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Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Er hat eine junge Belgierin aus sehr guter Familie entführt.«
    »Ich weiß.«
    »Ach so. Als er nach Paris gekommen ist, hat er in einer kleinen Kunsthandlung in der Rue de Seine seine Bilder ausgestellt. Als aber am letzten Tag der Ausstellung noch nicht ein Bild verkauft war, hat er sie alle verbrannt. Manche sagen, an Bord seines Schiffes hätten sich wahre Orgien abgespielt. Er hat mehrere erotische Werke illustriert, die man unter der Hand verkauft. Davon vor allem hat er gelebt. So, das wär’s, Chef. Ich warte jetzt auf den Anruf aus Ostende. Geht alles bei Ihnen gut weiter?«
    Durch die Scheibe zeigte Mr. Pyke Maigret seine Uhr, und da es schon fünf war, machte er sich auf den Weg zu der Villa des Majors.
    Der Kommissar war darüber ganz erleichtert. Er kam sich plötzlich vor wie jemand, der auf Urlaub ist.
    »Hast du Janvier meine Glückwünsche übermittelt? Ruf meine Frau an, sie soll mal seine Frau besuchen und ihr etwas mitbringen, Blumen oder sonst etwas, aber keinen silbernen Becher!«
    Er war jetzt mit Aglaja allein, allerdings durch die Gitterwand getrennt. Sie schien alles äußerst belustigend zu finden und gestand ohne die geringste Verlegenheit:
    »Ich würde gern mal eins von den Büchern sehen. Glauben Sie, daß er welche davon an Bord hat?«
    Dann ohne Übergang:
    »Merkwürdig, Ihr Beruf ist viel leichter, als man denkt. Die Auskünfte kommen von allen Seiten. Sie glauben, daß es einer von den beiden ist?«
    Auf ihrem Schreibtisch stand ein großer Mimosenstrauß. Daneben lag eine Tüte mit Bonbons, die sie dem Kommissar reichte.
    »Es passiert hier so selten etwas! Ich habe übrigens ganz vergessen, Ihnen zu sagen, daß Monsieur Philippe viel schreibt. Natürlich lese ich seine Briefe nicht. Er wirft sie in den Kasten, und ich erkenne sie an der Schrift und Tinte. Er schreibt nämlich immer mit grüner Tinte, ich weiß nicht warum.«
    »An wen schreibt er?«
    »Die Namen sind mir entfallen, aber die Briefe gehen fast alle nach Paris. Hin und wieder schreibt er auch an seine Mutter. Aber die Briefe nach Paris sind viel dicker.«
    »Bekommt er auch viel Post?«
    »Eine ganze Menge Briefe und Zeitschriften und Zeitungen. Es sind jeden Tag irgendwelche Drucksachen für ihn dabei.«
    »Und Mrs. Wilcox?«
    »Sie schreibt auch viel, nach England, nach Capri, nach Ägypten, und bekommt auch von dort viel Post. An Ägypten erinnere ich mich vor allem deshalb, weil ich mir erlaubt habe, sie um die Marken für meinen Neffen zu bitten.«
    »Telefoniert sie?«
    »Zwei- oder dreimal hat sie hier in der Zelle telefoniert, und jedesmal hat sie mit London gesprochen. Leider verstehe ich kein Englisch.«
    Gleich darauf sagte sie:
    »Ich muß jetzt schließen. Ich hätte es eigentlich schon um fünf Uhr gemußt. Aber wenn Sie noch bleiben wollen, um auf Ihr Gespräch zu warten …«
    »Was für ein Gespräch?«
    »Hat Monsieur Lucas Ihnen nicht gesagt, daß er Sie wegen Ostende noch einmal anrufen würde?«
    Sie war wahrscheinlich ungefährlich. Dennoch hielt es Maigret für richtiger, schon der Leute wegen, nicht zu lange mit ihr allein hier zu sein. Sie war die Neugier in Person. So fragte sie ihn zum Beispiel:
    »Rufen Sie Ihre Frau nicht an?«
    Er sagte ihr, er sei auf dem Platz in der Nähe der ›Arche‹, falls man ihn anriefe, und schlenderte dann gemächlich, ruhig seine Pfeife rauchend, zu dem Boule-Spiel hinunter. Er konnte sich jetzt getrost ein bißchen gehenlassen, weil kein Mr. Pyke da war, der ihn beobachtete. Am liebsten hätte er auch Boule gespielt, und er erkundigte sich sogar ein paarmal nach den Spielregeln.
    Zu seinem größten Erstaunen stellte er fest, daß der Zahnarzt, den alle vertraulich Léon nannten, geradezu ein Meisterspieler war. Auf zwanzig Meter traf er mit seiner Kugel die Kugel des Gegners mit solchem Schwung, daß sie weit wegrollte, und jedesmal machte er dann eine Miene, als sei dies das Natürlichste von der Welt.
    Der Kommissar ging in die ›Arche‹, um ein Glas Weißwein zu trinken, und fand dort Chariot mit dem Spielautomaten beschäftigt, während seine Begleiterin auf der Bank saß und sich in eine Filmzeitschrift versenkt hatte.
    »Wo ist denn Ihr Freund?« fragte Paul verwundert.
    Für Mr. Pyke schien der Aufenthalt hier auch wie Ferien zu sein. Er war bei einem anderen Engländer, konnte seine Sprache sprechen, konnte Ausdrücke gebrauchen, deren besondere Bedeutung nur zwei Männer verstanden, die dasselbe College besucht hatten.
    Immer wenn viele

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