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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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heraufbringen.«
    Janvier stieg in einen der kleinen schwarzen Wagen der Kriminalpolizei, den er in einer gewissen Entfernung von der Kneipe halten ließ. Es war ein enges, schlauch artiges Lokal, dessen Scheiben so beschlagen waren, daß man nicht ins Innere sehen konnte. Er stieß die Tür auf und erblickte Janin, der vor einem Glas Vermouth-Cassis stand und auf ihn wartete. Außer ihm waren nur noch vier Gäste da. Der Steinfußboden war mit Sägespänen bedeckt; die Wände waren schmutziggelb; die Telefonzelle befand sich neben der Toilette.
    »Weg?«
    Janin nickte und gab ihm die Hand. Der Wirt, der den Polizisten vermutlich kannte, fragte Janvier mit leicht ironischer Stimme:
    »Was trinken Sie?«
    »Ein Bier.«
    Auch die Gäste beobachteten die beiden. Janin hatte vermutlich schon seine Fragen gestellt.
    »Wir können ruhig sprechen«, sagte er halblaut. »Er ist um dreiviertel elf hier gewesen, wie jeden Tag.«
    »Kennt der Wirt seinen Namen?«
    »Er weiß nur, daß er Pierrot heißt, Musiker ist und irgendwo in der Nähe wohnt. Jeden Morgen um drei Viertel elf trinkt er hier seinen Kaffee. Um elf wird er fast immer angerufen. Heute morgen aber blieb der Anruf aus. Er hat eine halbe Stunde gewartet und ist dann in die Telefonzelle gegangen. Als er wieder herauskam, sah er besorgt aus. Er ist noch einen Augenblick an der Theke stehengeblieben, dann hat er gezahlt und ist gegangen.«
    »Weiß jemand, wo er zu Mittag ißt?«
    »Der Wirt behauptet, es nicht zu wissen. Brauchst du mich noch?«
    »Ich weiß es nicht. Gehen wir.«
    Draußen warf Janvier einen Blick in die Rue Riquet. Es war ein kurzes Gäßchen; man sah die Schilder von zwei Hotels, die vermutlich Absteigquartiere waren.
    Wenn Pierrot jeden Morgen seinen Kaffee in der kleinen Kneipe trank, wohnte er wahrscheinlich ganz in der Nähe.
    »Wollen wir einmal nachsehen?«
    Das erste der beiden Hotels nannte sich Hôtel du Var. Im Hausflur rechts war das Büro; eine alte Frau saß darin.
    »Ist Pierrot zu Hause?«
    Janin, den sie zweifellos kannte, zeigte sich vorläufig nicht. Und Janvier war unter allen seinen Kollegen von der Kriminalpolizei wohl derjenige, dem man den Polizisten am wenigsten anmerkte.
    »Er ist schon über eine Stunde weg.«
    »Sind Sie sicher, daß er inzwischen nicht zurückgekommen ist?«
    »Ganz sicher. Ich habe das Büro nicht verlassen. Übrigens hängt sein Schlüssel am Brett.«
    Sie hatte jetzt Janin erblickt, der nähergetreten war.
    »Ach, so ist das! Was wollen Sie denn von dem Jungen?«
    »Geben Sie mir bitte das Meldebuch. Wie lange wohnt er schon bei Ihnen?«
    »Über ein Jahr. Er zahlt monatlich.«
    Sie holte das Buch und blätterte darin.
    »Hier, da steht’s. Sie wissen ja, daß wir uns an die Vorschriften halten.«
    Pierrot hieß in Wirklichkeit Pierre Eyraud, war neunundzwanzig Jahre alt und in Paris geboren.
    »Um welche Zeit kommt er gewöhnlich zurück?«
    »Manchmal schon am frühen Nachmittag, manchmal auch nicht.«
    »Bekommt er manchmal Damenbesuch?«
    »Wie alle, nehme ich an.«
    »Ist es immer dieselbe?«
    Sie zögerte nicht lange, denn sie wußte, daß, wenn sie jetzt nicht klein beigab, Janvier hundertmal Gelegenheit haben würde, sie bei einer Unregelmäßigkeit zu ertappen.
    »Sie kennen sie wahrscheinlich, Monsieur Janin. Sie hat sich lange genug hier in der Gegend herumgetrieben. Sie heißt Lulu.«
    »Lulu? Und wie noch?«
    »Keine Ahnung. Ich habe sie immer nur Lulu genannt. Ein hübsches Mädchen, und sie hat Glück gehabt. Sie hat jetzt Pelzmäntel und alles Mögliche und kommt immer im Taxi dahergefahren.«
    Janvier fragte:
    »Haben Sie sie gestern gesehen?«
    »Nein, gestern nicht, aber vorgestern. Vorgestern war doch Sonntag? Sie ist kurz nach zwölf mit verschiedenen Päckchen gekommen, und sie haben im Zimmer gegessen. Dann habe ich sie Arm in Arm fortgehen sehen; ich nehme an, sie sind ins Kino gegangen.«
    »Geben Sie mir den Schlüssel.«
    Sie zuckte die Achseln. Es war sinnlos, Widerstand leisten zu wollen.
    »Machen Sie es so unauffällig wie möglich. Wenn er merkt, daß sein Zimmer durchsucht worden ist, gibt er mir die Schuld.«
    Janin blieb vorsichtshalber unten, weil er unter anderem verhindern wollte, daß die Alte Pierre Eyraud anrief, um ihn zu warnen.
    Im ersten Stock, wo die Zimmer stunden- oder viertelstundenweise vermietet wurden, standen sämtliche Türen offen. Weiter oben, wo die Wochen- oder Monatsmieter wohnten, hörte man Geräusche hinter den Türen; es schien

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