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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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ich weiß nicht welcher Straße sein. Wir haben da vor zwei Jahren mal eine Razzia gemacht. Erkundige dich, ob sie Telefon haben.«
    Es lag unten, an der Seine, nahe der dunklen Masse der Fabrikgebäude; ein schäbiges Hotel, in dem es von frisch eingetroffenen Ausländern wimmelte. Entgegen den polizeilichen Vorschriften hausten sie oft zu dritt oder viert in einem Raum. Erstaunlich war vor allem, dass die Pension von einer Frau geleitet wurde und dass es ihr gelang, ihre zweifelhaften Gäste in Schach zu halten. Sie kochte sogar für sie.
    »Hallo. Ist dort Quai de Javel 132?«
    Eine heisere Frauenstimme meldete sich.
    »Ist Poliensky da?«
    Sie schwieg und schien sich die Antwort zu überlegen.
    »Ich meine Victor …«
    »Wie meinen Sie?«
    »Ist er bei Ihnen?«
    »Geht Sie das was an?«
    »Ich bin ein Freund von ihm.«
    »Sie sind von der Polizei, meinen Sie wohl.«
    »Na schön, zugegeben. Wohnt Poliensky noch bei Ihnen? Dass Ihre Antworten überprüft werden, brauchen wir Ihnen wohl nicht zu sagen.«
    »Eure Methoden sind bekannt.«
    »Also?«
    »Er wohnt seit mehr als sechs Monaten nicht mehr hier.«
    »Wo hat er gearbeitet?«
    »Bei Citroën.«
    »War er schon lange in Frankreich?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Sprach er Französisch?«
    »Nein.«
    »Hat er lange bei Ihnen gewohnt?«
    »Etwa drei Monate.«
    »Hatte er Freunde? Empfing er Besuch?«
    »Nein.«
    »Waren seine Papiere in Ordnung?«
    »Wahrscheinlich, sonst hätten sich Ihre Kollegen von der Fremdenpolizei bei mir gemeldet.«
    »Noch eine Frage. Hat er seine Mahlzeiten bei Ihnen eingenommen?«
    »Meistens.«
    »Hat er mit Frauen verkehrt?«
    »Sie Schwein, glauben Sie vielleicht, ich kümmere mich um so was?«
    Maigret legte auf und sagte zu Lucas:
    »Ruf die Fremdenpolizei an.«
    Aber bei der Fremdenpolizei war der Mann nicht gemeldet. Mit anderen Worten, der Tscheche war illegal nach Frankreich gekommen, wie so viele andere, wie Tausende und Abertausende, die die zwielichtigen Viertel von Paris unsicher machten. Zweifellos hatte er sich wie die meisten von ihnen einen falschen Personalausweis beschafft. Einige Druckereien in der Nähe des Faubourg Saint-Antoine stellten sie serienmäßig zu festen Preisen her.
    »Ruf bei Citroën an!«
    Die Fotos des Toten wurden gebracht, und Maigret verteilte sie an die Inspektoren des Sittendezernats und der Fremdenpolizei.
    Er ging selbst mit den Fingerabdrücken zum Erkennungsdienst. Aber kein Abdruck stimmte mit einem der dort registrierten überein.
    »Ist Moers nicht da?«, fragte er, indem er die Tür zum Labor einen Spaltbreit aufmachte.
    Moers hätte nicht da zu sein brauchen, denn er hatte die ganze Nacht und den ganzen Tag gearbeitet. Aber er brauchte nur wenig Schlaf. Er hatte keine Familie und, soviel man wusste, auch keine Freundin; seine einzige Leidenschaft galt dem Labor.
    »Hier bin ich, Chef.«
    »Noch ein Toter für dich. Aber komm erst mal mit in mein Büro.«
    Sie gingen gemeinsam hinunter. Lucas sprach gerade mit der Buchhaltung der Citroën-Werke.
    »Die Alte hat nicht gelogen. Er hat drei Monate lang als Hilfsarbeiter dort gearbeitet. Seit fast sechs Monaten wird er nicht mehr in den Lohnlisten geführt.«
    »War er ein guter Arbeiter?«
    »Er hat selten gefehlt. Aber sie haben so viele, dass sie nicht jeden Einzelnen kennen. Ich habe gefragt, ob mir der damals für ihn zuständige Vorarbeiter Genaueres über ihn sagen könnte, wenn ich ihn morgen aufsuchen würde. Aber das ist unmöglich. Bei den Facharbeitern, ja. Aber die Hilfsarbeiter, die fast alle Ausländer sind, kommen und gehen, und man kennt sie nicht. Es sind immer mehrere hundert, die vor den Fabriktoren auf Einstellung warten. Sie arbeiten drei Tage, drei Wochen oder drei Monate, und dann sieht man sie nicht mehr. Sie werden je nach Bedarf in dieser oder jener Werkstatt beschäftigt.«
    »Und der Tascheninhalt?«
    Auf dem Schreibtisch lag eine abgenutzte Brieftasche, deren Leder einmal grün gewesen sein musste und die außer der Gewerkschaftskarte das Foto eines jungen Mädchens enthielt. Sie hatte ein rundes, sehr frisches Gesicht; die Stirn war von schweren Zöpfen umrahmt. Zweifellos ein tschechisches Landmädchen.
    Außerdem befanden sich zwei Tausend- und drei Hundertfrancscheine drin.
    »Viel Geld«, brummte Maigret.
    Ein langes Klappmesser mit rasiermesserscharfer Klinge war auch da.
    »Glaubst du nicht, Moers, dass der kleine Albert ohne weiteres mit diesem Messer hätte getötet werden können?«
    »Möglich,

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