »Setzen Sie sich, Herr Kommissar. Und Sie auch, Monsieur …«
    »Das ist Inspektor Lucas.«
    »Ach, ich hatte einen Schulkollegen, der auch Lucas hieß. Sie sind nicht zufällig Belgier, Inspektor? Ich bin es nämlich. Man hört es, oder? Doch, doch! Warum sollte ich mich dafür schämen? Es ist schließlich keine Schande, Belgier zu sein. Bring uns etwas zu trinken, meine Gute.«
    Und gleich darauf standen kleine Gläser mit Genever auf dem Tisch.
    »Albert? Und ob ich mich an den erinnere! Er stammte aus dem Norden. Ich glaube übrigens, dass seine Mutter ebenfalls Belgierin war. Mir hat es leidgetan, dass er wegging. Sehen Sie, in unserem Beruf ist Fröhlichsein das Wichtigste. Die Leute, die in ein Lokal gehen, wollen heitere Gesichter sehen. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Kellner, ein hochanständiger Mensch mit ich weiß nicht wie vielen Kindern, der sich immer, wenn ein Gast ein Mineralwasser, Vichy oder sonst irgendetwas Alkoholfreies bestellte, zu ihm hinunterbeugte und ihm vertraulich zuflüsterte:
    ›Haben Sie auch ein Magengeschwür?‹
    Es war sein einziges Gesprächsthema, und ich musste ihn schließlich entlassen, weil die Leute den Platz wechselten, sobald sie ihn an ihren Tisch kommen sahen.
    Albert war genau das Gegenteil. Ein Spaßvogel. Er hat immer gesungen, hat sich den Hut schief auf den Kopf gesetzt, als wollte er damit jonglieren, und hatte stets einen Scherz auf Lager. Er hatte eine ganz typische Art, den Leuten zuzurufen: ›Schönes Wetter heute, was?‹«
    »Ist er von Ihnen fortgegangen, um sich selbständig zu machen?«
    »Ja, irgendwo am Quai de Charenton hat er ein Lokal eröffnet.«
    »Hat er eine Erbschaft gemacht?«
    »Ich glaube nicht. Er hätte es mir gesagt. Ich glaube nur, er hat geheiratet.«
    »Als er von Ihnen fortging?«
    »Ja, kurz vorher.«
    »Waren Sie nicht zu seiner Hochzeit eingeladen?«
    »Ich wäre bestimmt dabei gewesen, wenn sie in Paris stattgefunden hätte, denn bei mir gehörten die Angestellten zur Familie. Aber sie haben irgendwo im Süden geheiratet, auf dem Land … ich weiß nicht mehr, wo.«
    »Können Sie sich wirklich nicht daran erinnern?«
    »Nein, ich muss gestehen, für mich ist alles jenseits der Loire Süden.«
    »Haben Sie seine Frau nicht gekannt?«
    »Er hat sie mir eines Tages vorgestellt. Eine Brünette, nicht besonders hübsch …«
    »Schielte sie?«
    »Ja, ihre Augen standen ein bisschen schief. Aber es hat nicht sehr gestört. Es gibt Menschen, bei denen so etwas abstößt, und anderen wiederum steht es gar nicht so schlecht.«
    »Sie erinnern sich nicht zufällig an ihren Mädchennamen?«
    »Nein. Nur daran, dass sie mit Albert verwandt war, seine Cousine oder so etwas. Sie kannten sich schon ewig. Albert sagte:
    ›Wenn man sowieso irgendwann mal heiraten muss, kann man genauso gut jemanden nehmen, den man schon kennt.‹
    Er musste immer Witze machen. Anscheinend war er unübertrefflich beim Vortragen von Couplets, und mir haben Gäste allen Ernstes versichert, dass er seinen Lebensunterhalt im Varieté hätte verdienen können.
    Noch ein Gläschen? Sehen Sie, hier ist es ruhig, zu ruhig sogar, und es könnte gut sein, dass ich eines Tages meinen Beruf wiederaufnehme. Aber leider findet man nicht mehr viele solcher Angestellten wie Albert. Kennen Sie ihn? Läuft sein Lokal?«
    Maigret zog es vor, den beiden nicht zu sagen, dass Albert tot war, weil er an das stundenlange Seufzen und Klagen dachte, das darauf folgen würde.
    »Wissen Sie, ob er Freunde hatte, die ihm sehr nahestanden?«
    »Er war mit aller Welt befreundet.«
    »Hat ihn nie jemand von der Arbeit abgeholt?«
    »Nein. Er ging gern zum Pferderennen. Er richtete es so ein, dass er möglichst oft nachmittags frei hatte. Aber er war nicht leichtsinnig. Er hat nie versucht, mich anzupumpen. Er wettete nur so viel, wie ihm seine Mittel erlaubten. Wenn Sie ihn sehen, richten Sie ihm bitte

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